[12] 𝐏𝐢𝐚𝐬𝐭𝐫𝐢 𝐱 𝐀.𝐋𝐞𝐜𝐥𝐞𝐫𝐜

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Oscar saß, wie schon seit Wochen abseits der Gruppe auf einem Stuhl und versuchte sich noch immer mit seiner selbstauferlegten Selbstisolation abzufinden. Während Dennis, Arthur, Paul, Kirill, Dino, Robert, Marcus, Callum, Liam, Jüri, Jack und der Rest der Gruppe sich angeregt unterhielten, war er vertieft in sein Handy. Zumindest sollte dies den Anschein haben, in Wahrheit vertrieb er sich seine Zeit in sozialen Medien und konsumierte sinnlose Beiträge. Ein wenig geistesabwesend versah er Beiträge mit Herzen, ohne im Detail auf diese zu achten. Er war sich ziemlich sicher, dass es sich hierbei um welche mit Bezug zum Motorsport gehandelt hatte, doch ganz sicher war er sich dabei nicht. Viel zu oft schon hatte er Stunden damit verbracht dies zu tun, ohne auf etwas anderes zu achten. So auch jetzt. Wie hoch seine Bildschirmzeit war, wusste er nicht und war sich sicher, dass dies auch so bleiben sollte. Oftmals hatte er mit dem Gedanken gespielt sich andere Beschäftigungen mitzunehmen, wie beispielsweise Bücher, doch letztendlich fand er jedes Mal in den sozialen Medien wieder.

Es half ihm dabei eine Entschuldigung zu haben, dass er an keinen Konversationen mit den anderen Fahrern teilnehmen musste. Er wollte - so gut es ging - engeren Kontakt mit Menschen aus dem Weg zu gehen. Nur die unvermeidbaren Gespräche ließ er über sich ergehen, das war oftmals schon das höchste der Gefühle. Die einzigen Gespräche führte er zu dem Auto und alles, was sich auf die Rennen bezog. Persönlicheren Kontakt vermied er konsequent, auf keinen Fall wollte er jemanden zu nah an sich heran zu lassen. In der Vergangenheit war er zu gefühlsduselig und naiv, woraufhin er nach Strich und Faden verarscht wurde. Menschen waren ersetzbar, er somit auch.

Wie oft hatten Menschen ihn schon ersetzt, nachdem sie ihm versprochen hatten für immer für ihn da zu sein. Diese Menschen hatten gesagt, dass er sich immer auf sie verlassen konnte, doch jedes Mal, wenn er Hilfe benötigte, war keiner da. Kurze Zeit später war er allerdings wieder interessant, wenn er genau diesen Menschen bei ihren eigenen Problemen helfen sollte. Diese Erfahrungen hatten ihn mitgenommen und dazu geführt, dass sein Herz im Laufe der Jahre kalt geworden ist. Es war wie ein Eisblock in seiner Brust, welcher immer größer werden zu schien. Dieser Eisblock wog schwer, er fühlte sich so unglaublich müde. Er sehte sich nach Nähe, aber er konnte diese nicht zulassen. So sehr er einen Menschen wollte, dem er nahe kommen konnte, so sehr kontrollierte ihn aber auch seine Angst. Diese Angst kontrollierte sein gesamtes Leben, seine Handlungen und alles, was ihm noch wichtig war. So sehr er auch versuchte diese Angst hinter sich zu lassen, wollte dies nicht wirklich gelingen.

Vermutlich war es zu spät. Hätte er sich jemandem anvertraut, hätte er mit jemandem geredet, wäre es vermutlich reversibel gewesen. Doch diesen Punkt hatte er schon vor langer Zeit überschritten, es gab kein zurück mehr. Seine Entscheidung war irreversibel, die Angst blieb ihm. Die einzige Konstante, die sein Leben bereit hielt, dachte er in manchen Momenten sarkastisch. Immerhin etwas, das noch da ist, auch wenn alle anderen gehen. Er versuchte sich mit dieser Angst zu arrangieren, was ihm dank jahrelanger Übung immer besser gelingen sollte. Doch in Bezug auf eine Bindung zu einem anderen Menschen überwog sie, egal wie oft er versucht hatte sie zu bekämpfen. Es wollte einfach nicht funktionieren, es sollte einfach nicht sein. Damit musste er sich abfinden, auch wenn diese Erkenntnis unglaublich schmerzhaft war. Als ihm dies bewusst wurde, fühlte es sich wie ein Schlag in die Magengrube an. Sein Körper rebellierte und Tränen schossen in seine Augen. Und niemand war da, der ihm hätte helfen können. Er war wieder alleine gewesen.

Regelmäßig war er schon damit überfordert, wenn er lange Zeit mit anderen Menschen in einem Raum verbringen musste. Oftmals schmerzten ihm am folgenden Abend die Finger so sehr, wenn er wieder mal alleine in seiner kleinen Wohnung saß. Bei seinem Einzug wurde ihm gesagt, er dürfte diese so einrichten und minimale Veränderungen vornehmen, sodass er sich wohl fühlen würde. Nun wohnte er schon seit einigen Jahren in dieser und noch immer strahlte diese eine unfassbare Kälte aus. Oscar begründete es damit, dass seine Wohnung sein Innerstes widerspiegelte. In Wahrheit war er dafür zu faul gewesen diese gemütlich zu gestalten. Die meiste Zeit reiste er sowieso durch die Weltgeschichte, wieso sollte er diese Bemühungen in die Wohnung stecken, wenn er die meiste Zeit des Jahres nichts davon mitbekommen würde. Auch wenn es andere Gründe dafür gab, so war diese Wohnung doch der Spiegel seiner Seele. Auf eine gewisse Art und Weise fühlte er sich doch wohl, auch wenn es abstrus war. Welcher normale Mensch würde sich in einer karg möblierten, farb und vom Erscheinungsbild trostlosen Wohnung gut fühlen? Die wenigen Gäste, die er früher einmal zu sich eingeladen hatte, konnten nicht schnell genug von hier verschwinden. Das führte dazu, dass Oscar niemanden mehr einladen wollte. Nicht, das es überhaupt jemand geben würde, den er einladen wollen würde.

𝑺𝒉𝒐𝒓𝒕 𝑺𝒕𝒐𝒓𝒊𝒆𝒔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt