Kapitel 42

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"Kann mir wenigstens jemand sagen, wie spät es ist?"
Stelle ich meine Frage nach einer gefühlten Ewigkeit.
"Zeit für ein kleines Spiel." Schallt die hässliche Stimme meines Erzeugers aus den Lautsprechern.
Meinen Plan, nicht zu antworten, werfe ich hin. So wird das nämlich nichts.
"Ha ha... Dümmer geht die Antwort nicht oder? Ich bin so froh deine Dummheit nicht vererbt bekommen zu haben." Seufze ich.
"Und jetzt sag, wie viel Uhr ist es? Du kannst sicher nicht so dumm sein, nicht Mal die Uhr lesen zu können, oder?"
Ich weiß, ich sollte ihn nicht noch wütender machen. Aber er hält mir regelrecht den 'Treibstoff' dazu genau vor die Nase. Da muss doch einfach was von kommentiert werden.

Statt einer Antwort höre ich das laute Aufschlagen einer Tür hinter mir.
Da ich mich aber nicht wirklich bewegen kann, weiß ich nicht, wer hinter mir steht.

Das Glas spiegelt zwar alles, aber wenn die Person selbst komplett verhüllt ist, ist es ja nur logisch, nicht erkennen zu können, wer das ist.
Alles, was ich in dem Moment sagen bzw. sehen kann, ist dass sich die Person mir nähert.
In dem Moment, in dem ich blinzle, spüre ich auf einmal einen beißenden Schmerz in meinem rechten Oberarm. Sofort nachdem ich einen kurzen, wenn auch leisen, schmerzerfüllten laut von mir gebe, beiße ich mir auf die Unterlippe.
Als ob ich ihm die Genugtuung meines schmerzverzerrten Schreies einfach so gebe.

"Du wirst schon noch zerbrechen. Es ist alles eine Frage der Zeit." Höre ich eine verstellte Stimme hinter mir sagen.
Gut.... Sie hört sich recht maskulin an. Könnte also ein Mann sein. Oder eine Frau mit sehr maskuliner Stimme. Also immer noch am Anfang.

"Und wenn dieser Zeitpunkt eintritt, wirst du dir wünschen einen kurzen Tod zu erleiden." Gefolgt von einer hässlichen und zugleich böse klingenden Lache.
"Immerhin muss ich meinen Körper nicht vor lauter Hässlichkeit in schwarz Hüllen, damit mich niemand erkennen kann." Lache wiederum ich, während das Lachen der anderen Person stirbt.
Nur mit Mühe kann ich den Schmerz aus meiner Stimme filtern.

Vielleicht hätte ich das nicht sagen sollen, denn gleich darauf spüre ich an zwei anderen Stellen denselben Schmerz wie zu Anfang.
Während ich Versuche, meine neu schmerzenden Körperteile zu begutachten, tritt die in schwarz gehüllte Person vor mich.
Sobald ich mich vergewissert habe, dass meine neuen Wunden nicht tief genug sind, um mich ausbluten zu lassen oder an kritischen Stellen sind, schaue ich zur Person vor mir auf.
"Lange nicht gesehen." Dabei nimmt die Person vor mir ihre Kapuze ab und ich kann endlich ihr Gesicht sehen.

Vor Schreck weiten sich meine Augen. Obwohl.... Warum bin ich überhaupt überrascht? Ich konnte es mir irgendwie schon denken.
"So? Missed me?" Grinst Marcel mich an.
"Oha. Seit wann kannst du einen Funken Englisch sprechen?" Grinse ich stattdessen. Sarkasmus ist immer noch die beste Möglichkeit, abzulenken.
"Halt die Fresse!" Schreit er schon fast und gibt mir eine Ohrfeige.
"Als ob ein Fl****** wie du irgendwas zu melden hat."
"Genau so ordinär wie eh und je."
Und noch eine Ohrfeige. Diesmal die andere Seite.
Sowas hält mich auf jeden Fall nicht vom sprechen ab.
"Marcel Scott Bennekin... Kleiner Drogendealer... Gewalttätig.... Hat ständig Schulden bei irgendwelchen kriminellen Organisationen gemacht und durch ausrauben von Wohnungen eben jene zurück gezahlt."
Mit jedem dritten Wort bekomme ich eine weitere Ohrfeige.

Und mit jeder Ohrfeige hoffe ich inständig, dass das Mikro so wie die Kamera, die an mir befestigt wurden, noch da sind und auch funktionieren. Ansonsten hab ich ein noch größeres Problem. Denn in einem der beiden, ich hab vergessen in welchem, befindet sich ein GPS Chip oder wie diese Dinger heißen, der meinen genauen Standort übermittelt. Oh weh... Die Dummheit Marcels verbrennt meine Gehirnzellen. Gar nicht gut. Am Ende werde ich noch so dumm wie er.
"Du hast vergessen zu sagen, dass ich außerdem für deinen Vater arbeite. Sprich, dass ich auch für das entführen und verschleppen junger Frauen zuständig bin." Grinst er.
Vielleicht versucht er, damit böse zu wirklich, aber irgendwie muss ich an einen nassen Hund denken, der bellen, aber nicht beißen kann.
"Tja.... Muss ja nicht direkt deinen ganzen Lebenslauf ausplaudern. Reicht doch, dass jeder zehnte in der Stadt deine hässliche Fratze kennt. Ist ja schon schlimm genug, dass dein Dummer Hintern sich traut, ein weiteres Mal vor mir zu erscheinen." Mit jedem Wort ist es schwerer, meine Schmerzen aus meiner Stimme zu filtern.

"Wir werden so viel Spaß miteinander haben, dass ich vor lauter Freude Luftsprünge machen könnte."
"Wir wissen beide, dass du zu dumm bist, um überhaupt in die Luft springen zu können." Grinse nun ich, was mir zwei weitere Wunden einbringt.
Erst jetzt sehe ich das Messer in seiner Hand.
Ich muss wohl wirklich schwach sein, wenn ich nicht einmal das bemerkt habe.

Warum bin ich eigentlich nur von Idioten umgeben. Vielleicht bin ich ja nun auch einer. Würde mich nicht wundern.
Das ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass ein Idiot mit dem IQ von vielleicht 10 genau vor mir steht und der andere Dummkopf sich hinter einer Scheibe versteckt.
"Hach jaaaa.... Warum bin ich gerade nur von Dummköpfen und Feiglingen, die sich hinter einer Wand aus Glas verstecken, umgeben? Vor allem in meinen letzten Momenten in diesem Leben." Seufze ich laut und deutlich. Hoffe ich zum mindest. Bekomme dann wieder eine Ohrfeige, ein fluchen und eine weitere Schnittwunde.

So als ob ich überhaupt nichts gesagt hätte, redet Marcel weiter darüber, wie viel er Spaß mit mir haben wird, während mir langsam die Augen zu fallen. Durch den Blutverlust scheine ich wohl das Bewusstsein zu verlieren. Nun.... Immerhin werde ich meinen Tod nicht mehr live erleben.
Das ist gut. Hoffentlich geht es den anderen gut und sie konnten erfolgreich das Weite suchen.
Und egal was mit mir geschieht, die Organisation meines Vaters wird untergehen.

Durch diesen ganzen Blutverlust und meiner Wut spreche ich doch so einiges, was ich lieber für mich behalten würde, aus. Na super. Meine letzten Erinnerungen an dieses Leben werden wohl von genau dieser Szene sein, die sich gerade mit mir als Hauptdarstellerin abgespielt hat.

Bevor ich jedoch vollkommen das Bewusstsein verliere, höre ich noch mehrere explosionsartige Geräusche, so wie das Aufschlagen der Türe und lauter stimmen. Gefolgt von mehreren Schüssen und einem großen Schmerz in einem meiner Beine. Welches weiß ich nicht, denn da lässt mich mein Körper im Stich und ich sinke in eine tiefe Dunkelheit.

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Nun.... Hier ist jedenfalls das nächste Kapitel. Ich habe noch die so oft das Wort dumm benutzt.... Aber was soll's.

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