74. Lando Norris x Daniel Ricciardo

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„Ich vermisse dich, mein Schatz.", flüsterte er in das Telefon und zog die Decke enger um sich, während er das Knacken der Leitung vernahm. Am anderen Ende hörte er das regelmäßige Atmen seines Freundes, welches normalerweise beruhigend auf ihn wirkte. Doch an diesem Tag hatte es keine beruhigende Wirkung auf ihn; es führte nur noch weiter dazu, dass sich das Gefühl des Vermissens nur noch weiter in ihm ausbreitete. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als den Atem seines Freundes, dessen regelmäßiges Heben und Senken der Brust zu spüren. Neben ihm zu liegen, sich an ihn zu kuscheln und den Kopf in seiner Brust zu vergraben. „Ich vermisse dich auch. Du kannst dir nicht vorstellen, wie gerne ich gerade bei dir wäre.", hörte er die Stimme seines Freundes gepaart mit dem Knacken der Leitung. „Ich wäre auch gerne bei dir.", erwiderte er und unterdrückte den Drang zu weinen, so dass er gegen die aufkommenden Tränen ankämpfte. „Es ist schon viel zu lange her, dass wir uns zuletzt gesehen haben." Er schnäuzte sich die Nase, bevor er antwortete. „Das ist es immer." Daraufhin ertönte ein trauriges Lachen am anderen Ende der Leitung. „Das ist wohl wahr, mein Schatz. Ich wünschte, es wäre anders." Er atmete tief ein und aus, bevor er erneut zu einer Antwort ansetzte. „Ich auch. Aber für den Moment geht es nicht anders."

Wie Minuten schwanden die Stunden dahin; die Sonne war schon lange untergegangen, bis sie schweren Herzens die Entscheidung trafen sich voneinander zu verabschieden. Auch wenn sie wussten, dass es die einzig richtige Entscheidung war, schmerzte die Tatsache nicht weniger. Der Brite wünschte sich nichts sehnlicher als seinen Australier neben sich liegen zu haben, so wie die zwei vergangenen Saisons. Dass der Australier einfach nur da wäre und ihm zur Seite stand, in einem solch dunklen Moment wie diesem. Er brauchte den Australier, der ihm versicherte, dass alles gut werden würde und Lando sich den Sitz in dem Sport verdient hatte. Dass er kein schlechter Fahrer ist, obwohl ihm ein Sieg bisher verwehrt geblieben war. Es fiel ihm ohnehin nicht einfach sich auf neue Menschen einzulassen, doch die Tatsache, dass Oscar sein dritter Teamkollege innerhalb weniger Saisons war, machte es ihm nur noch schwerer sich darauf einzulassen. Er wusste, dass sie keine Freunde fürs Leben werden mussten, doch empfand er es als wichtig eine gute Bindung zu seinem Teamkollegen zu haben, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Durch seine Jahre im Team fühlte er sich mit den anderen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen wohl, aber auch eine freundschaftliche Beziehung zu seinem Teamkollegen war ein wichtiger Baustein für sein Wohlbefinden. Noch immer verband ihn eine tiefe Freundschaft mit Carlos, seinem ersten Teamkollegen in der Königsklasse des Motorsports.

Er hatte vieles von dem Spanier lernen können, welcher in gewisser Weise eine Mentorenrolle für ihn eingenommen hatte. Ohne die Angst, dass er eines Tages besser werden könnte, hatte Carlos ihm eine Menge Wissen beigebracht, welches er sich durch die Jahre in dem Sport angeeignet hatte. Lando konnte verstehen, welche Chance es für seinen besten Freund war, als er als Nachfolger für den Sitz von Sebastian Vettel angefragt wurde. Auch er hätte der Versuchung nicht widerstehen können diesen Vertrag nicht zu unterschreiben; er wusste, wie viel es dem Spanier bedeutete, dass sie ausgerechnet ihn als Nachfolger eines vierfachen Weltmeisters unter Vertrag nehmen wollten. Doch so sehr ihn dies auch gereizt hätte, wäre er McLaren weiterhin treu geblieben. Diesem Team hatte er eine ganze Menge zu verdanken, auch wenn sie vielmehr eine konstante Leistung im Mittelfeld zeigten als um die Führung an der Spitze mitzukämpfen. Er selbst war diesem Ziel einst so nah gewesen, doch durch eine unglückliche Entscheidung verlor er die Führung. Nur Daniel hatte es geschafft, dass ein McLaren-Fahrer ganz oben auf dem Podium stand.

Teamkollege Nummer zwei und sein heutiger Partner hatte einen souveränen Sieg in Monza nach Hause gebracht; einer Strecke, die einige Sieger hervorgebracht hatte. Noch immer beschlich ihn eine Gänsehaut, wenn er an diesen magischen Tag dachte. Ein breites Lächeln lag auf den Lippen, als er die Zielflagge sah und der Australier diese als Erster sah. Auch wenn der Unfall zwischen den Titelkontrahenten dazu geführt hatte, bedeutete allen dieser Erfolg viel. Vor allem für Daniel war dies ein wahres Erfolgserlebnis; er bewies allen, dass er noch das Zeug dazu hatte, um die Trophäe mitzukämpfen. Lando, der sich damals als glücklicher Mann an der Seite des Australiers betiteln durfte, verspürte entgegen sämtlicher Medienberichte keinen Neid oder fühlte sich durch die Entscheidung des Teams ungerecht behandelt. Er liebte Daniel von ganzem Herzen und das seit dem Tag, an dem er ihn zum ersten Mal sah. Es hatte eine ganze Weile gedauert, bis er sich traute mit dem Australier über seine Gefühle zu sprechen und konnte sich kaum glücklicher schätzen, als diese erwidert wurden. Seit seiner ersten Saison in dem Sport war er mit Danny liiert und konnte sich an keinen Tag erinnern, an dem er diese Entscheidung bereut hatte.

Am nächsten Morgen wurde er unsanft von seinem Handywecker aus dem Schlaf gerissen, welchen er mit einem unzufriedenen Gemurmel zum Schweigen brachte. Bevor er wieder einschlief, zwang er sich dazu aufzustehen und sich in seine Teamkleidung zu werfen, ehe es für ihn zum Frühstück und im Anschluss zur Strecke. Zeitgleich öffnete Oscar ebenfalls seine Tür; auf dem Weg zum Frühstückssaal umhüllte sie eine unangenehme Stille, welche erst beim gemeinsamen Frühstück durchbrochen wurde. Danach fuhren sie getrennt voneinander zur Strecke, auf dem gesamten Weg starrte Lando auf sein Handy und hoffte eine Antwort von Danny zu erhalten. Der Australier hatte seine Nachricht gelesen, doch diese nicht beantwortet. In ihm breitete sich ein unwohles Gefühl aus und er schaffte es nicht an etwas anderes zu denken. Tausend Szenarien schwirrten in seinem Kopf und allmählich mischten sich Schreckensszenarien hinzu. Was wäre, wenn seinem Freund etwas passiert war? Wenn er in einen Verkehrsunfall verwickelt war? Wenn Daniel ihn gerade brauchte und er nicht an seiner Seite war, sondern tausende Kilometer entfernt. Doch als er die Strecke entdeckte, schob er diese Gedanken krampfhaft beiseite und bereitete sich auf das anstehende Qualifying vor.

Jon hatte seinen Fahrerraum verlassen und er blieb allein zurück; zurück in einem Raum, welcher vor einem Jahr noch mit dem Lachen seines Teamkollegen erhellt wurde. Doch ohne Daniel wirkte dieser Raum leer und unvollständig, es war, als ob irgendwas fehlen würde. Er stand mit dem Rücken zur Tür und versuchte das aufkommende Gefühl des Vermissens und des Heimwehs zu unterdrücken, weswegen er nicht mitbekam, wie sich die Tür einen Spaltbreit öffnete und sofort wieder schloss. „Hey, mach dich nicht verrückt.", erklang eine Stimme, welche sein Herz höher schlagen ließ und welche er so sehr vermisst hatte. Fassungslos drehte er sich um und blickte in die warmen Augen des Australiers, die seine Heimat waren. „Danny. Was machst du denn hier?", brachte er stammelnd über die Lippen und lief in dessen Arme. Sofort schloss der Australier diese um ihn und drückte ihn fest an sich, bevor er ihm mit der Hand über den Hinterkopf strich. Der Brite presste sein Gesicht in die Brust seines Freundes und sog dessen Geruch ein. „Ich weiß, dass es für dich nicht einfach ist und ich wollte für dich da sein, wenn es soweit ist."

Lando löste sich ein Stück von seinem Freund und schaute ihm mit leicht schimmernden Augen an, woraufhin Daniel sein Gesicht in die Hände nahm. „Warum hast du mir denn nicht gesagt, dass du kommen würdest?" Danny lachte warm und zog ihn ein Stück zu sich. „Dann wäre es doch keine Überraschung gewesen, mein Schatz.", erklärte er und küsste den Briten sanft. „Und jetzt musst du los. Ich werde in der Garage auf dich warten und dir zuschauen, wenn du allen davon fährst." Damit schob er Lando in Richtung der Tür und sah zu, wie er den Gang hinunter in die Garage ging. Als er ihn nicht mehr sah, machte er sich ebenfalls auf den Weg und blieb nach nur wenigen Metern abrupt wieder stehen als er Zak sah. All die Monate hatte er Angst vor diesem Aufeinandertreffen und doch war es nicht so schlimm, wie er es sich ausgemalt hatte. Sie grüßten sich mit einem unverfänglichen, wenn auch steifen Lächeln und gingen anschließend wieder getrennte Wege. Daniel erreichte die Garage und sah, was für unglaubliche Rundenzeiten der Brite an den Tag legte. Der Australier griff sich ein Paar der Kopfhörer und setzte sich auf einen der Stühle, von wo aus er seinen Freund mit einem Lächeln zuschaute.

𝑺𝒉𝒐𝒓𝒕 𝑺𝒕𝒐𝒓𝒊𝒆𝒔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt