„Charles, was soll das?", wollte sein Teamkollege lachend von ihm wissen, während er sich hinter selbigen versteckte um nicht von einer bestimmten Person entdeckt zu werden. „Er soll mich nicht sehen.", raunte er Seb zu und bedeutete ihm leise zu sein. Der Ältere verdrehte nur die Augen und lief weiter in Richtung des Ferrari Gebäudes, in welches sich Charles bei der ersten Gelegenheit flüchtete. „Kannst du mir jetzt erklären, was genau dein Auftritt bezwecken sollte? Wer sollte dich nicht sehen?", hakte Seb natürlich nach, sobald es sich anbot. Charles wusste genau, auch wenn er den Deutschen noch nicht sehr lange kannte, dass Seb eine Erklärung wollte, insbesondere bei dem, was er sich geleistet hatte. Seufzend ließ er sich auf dem kleinen Sofa nieder und griff nach einer Flasche Wasser, während Seb sich einen Stuhl heranzog und ihn abwartend anschaute. „Max sollte mich nicht sehen.", rückte er schließlich mit der Sprache heraus, nachdem er dem stechenden Blick seines Teamkollegen nicht weiter stand halten konnte.
„Warum sollte Max dich nicht sehen? Ich dachte, ihr wärt miteinander befreundet?", ließ der Deutsche ihn nun endgültig mehr vom Haken, sodass er sich seinem Schicksal hingab und alles erzählte, was ihm auf dem Herzen lag und dringend loswerden musste. „Max und ich waren viel mehr als nur Freunde.", kam es ihm leise über die Lippen und senkte den Kopf in Richtung Boden. „Ihr wart viel mehr als Freunde? Wart ihr-" und da traf Seb die Erkenntnis. Charles wusste nicht, mit welcher Reaktion er nun rechnen sollte und machte sich auf das Schlimmste gefasst. Der Deutsche würde ihn verabscheuen, widerlich finden, abstoßend finden. „Ihr wart zusammen.", sagte dieser noch im selben Moment, doch die Stimmlage irritierte den gebürtigen Monegassen extrem. Er blickte auf und schaute seinem Teamkollegen in die Augen. „Du verabscheust mich nicht?", fragte er nach und hasste es, wie unsicher er dabei klang. „Natürlich nicht, Charles. Mir ist es egal, auf welches Geschlecht du nun stehst oder in wen du dich verliebst. Niemand sollte dafür verurteilt werden, nur weil er nicht dem veralteten Stereotyp der Gesellschaft entspricht, von der ein Teil noch im 19. Jahrhundert stecken geblieben ist. Einzig allein zählt, dass du glücklich bist - dabei ist es egal, mit wem.", munterte Seb ihn auf und schenkte ihm ein ehrliches Lächeln, welches seine Zweifel im Winde zerstreute.
„Danke, Seb. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel mir deine Worte bedeuten.", sagte er schließlich, nachdem sie sich eine Weile angeschwiegen hatten. Charles hatte diese Zeit benötigt um die Worte des viermaligen-Weltmeisters zu verarbeiten und zu realisieren. Es war selten, dass jemand so auf die Nachricht reagierte, sobald sie wussten, dass er nicht komplett heterosexuell war. Er hatte sich noch nie für seine Sexualität geschämt, er war stolz darauf. „Jederzeit.", erwiederte der Deutsche und gab ihm ein Lächeln, welches fast väterlich wirkte. In diesem Moment war er so unfassbar dankbar, dass er Seb als Teamkollegen an seiner Seite hatte. Der Druck in einem Ferrari zu sitzen war deutlich höher als in einem Sauber, doch er war für diese Gelegenheit unbeschreiblich dankbar. Er hatte seinem Vater vor dessen Tod vorgegaukelt, dass er für das Traditionsteam fahren würde, obwohl dies zu dem Zeitpunkt nicht einmal im Gespräch war. Charles hatte sich schlecht gefühlt, weil er seinen Vater vor dessen Ableben angelogen hatte und jetzt stand er dort - im roten Anzug mit einem Auto, von dem seit eh und je viel erwartet wurde. Noch ganz genau erinnerte er sich an den Moment, in dem er die Zusage für einen Platz in der derzeitigen Saison bekommen hatte. Kurz nachdem er aufgelegt hatte war er ans Fenster gegangen und hatte in den dunklen Sternenhimmel geschaut. Er hatte die Hand an die kalte Scheibe gelegt und ihm waren die Tränen in die Augen gestiegen. „Ich habe es geschafft, Papa. Ich habe es geschafft."
„Charles?", erklang die Stimme einer gewissen Person, von der er sich erhofft hatte, dass sie ganz weit entfernt im Red Bull Gebäude war. Er versteifte sich augenblicklich. Sein Körper reagierte noch immer auf den Niederländer und doch schlug sein Herz nicht mehr so schnell wie früher. „Was willst du, Max?", brummte er genervt und drehte sich nicht einmal um, um seinen Gast anzuschauen. Stattdessen konzentrierte er sich weiter darauf seinen Rucksack einzuräumen, damit er schnell von diesem Ort flüchten konnte. Eigentlich hatte er gehofft, dass Max bemerkt hatte, wie schlecht er gelaunt war und besser das Weite suchte. Seine Hoffnungen wurden je erstickt, der Niederländer setzte sich auf das kleine Sofa in der Ecke seines Raumes und schaute ihm dabei zu, wie er seine persönlichen Gegenstände einpackte. „Siehst du nicht, dass du unerwünscht bist, Max? Ich habe keine Lust auf Gesellschaft, besonders nicht deine.", zickte er seinen Ex-Freund an und schaute ihm zum ersten Mal ins Gesicht, seitdem Max es sich gemütlich gemacht hatte. „Das war mal anders.", rief dieser ihm ins Gedächtnis. Als ob er das je vergessen könnte. „Sag mal, lebst du noch in der Vergangenheit? Diese Zeiten sind vorbei.", erwiederte er scharf. „Für dich vielleicht. Für mich nicht.", schlug der Niederländer mit einmal andere Töne an. Charles kannte diesen Trick, sodass er nicht auf ihn hinein fiel. Solche Dinge hatte Max schon so oft geäußert, hatte ihn umgestimmt und am Ende wieder fallen lassen.
DU LIEST GERADE
𝑺𝒉𝒐𝒓𝒕 𝑺𝒕𝒐𝒓𝒊𝒆𝒔
RomanceVolle Power, nervenzerreißende Action und echte Gefühle: Diese Kurzgeschichten nehmen dich mit auf die wilde Fahrt durch die Welt der Formel 1 - und erzählen dabei von überwiegend homosexuellen Paaren, die nicht nur auf, sondern auch neben der Strec...