Die Trennung von Charlotte hatte heftig an Charles genagt. Noch nie hatte eine solche Trennung so mitgenommen, wie die von Charlotte. Er hatte sich zurückgezogen, hatte sich von allen abgekapselt. Selbst seine Familie hielt er auf Abstand, obwohl er nach dem Verlust seines geliebten Vaters eigentlich ein totaler Familienmensch war. Aber im Moment wollte er keine Nähe, wollte er keine Menschen in seinem Leben. Es war Winterpause, was die ganze Sache bedeutend leichter machte. Den ganzen Tag konnte er in seiner Wohnung bleiben und ging auch nur dann raus, wenn es wirklich notwendig war. Neidisch verfolgte er die Profile in den sozialen Medien seiner Fahrerkollegen, welche mit ihren Partnerinnen - insofern sie welche hatten - in die schönsten Länder dieser Welt verreist waren. Max war mit Kelly in Miami, wo niedliche Bilder von ihnen mit Kelly's süßer Tochter Penelope entstanden. Auch Pierre war mit Katerina in den USA und machte Hollywood unsicher. Lando und Luisa machten mit Freunden Urlaub in Dubai. Auch Charles hatte erst durch die sozialen Medien von ihrer Beziehung erfahren und wünschte den beiden alles Glück der Welt. Die beiden waren aber auch echt zuckersüß zusammen, ganz abgesehen davon verdienten sie beide jemanden, der sie glücklich machte. Die Kommentare einiger Leute ließen ihn an der Menschheit zweifelte. Nachdem er sich - aufgrund von extremer Langeweile - die Profile dieser Leute näher anschaute, waren die Kommentare albern.
Lächelnd stoß Charles auf Daniel's Profil. Man konnte sehen, wie glücklich er war wieder in seiner Heimat und seinem Neffen zu sein. Auf jedem Bild strahlte Daniel eine unglaubliche Zufriedenheit aus, die ihn selber leicht lächeln ließ. Ein wenig wehmütig wurde er wieder, als ihm das Profil von Charlotte angezeigt wurde. Sie wollten Freunde bleiben, doch diese Tatsache ließ Charles nur noch mehr leiden. Er hatte sie abgöttisch geliebt, doch diese Gefühle wurden irgendwann in der gewohnten Form nicht erwiedert. Nicht mehr. Sie hatten sich schlichtweg auseinander gelebt, bei ihren unterschiedlichen Berufen auch kein großes Wunder. Auch wenn er es nicht tun wollte, so ging er trotzdem auf Charlotte's Profil. Er verspürte kleine Nadelstiche in seinem gebrochenen Herzen, als er sah, wie glücklich sie mittlerweile wieder war. Sie strahlte über beide Ohren und schien ihr Leben wieder in vollen Zügen zu genießen. So glücklich hatte sie an seiner Seite lange nicht mehr gewirkt. Sie war in sich gekehrt und kapselte sich unterbewusst von ihm ab. Charlotte liebte Charles, aber es hatte einfach nicht mehr sein sollen. So sehr er es ihr auch gönnte, so sehr wollte er wieder der Grund für ihre Freude sein. Doch das würde er nie wieder in der Form sein, wie er es einmal war. Die Vergangenheit hatte ihn voll im Griff und es fiel ihm schwer loszulassen. Charlotte war so lange ein so wichtiger Teil in seinem Leben geblieben, er würde sie nicht von heute auf Morgen vergessen können. Ihre gemeinsamen Momente würde er für immer mit sich tragen.
Frustriert sperrte er sein Handy und legte es auf den Nachtkasten. Ohne eine Form von Beschäftigung lag er in seinem Bett und starrte die Decke an. Früher einmal hatte er hier mit Charlotte gelegen. Hatte sie in seinen Armen gehalten, hatte sie geküsst, hatte sie bei sich gehabt. Er erinnerte sich an all ihre gemeinsamen Nächte, die sie in diesem Bett verbracht hatten. Früher einmal hatte sich bei diesen Erinnerungen etwas an ihm geregt, doch nicht jetzt. Seitdem Charlotte gegangen war, war er abstinent. Zu seiner Überraschung war es nicht so schlimm wie angenommen, es viel ihm erstaunlich leicht ohne die körperliche Nähe einer Person zu leben.
Damit er sich nicht allzu schlecht fühlte, schrieb er seiner Mutter und auch seinem Bruder eine Whatsapp Nachricht. Er wusste, dass seine Mutter und Arthur zusammen verreist waren, so würde keiner von ihnen ihn besuchen kommen. Nachdem er dies getan hatte, legte er sein Handy beiseite und dachte nach. War es falsch von ihm so lange noch zu trauern? Jeder Mensch trauerte anders, wieso sollte er seine Art der Trauerbewältigung nicht so gestalten? Sollte er sich langsam auf jemand neues einlassen? Konnte er das überhaupt? Würde er nicht Gefahr laufen, seine neue Partnerinnen klammheimlich mit Charlotte zu vergleichen? Das könnte er ihnen nicht antun. Diese Frauen sollten jemanden an ihrer Seite haben, der sie uneingeschränkt liebten und ihnen jeden Wunsch von den Augen abliest. Dies könnte er diesen Frauen nicht geben, er würde sich schlecht in seinem Verhalten ihnen gegenüber fühlen. Dieses Gefühl würde ihn nur zusätzlich belasten, somit würde er seine Liebe nie voll zum Ausdruck bringen können. Er stöhnte genervt auf und wischte sich verzweifelt über sein Gesicht. Schon seit Tagen hatte er sich nicht mehr rasiert, Folge dessen waren kratzige Bartstoppeln. Charlotte hatte es früher immer geliebt, wenn er sich nicht rasiert hatte und sie die Bartstoppeln spüren konnte. Ihre Augen hatten immer gestrahlt, wenn er einen Drei-Tage-Bart trug.
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𝑺𝒉𝒐𝒓𝒕 𝑺𝒕𝒐𝒓𝒊𝒆𝒔
RomanceVolle Power, nervenzerreißende Action und echte Gefühle: Diese Kurzgeschichten nehmen dich mit auf die wilde Fahrt durch die Welt der Formel 1 - und erzählen dabei von überwiegend homosexuellen Paaren, die nicht nur auf, sondern auch neben der Strec...