Kapitel 44

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"Guten Tag." Grüße ich zurück.
Mein Hals fühlt sich nun etwas besser an.

"Wie geht es Ihnen?" Fragt einer der Polizisten.
"Den Umständen entsprechend ganz gut."
Verstehend nicken beide.

"Uns wurde gesagt, dass Sie sich erinnern können?"
Diesmal nicke ich.
"Würde es Ihnen was ausmachen, wenn wir dieses Gespräch aufzeichnen und später auswerten?"
"Überhaupt nicht."
"Vielen Dank."
Die linke Polizistin holt ein Aufnahmegerät raus und drückt den Knopf zum Aufnehmen.
"Hiermit beginnen wir, die Zeugenaussage von Saphira Ilona Greendale aufzunehmen...."

Und so begann meine qual.
Bei dieser Aussage kamen einige meiner schlimmsten Erinnerung hoch.
Ich habe ihnen nicht nur von den Machenschaften meiner Eltern erzählt, sondern auch von Marcel.

Da ich nicht genau sagen kann, wie viel Zeit vergangen ist, schätze ich Mal, dass eine bis zwei Stunden vergangen sein muss.
In dieser Zeit fühlte ich mich, als ob ich wieder dieses kleine schwache Mädchen bin, welches gerettet werden muss.
Glücklicherweise konnte ich mich während der gesamten Zeit zusammenreißen.

Die Ärzte wollten das Verhör aufgrund meines erhöhten Pulses unterbrechen, aber jedes Mal habe ich gesagt, dass ich es endlich hinter mir haben will.
Nur wiederwillig ließen die Ärzte dies zu.
Mit einem 'Danke' verließen die Polizisten mein Zimmer. Nach einer kurzen Untersuchung, bei der die Ärzte zufrieden waren, sind auch diese verschwunden, mit den Worten, dass die Besuchszeiten schon sein einer halben Stunde vorbei seien.
Erst da fiel mir auf, wie spät es eigentlich ist.

Kommen wir wieder zu dem hier und jetzt zurück. Gerade wurde mir eine Uhr ans Bett gestellt, die mir die Uhrzeit verrät.
Tatsächlich haben wir schon 20:30 Uhr.

Nun, da ich endlich alleine bin, kann ich meinen Gedanken freien Lauf lassen und denke an meine Besucher.
Ich bin echt froh, dass es meinen Freunden gut geht.
Abgesehen von dunklen Augenringen schien es ihnen gut zu gehen.

Da fällt mir ein..... Mir wurde überhaupt nicht gesagt, wie ich überhaupt ins Krankenhaus kam. Niemand hat mir verraten, was genau passiert ist, nachdem ich von dem hohen Blutverlust ohnmächtig geworden bin.
Obwohl..... Will ich es wirklich wissen?
Mir wurde ja noch nicht Mal gesagt, was genau mir fehlt.

Und wie aufs Stichwort tritt Doktor Nomand nach einem kurzen klopfen in mein Zimmer ein.
"Nun, da Sie sich etwas entspannt zu haben scheinen, können wir  zum Bericht über Ihre Verletzungen übergehen." Fängt Doktor Nomand an, während er sich auf einen Stuhl setzt, der direkt neben meinem Bett steht.

"Fangen wir mit den leichten Dingen an. Die meisten Schnittwunden sind gut verheilt und werden höchstens ein oder zwei dauerhafte Narben hinterlassen. Die anderen werden mit der Zeit von selbst verschwinden."
So ungefähr habe ich das auch vermutet. Schnittwunden verheilen je nach Länge und tiefe unterschiedlich schnell. Wenn das die einzigste Wunden wären, wäre meine momentane Situation nicht so schlimm.
"Kommen wir zu den schlimmeren Verletzungen. Ich weiß nicht, ob es Ihnen schon aufgefallen ist Frau Greendale, aber Ihr linkes Bein hat aufgrund einer Kugel sehr gelitten und braucht mehrere Monate an Physiotherapien, bevor Sie wieder auf eigenen Beinen stehen können. Und da Ihr rechtes Bein, genau wie Ihr linkes, aufgrund der Inaktivität leicht an Muskelmasse verloren hat, müssen Sie für kurze Zeit im Rollstuhl sitzen."
OK.... Damit habe ich jetzt überhaupt nicht gerechnet.

Das muss ich erst Mal verarbeiten.
Punkt eins, die meisten Schnittwunden könnten ohne sichtbare Schäden zu hinterlassen verschwinden.
Punkt zwei, ich wurde so wie es aussieht, angeschossen. Von wem auch immer.
Punkt drei, ich muss im Rollstuhl sitzen?!?!

