Kapitel 10 *give her chocolate*

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Unsere Blicke trafen sich und sofort schluckte ich einmal leer. Dieser Blick von ihm war prüfend, unglaubwürdig und mit Millionen von Fragezeichen versehen. Ganz zögerlich legte er ein zurückhaltendes Lächeln auf seine Lippen und sagte dabei sichtlich verwirrt: "What the..."

Wie schnell kann ein Herz eigentlich schlagen, ehe es aus der Brust springt? Das waren gerade meine lautesten Gedanken und diese waren momentan durchaus berechtigt. Mir wurde heiß und kalt zugleich und während ich einmal leer schluckte, überkam mich noch ein anderes Gefühl in meiner Magengegend. Hier tummelten sich eben jede Menge Schmetterlinge und wussten ganz offensichtlich nicht wohin. Mein Blick fiel kurz auf seine Begleitung, die ebenso fragend uns musterte und dabei fiel es mir wie Schuppen von den Augen! Dieser Mann rannte mich vor ein paar Stunden noch über den Haufen. Mikko. Ich hätte ihn eigentlich sofort erkennen müssen, aber wer denkt denn bitte an ausgerechnet so etwas?! Gleich darauf zuckte ich kurz erschrocken zusammen, als ich Oli's stützende Hände auf meinen Schultern spürte. Flüsternd fragte er: "Alles ok?"

Ich nickte kurz und sagte dann mit zittriger Stimme zu Samu: "Hey Samu"

Nach meinen Worten, wurde sein Blick kurz etwas vorwurfsvoll, ehe er langsam und träge zu nicken begann, während er ziemlich leise und zurückhaltend auf Deutsch feststellte: "Aus den anfänglichen sieben Monaten sind also sieben Jahre geworden?!" mit diesen Worten, knallte dem Manager die Gitarre zu Boden und damit war nun ganz offiziell für alle hier Anwesenden, außer Oli, ganz klar gewesen, wer hier wer war. Nun wurde mir richtig übel hier, denn es gehörte definitiv nicht zu meinem Plan, diesen Finnen hier jemals wiederzusehen.

Noch immer wartete er hoffnungsvoll auf eine Antwort von mir, während Oli sich hinter mir räusperte: "Ahm..." dabei streckte er seinen Arm an mir vorbei, hielt seine Hand Samu entgegen und sagte dabei: "ehe es hier noch ungemütlicher wird... Ich bin Oliver! Lisa's Kollege. Freut mich dich kennenzulernen Samu"

Samu girff lächelnd nach seiner Hand und sagte dabei: "Hallo Oliver... freut mich ebenso!" mein Blick lag auf seinen Händen und diesmal, schlug mein Herz so langsam, das ich Angst hatte, es könnte jeden Moment stehen bleiben. Es hat sich NICHTS verändert. Dieses Kribbeln von vorhin aus der Magengegend schien sich gerade noch etwas tiefer zu verlegen. Diese Stimme. Dieses Gesicht. Diese Wangenknochen. Diese Hände... wie in einen Schnellzug, sah ich uns plötzlich am Küchentresen. Ich fühlte wie meine Hände durch seine Haare glitten und sich meine Beine um seine Hüfte schlangen und kurz darauf spürte ich seinen Stoß, sodass es mich hier kurz durchschüttelte. "Was war euer ursprünglicher Plan für den restlichen Tag?" hörte ich Samu fragen.

Ich schloss die Augen und drückte mit Daumen und Mittelfinger mein Nasenbein um mich auf das wesentliche zu konzentrieren. Das muss aufhören. Verächtlich schnaufte ich dabei einmal drüber und hörte dabei Oli hinter mir labern: "Wir wollten uns eigentlich gerade betrinken..."

"Oli" unterbrach ich ihn total entsetzt und stoß ihn dabei meinen Ellebogen in seinen Bauch hinter mir. War der voll am überschnappen? Der spinnt wohl?! Samu zog seine Augenbrauen kurz sichtlich belustigt nach oben und blickte dann anschließend erneut zu Oliver. Dabei sprach er ihn persönlich an: "Ich habe eine Stunde, bis zu meinem nächsten Termin... darf ich dir Lisa in dieser Zeit eventuell entführen?"

Oli setzte schon zu einem: "Natür..." an, als ich ihn relativ zügig unterbrach: "Nein! Nein das geht nicht. Nimm ihn bitte nicht ernst. Wir wollten uns nicht wirklich betrinken. Wir haben gleich noch einen wichtigen Termin. Also... war schön das wir uns nach so langer Zeit mal wiedergesehen haben..." Ich konnte Oli hinter mir nicht sehen, aber ich wusste genau, was er gerade für ein Gesicht bei meinen Worten gezogen haben muss. Noch offensichtlicher um was es hier wirklich geht... ging es ja kaum mehr. Das alles hier ist doch gerade ein einzig schlechter Witz. Ehrlich. Es hat absolut keinen Wert mich mit ihm jetzt eine Stunde lang zu unterhalten. Über was denn bitte? Es sind sieben Jahre vergangen. Ich war jung und nicht ich selbst. Er war ein One Night Stand... nicht mehr und nicht weniger. Ich fühlte mich ja so oder so schon so beschissen in meiner momentanen Lebenssituationen, das allerletzte was ich jetzt NOCH zusätzlich gebrauchen kann, ist ein Kerl der mich mit seiner bloßen Anwesenheit daran erinnert, wie leicht das Leben früher war und welche Träume und Wünsche ich für meine Zukunft hatte, die nicht einmal annähernd in Erfüllung gingen, während er das komplette Gegenteil erreicht hat!

