Er spürte in der Hosentasche, wie sein Handy immer wieder vibrierte, auch ohne nachzuschauen wusste er, wer der Absender der unzähligen Nachrichten und Anrufe war. Genervt verdrehte er die Augen und stellte sein Handy letztlich auf lautlos. War es so schwer, ihn einfach in Ruhe zu lassen? Immerhin war er erwachsen und wurde dennoch behandelt, als ob er ein naiver Teenager ohne Lebenserfahrung wäre. Ein Blick auf das Display ließ ihn wissen, dass er mit seiner Vermutung richtig lag und überlegte, ob er die Nummer einfach blockieren sollte. Dieser Gedanke verfolgte ihn schon seit mehreren Wochen, doch schaffte er es nicht sich zu überwinden. Einerseits war er dankbar, dass sich Sorgen um ihn gemacht wurde, doch auf der anderen Seite nervte ihn das Ausmaß, welches diese Fürsorge angenommen hatte. Er wollte sein Leben so leben, wie er es für richtig hielt und brauchte keinen Beschützer, der für ihn die Entscheidungen traf. Noch bevor er den Kontakt blockierte, steckte er das Handy wieder in die Hosentasche und richtete seinen Fokus erneut auf den Fernseher. Es war nicht so, als ob dieser wirklich interessant war, doch half es ihm abzuschalten.
Doch diese Ruhe sollte nicht lange andauern. Keine fünf Minuten später hörte er ein energisches Klopfen an der Hotelzimmertür, welches nicht aufhören wollte. Zunächst blieb er ruhig und hoffte, dass der Mensch vor seiner Tür wieder gehen würde, doch nachdem dieser weiter minutenlang gegen die Tür hämmerte, stand er genervt auf. „Muss es wirklich sein, dass du das gesamte Hotel mit deinem Besuch aufweckst?", öffnete er die Tür und spielte dabei auf die fortgeschrittene Uhrzeit an. Sein Gegenüber schien sich keinerlei Schuld bewusst zu sein, viel mehr schob er sich an ihm vorbei in das Zimmer und blieb dort abwartend stehen. „Würdest du auf meine Nachrichten und Anrufe reagieren, dann wäre das überhaupt nicht notwendig gewesen, Charles.", erwiderte Max übellaunig und machte deutlich, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen war. An einem anderen Tag wäre er in dem Umgang mit dem Niederländer vorsichtiger gewesen, doch heute war ihm dies egal. Wenn Max keine Rücksicht darauf nahm, dass er ein eigenständiges Individuum war, dann brauchte er keine Rücksicht auf dessen Laune zu nehmen. Dies hatte er in den letzten Monaten oft genuggetan, jetzt hatte er genug.
„Bist du vielleicht auf die Idee gekommen, dass ich keine Lust auf Kontakt zu dir habe? Dass die unbeantworteten Nachrichten und Anrufe vielleicht einen Grund haben?", kam es ebenso schlecht gelaunt von ihm, woraufhin der Niederländer ihn überrascht anschaute. „Charles, ich mache mir doch nur Sorgen um dich.", versuchte sein Kumpel die Wogen zu glätten, doch scheiterte dieser Versuch schon in den Startlöchern. „Das weiß ich, Max, und dafür bin ich dir auch wirklich dankbar. Aber du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen. Ich bin erwachsen und weiß, was ich tue.", schmetterte er diesen Versuch ab und hoffte, dass der Red Bull Pilot wieder gehen würde, doch wusste er es besser. Max hatte Blut geleckt und würde so schnell nicht aufgeben, das war ihm durch die letzten Jahre ihrer Freundschaft klar. „Charles." Die Tonlage war tadelnd, beinahe als ob er fünf Jahre alt wäre. Er verschränkte die Arme vor der Brust und seine Augen schmälerten sich. „Ich weiß, dass du erwachsen bist. Aber ich glaube, dass du einen gewaltig dummen Fehler begehst und ich möchte, als guter Freund, dich davor bewahren." Sein Herz schlug bei diesen Worten ein bisschen schneller, doch versuchte er dies zu ignorieren. „Warum, Max? Kein anderer meiner Freunde reagiert so darauf, wie du? Kein anderer macht sich diese Sorgen, warum du?", fragte er und fühlte sich im nächsten Moment schlecht. Ihn überkamen die Schuldgefühle und er wollte sich für seine Worte entschuldigen, doch Max ließ sich davon nicht beirren und sprach weiter.
„Weil ich nicht damit leben könnte, dich leiden zu sehen. Nicht ausreichend dafür gesorgt zu haben, dass du nicht ins Messer läufst. Nicht bis zum Schluss versucht zu haben, dass du zur Besinnung kommst, Charles. Es ist mir egal, wie deine anderen Freunde reagieren. Ich tue das, was meiner Meinung nach am besten ist." Charles spürte, wie sein Herz erneut schneller schlug und hoffte, dass sich seine Wangen nicht rötlich verfärbten. Ihn verwirrte seine Reaktion, die er auf die Worte seines besten Freundes hatte. „Mir geht es gut, Max. Ich weiß deine Bemühungen zu schätzen, aber du wirst mich nicht umstimmen können. Ich bin glücklich, möchtest du mir das wirklich nehmen?" Der Red Bull Pilot ließ den Kopf hängen und schlug sich die Hände vor das Gesicht. Ein Seufzen entwich seinen Lippen und er rang damit nicht die Fassung zu verlieren. „Du bist glücklich? Wie kannst du mit dieser Situation glücklich sein, Charles?", schaute Max ihn nun fassungslos an. „Seit Monaten hält Pierre dich hin, gibt dir Versprechungen und wie viele davon sind bisher eingetreten? Richtig, keine. Charles, er benutzt dich als sein Betthäschen, mehr nicht. Für ihn bist du ein kleines, schmutziges Geheimnis und der Mensch, an dem er seine Triebe befriedigen kann. Wenn er ernsthafte Gefühle für dich hegen würde, warum ist er dann immer mit irgendwelchen Frauen an seiner Seite zu sehen? Erst Katarina, die irgendwann einfach verschwunden ist und nun Kika, die fast noch ein Kind ist. Warum würde er dir diesen Anblick zumuten, wenn er sich wirklich für deine Gefühle interessieren würde? Meinst du, er kann sich nicht vorstellen, dass du unter diesem Anblick leidest? Wenn er schon nicht die Eier in der Hose hat zu seiner Homosexualität öffentlich zu stehen, dann soll er sich aber nicht mit Frauen ablichten lassen und gleichzeitig eine Beziehung mit einem Mann führen. Dass ist weder dir noch Kika oder Katarina fair gegenüber." So langsam kam der temperamentvolle Niederländer in Fahrt und Charles spürte mit jedem Wort, wie seine Hoffnung schwand. Tief in sich wusste er, dass sein bester Freund Recht hatte, doch sträubte er sich mit Händen und Füßen dagegen.
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𝑺𝒉𝒐𝒓𝒕 𝑺𝒕𝒐𝒓𝒊𝒆𝒔
RomanceVolle Power, nervenzerreißende Action und echte Gefühle: Diese Kurzgeschichten nehmen dich mit auf die wilde Fahrt durch die Welt der Formel 1 - und erzählen dabei von überwiegend homosexuellen Paaren, die nicht nur auf, sondern auch neben der Strec...