"Leider geht es noch weiter. Dies werden wohl sehr unschöne Nachrichten für Sie sein. Aufgrund des hohen Blutverlustes, mehrerer Prellungen im Bauch- und Unterleibbereich und dem ganzen Stress hatten Sie eine Fehlgeburt. Mit anderen Worten, der Fötus hat es nicht geschafft." Redet der Arzt weiter und schaut mich dabei unterbrochen an.

In diesem Augenblick ist mir klar geworden, dass ich tatsächlich schwanger bin. Oder besser gesagt, war.

Genau jetzt wünsche ich mir, jemanden an meiner Seite zu haben, der mich in solchen  Situationen tröstet.
Für einen kurzen Augenblick denke ich an Cole und Jayden. Ob man Cole überhaupt gesagt hat, was mir mir passiert ist? Weiß er, dass ich sein Kind verloren habe?
Aber so schnell wie diese Gedanken gekommen sind, haben sie sich wieder verflüchtigt.
Er wies wohl nach all dem froh sein, dass ich ihm mein Kind anhängen werde.
Wie schon gesagt, diese Gedanken spielen sich nur kurz vor meinem inneren Auge ab, bevor ich wieder ins hier und jetzt zurückkehre.
"...Dale....?"
"Frau Greendale?" Werde ich aus meinen in Selbstmitleid ertrinkenden Gedanken geholt.
"Ja?" Frage ich ihn und bemerke, dass er mich besorgt anschaut.
"Sie brauchen sich jedoch keine Sorgen zu machen. Der Fötus war Recht schwach und hatte sich noch nicht richtig entwickelt."

Nein...... Ich will es immer noch nicht wahr haben... Das alles ist nur meine Schuld... immer versaue ich alles. Wegen mir geht es den Menschen um mich herum schlecht...
Wenn ich doch nur nicht wäre...

Alles um mich herum wird eintönig. Es ist, als ob ich einen schlechten schwarz-weiß Film sehen würde. Jetzt sehe ich auch, wie Ärzte hinein gestürmt kommen und umher laufen.
Mehr bekomme ich jedoch nicht mit, denn kurze Zeit später bin ich warum auch immer eingeschlafen.

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Als ich das nächste Mal aufwache, ist es gerade dabei, hell zu werden. Da es noch Winter ist, müsste es so 8/halb neun sein.
Mein Schlaf war zwar traumlos, aber die gestrigen Ereignisse spielen sich wieder vor meinem inneren Auge ab.

Ein bisschen denke ich noch über das nach, was ich alles fabriziert habe..... Und komme zu dem Entschluss, dass es für alle Beteiligten besser wäre, wenn ich nicht mehr in ihrem Leben bin...
"Frau Greendale?"
Höre ich eine weibliche Stimme.
Sofort schaue ich auf und sehe eine Pflegerin vor mir.
"Guten Morgen, der Herr Doktor wird gleich hier sein." Lächelt sie freundlich.

Wie aufs Stichwort taucht auch schon ein Arzt auf. Jedoch nicht Doktor Nomand.
"Guten Morgen Frau Greendale, mein Name ist Doktor Schmidt und ich bin morgens für Sie zuständig."
Statt verbal zu antworten, nicke ich nur mit dem Kopf.

"Sie scheinen wohl noch etwas müde zu sein. Kein Wunder bei dem, was gestern Abend passiert ist."

Was gestern Abend passiert ist? Was ist denn gestern Abend passiert?
Man muss mir wohl am Gesicht abgelesen haben, dass ich keine Ahnung habe, vowon hier die Rede ist, denn Doktor Schmidt erläutert es sogleich.
"Durch die Nachricht über den Verlust haben Sie eine Panikattacke bekommen und schrien sehr laut, bis man ihnen ein Beruhigungsmittel gespritzt hat."

Ich habe geschrien? Daran kann ich mich gar nicht erinnern. Genau so wenig, dass mir ein Beruhigungsmittel gespritzt wurde.
"Wie wär's, wenn wir Ihnen etwas zu essen bringen? Es ist zwar nach der offiziellen Frühstückszeit, aber ich bin mir sicher, wir können eine Ausnahme machen." Lächelt Doktor Schmidt mich an.

Als Antwort nicke ich nur. Hunger habe ich zwar keinen, aber jetzt gerade würde ich alles tun, um wenigstens einen Moment allein zu sein.

Kaum sind Arzt und Pflegerin weg, klopft es an meiner Tür.
Ein krächzendes 'herein' kommt aus meiner Kehle und wenig später steht eine der Personen, die ich am liebsten nie wieder sehen will, vor mir.

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Ein Tag zu spät, aber ich hoffe, ihr seht mir das nach. ;)

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