Unsere Blicke trafen sich erneut und er sagte: "Dir ist klar das ich dich jetzt auf keinen Fall einfach so gehen lassen kann oder?"

Davon abgesehen, das ich es unglaublich fand, wie gut er bereits deutsch sprach, versuchte ich mich jetzt irgendwie aus der Affäre zu ziehen, immerhin war ich keine 22 mehr. Ich stehe kurz vor meinem 30 Geburtstag und bin Mutter! Genauso sollte ich mich auch verhalten: "Samu ich..." 

Zügig unterbrach er mich erneut: "Eine Stunde Lisa... ich habe nur eine Stunde, es wird nicht mehr werden und wir beide wissen, das du mir das im Grunde schuldig bist..."

"Wie bitte?? Was sollte ich dir denn schuldig sein?" fauchte ich ihn erbost an und drehte mich dabei gleich hilfesuchend zu Oli. Dabei sagte ich zu ihm: "Können wir jetzt endlich gehen? Bitte!"

Dabei spürte ich Samu's Hand auf meinem Oberarm. Seine Berührung bröckelte durch meinen gesamten Körper und ich drehte mich wieder langsam wie benommen in seine Richtung zurück. Unsere Blicke trafen sich kurz wortlos, ehe er erneut sagte: "Eine einzige Stunde..."

Noch ehe das hier auf der Stelle ausarten konnte, unterbrach uns Oliver etwas genervt und sagte: "Ok... das reicht jetzt. Das kann sich doch echt keiner anhören. Ganz offensichtlich habt ihr beiden dringend etwas zu klären. Wir treffen uns in einer Stunde bei Joe! Bis dann..." damit ließ er meine Schultern hinter mir los, gab mir einen Kuss auf meine Wange, drehte sich zu Samu und sprach weiter: "Wenn sie so wütend wie gerade eben ist... hilft eigentlich nur Schokolade..." er zwinkerte ihm kurz zu und während die beiden sich lächelnd die Hände schüttelten, sprach Oli zügig weiter: "Mach's gut und viel Glück, davon wirst du viel brauchen Alter..." gleich darauf verschwand er ziemlich zügig aus diesem Radiosender, ohne sich noch einmal umzudrehen. Am liebsten hätte ich ihm jetzt hinterher gerufen: Du elendiger Scheißkerl! Mieser mieser Verräter... lies es aber natürlich bleiben. WAS für ein Arsch!

Ich hielt mich dezent zurück und sagte stattdessen zu Samu: "Ich bin nicht sauer und das mit der Schokolade stimmt überhaupt gar nicht..."

Er lächelte mich kurz zufrieden an und sagte dabei: "Hast du einen Geheimtipp wo wir uns unterhalten können?" Geheimtipp?! Pfffff! Das war mir doch egal! Ich war hier gerade mit einer Antwort für die elementarste Frage überhaupt beschäftigt: WAS mache ich hier? Das war doch scheiße. Ich will das alles nicht und wäre jetzt am liebsten direkt im Erdboden versunken um dieser super unangenehmen und äußerst peinlichen Situation auszuweichen. Dabei hörte ich ihn auch schon weiter sprechen: "Gut... dann such ich uns eben etwas aus." mit den Worten im Mund, wollte er gerade nach meiner Hand greifen. So schnell das ich es kaum selbst begriff, steckte ich sie in meine Jackentaschen und trat einen großen Schritt zurück, um wenigstens ein bisschen seiner äußerst verstörenden Aura zu entkommen. Sofort konnte ich ein wenig klarer denken und stellte mich somit ganz einfach meinem elendigen Schicksal: "Folgen sie mir unauffällig Herr Haber... sofern das überhaupt möglich ist."

Grinsend zog er eine Wollmütze aus seiner Jackentasche, setzte sie auf und antwortete belustigt: "I'm ready... lets go"

Stillschweigend liefen wir nebeneinander ein Stück die Straße entlang. Es passte mir überhaupt nicht und nervte mich tatsächlich mit jedem Schritt zunehmend mehr. Vielleicht weil ich insgeheim genau wusste, WAS nun auf mich zukommen würde und das noch größere Übel war wohl die unweigerliche Tatsache, das ich nach meiner vorigen Reaktion auf ihn, verdammt genau wusste, das womöglich nicht viel nötig wäre um erneut schwach zu werden. Noch immer, auch nach all den Jahren, strahlt er dieses etwas aus. Dieses Etwas, das für mich mehr als nur gefährlich werden könnte.

Forever yours / Samu Haber FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt