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Silas

Höllischer Kopfschmerz empfing mich, als ich wach wurde. Ich wusste nicht mehr viel von der vergangenen Nacht, doch ich erinnerte mich an den Wein und meine brillante Idee, die ganze Falsche alleine zu trinken.

Mühevoll tastete ich nach meinem Handy. Auf Social Media war alles voll mit Bildern und Videos des Vorabends. Die Gäste schienen den Gedanken hinter einer geheimen Party nicht ganz verstanden zu haben. Am Montag würde sich zeigen, ob sich zumindest der Sinn der Feier erfüllt hatte und wie Dauland darauf reagieren würde. Ein klein wenig freute ich mich darauf, mir mitanzusehen, wie er sich in einen Troll verwandelte, wenn er tobte.

Als ich es schaffte, meine Augen richtig zu öffnen und mehr zu erkennen als bunte Bilder und viel zu kleine, verschwommene Texte darunter, wagte ich auch einen Blick auf meine Chatliste.

Alica hatte mir am Morgen mitgeteilt, dass sie Pfannkuchen gemacht und ein paar davon für mich in der Mikrowelle versteckt hatte, für den Fall, dass Boris alle alleine aufessen wollte.

Mein liebster Cousin hatte mir nachts um drei geschrieben:

'Alter'

‚Ich fass es nicht'

‚Als ob du dich einfach abgeschossen hast'

‚Soll ich jetzt alleine aufräumen oder was?'

‚Dafür bist du mir echt was schuldig'

‚Ich glaube, ich bin auf Kotze ausgerutscht. Ich will sterben'

‚Ich hasse dich. Das ist alles deine Schuld! Hoffentlich geht's dir morgen richtig beschissen'

Das klang so als hätte ich mich vor dem Aufräumen davongestohlen. Nicht gerade die feine Art.

Die letzte unbeantwortete Nachricht war von Tom. Er hatte mir mitten in der Nacht mehrere Bilder geschickt. Ich musste auf seinem Beifahrersitz geschlafen haben und er hatte diese Gelegenheit ergriffen, um mich als Model zu missbrauchen. Auf einem der Fotos leckte er meine Wange ab, auf einem anderen hielt er eins meiner Augen auf und auf einem kleinen Video kniff er meine Wangen zusammen, verformte somit mein gesamtes Gesicht und machte Furzgeräusche.

‚Ich bin mir ziemlich sicher, dass es illegal ist, die ohne mein Einverständnis zu haben', antwortete ich darauf.

Ich könnte schwören, vor Scham rot angelaufen zu sein. Er, Tom, Schülersprecher, sexy Fußballkapitän und Amelies Freund hatte mich angefasst und seinen Spaß dabei gehabt, ein Fotoshooting mit meiner Alkoholleiche zu veranstalten. Falls er auf die Idee kommen sollte, ihr diese Bilder zu zeigen, war mein frühzeitiger Tod beschlossene Sache. Und wer konnte wissen, was ich angestellt hatte, um in seinem Auto zu landen. Zurückhaltung war ab einem bestimmten Pegel ein Fremdwort für mich.

Wenige Momente vergingen, ehe Toms Antwort auf meinem Display erschien. Sie bestand aus ein paar Lachsmileys und der Frage, ob ich schon wach sei.

‚Nein, ich schreibe immer im Tiefschlaf Whatsappnachrichten.'

Achso', kam sofort von ihm. ‚Na dann schlaf mal schön weiter, Zuckerschnecke'

Ich verdrehte die Augen, scrollte weiter durch meine Chats und blieb an einem Namen hängen. Kian.

Kurz überlegte ich, ihm zu schreiben. Einfach mal zu fragen, ob ihm die Party gefallen hatte und wir unserem Ziel nähergekommen waren. Ich entschied mich dagegen. Stattdessen nahm ich mir vor, am Montag, wenn ich ihn „zufällig" sah, „zufällig" mit ihm ins Gespräch zu kommen und so „zufällig" in Erfahrung zu bringen, ob er jemanden mit nachhause genommen hatte.

Erwacht - BlutlustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt