Kapitel 6: Zeit allein

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Nuka stürmte in Zira's Höhle. Er murmelte etwas wütend. Alle Löwinnen in der Nähe dachten, es ginge wieder um Vitani. Sie alle rollten mit den Augen, kümmerten sich aber um ihre eigenen Angelegenheiten.

Nuka saß auf der anderen Seite von Zira's Höhle und funkelte sie und die schlafende Vitani neben ihr an. Zira hob bei seinem Anblick den Kopf.

"Nuka!" Sie schrie ihn an, egal ob sie Vitani weckte oder nicht.

Nuka richtete sich auf. Zira fuhr jeden an, egal wer es war. Sie war extrem aufbrausend. Und alle wussten es besser, als ihr auf die Nerven zu gehen.

"J-ja, Mutter?" Seine Antwort war fast piepsig.

"Komm her und pass für mich auf Vitani auf! Oder nicht, ist mir egal. Ich gehe spazieren."

Nuka verdrehte die Augen bei dem Gedanken, auf Vitani aufzupassen. Er wünschte, Zira würde sie einfach loswerden. Das Rudel brauchte keine weitere Löwin, das wusste Nuka.

Trotz seiner Gedanken nickte er mit dem Kopf, bewegte sich aber nicht. Zira ignorierte das und verließ die Höhle, ohne sich noch einmal zu Vitani umzudrehen.

Zira ignorierte die unbehaglichen Blicke des Rudels draußen und ging weiter. Sie beschloss, dass ein schöner Spaziergang nahe der Grenze des Schattenlandes und des Geweihten Landes etwas gut tun würde. Sie musste nur weg von Vitani.

Sie ging viele Minuten an der Grenze entlang, bevor sie eine Pause einlegte und sich neben einen beliebten Ruhebaum setzte. Gedanken von Vitani füllten ihren Kopf. Sie zu töten war so verlockend. Sie war klein. Sie konnte leicht zwischen Zira's Kiefer zerquetscht werden.

So sehr Zira Vitani's elendes Leben beenden wollte, ihre mütterliche Seite machte es schwierig. Sicher, sie war kaltherzig. Aber sie hatte auch eine Schwäche für ihre Kinder.

Zira bemerkte das und konnte sich nicht darüber ärgern. Es war einfach ein Teil von ihr. Sie hob ihren Oberkörper auf den Baum und streckte sich. Ihre offenen Krallen schnitten in den Baum und ließen überall Rinde zerfetzen.

Sie lächelte über das Knacken in ihrem angespannten Rücken. Hier war es friedlich. Ohne Vitani oder Nuka, oder neugierige Rudelmitglieder, die das Schweigen brechen. Die Zeit kam ihr in diesem Moment so langsam vor. Nichts anderes war von Bedeutung als die beruhigende Stille, die in der Luft lag.

Nicht einmal Vögel waren am Himmel zu sehen. Alles schien still zu sein. Friedlich. Still. Zira fühlte, dass nichts diesen Moment für sie ruinieren konnte.

Außer der Einbruch der Nacht.

Zira bemerkte die lila und orangefarbenen Farben am Himmel. Ihr Herz fühlte sich ausnahmsweise leicht an, als sie das Geweihte Land mit dem Schattenland verglich.

Das Schattenland war eher braun als grün. Tote Bäume ragten in den Himmel und Erde bedeckte den Boden. Wasser und Nahrung waren knapp. Zira fragte sich, wie sie in diesem Ödland wohl überleben konnten.

Das Geweihte Land war das genaue Gegenteil. Grüne Gräser bedeckten den Boden. Überall fand man Wasser. Die Bäume waren gesund und voller üppiger Blätter. Alle Tiere bevorzugten offensichtlich das Geweihte Land gegenüber dem Schattenland.

Zira sah mit gerunzelter Stirn auf das wunderschöne Königreich. Sie wusste, dass sie gereizt zu ihrem Rudel zurückkehren würde. Sie machte sich auf den Rückweg und wurde mit jedem Schritt wütender.

Als sie die Höhle betrat, fand sie Nuka schlafend vor. Er hatte sich nicht bewegt. Vitani weinte und wurde von einem Rudelmitglied festgehalten. Zira wurde noch wütender als sie die Szene vor ihr sah. Sie stürmte auf die Löwin zu, die Vitani festhielt und schlug sie zu Boden.

"Halt dich von meiner Tochter fern!" Zira's rote Augen glühten vor Wut.

"Ich habe nur versucht-"

"Ich kann mich selbst um sie kümmern!"

Die Löwin stand auf und rannte aus der Höhle. Zira bemerkte, dass Nuka immer noch schlief. Vitani weinte noch mehr, bis Zira sich neben sie legte. Sie fing sofort an zu trinken. Zira verdrehte die Augen und seufzte nach diesem langen Tag.

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