Es verging eine Woche in der ich mich bald schon richtig wohl in der Gegenwart der Madrigals fühlte.
Ein stück der Nervosität blieb immer noch, aber das war wohl normal für mich. Langsam aber sicher hatte ich mir einen kleinen Tagesablauf geschaffen, die Sachen die jeden Tag auf's neue erledigt werden mussten, nahm ich anderen ab oder half mit. Camilo hielt die Füße still und sagte nichts zu Bruno, jedenfalls bekam ich nichts davon mit. Ich fing an mich mit Pepa und Julieta zu unterhalten, sodass ich es an einen Tag sogar schaffte Pepa so zum lachen zu bringen, dass über ihren Kopf eine Wolke mit einem kleinen Regenbogen erschien.
Fasziniert hatte ich auf die kleine Wolke gestarrt, und sogar Félix war erstaunt das ich es geschafft hatte sie so zum lachen zu bringen.
"Das schaff' eigentlich nur ich!"
Hatte er gesagt und mir auf den Rücken geklopft.
"Gut das ich jetzt eine Verbündete habe!"
Und heute war einer dieser Tage- wo man Peppa wohl nicht so schnell zum lachen bringen konnte. Sie lief umher, über ihren Kopf eine dunkle Gewitter Wolke die sowohl Regen als auch Wind erzeugte. Als ich die Eingangshalle betrat, wurde ich von einen starken Windzug erfasst.
Pepa lief umher und brabbelte irgendetwas von: klaren Himmeln oder sonnigen Tagen, als Félix auch schon gut auf sie einredete.
"Pepa, deine Wolke machte die ganzen Pflanzen träge!"
Rief Abuela von weiter oben zu ihr hinunter.
"Das ist mir klar Mama, aber ich habe gerade andere Probleme!"
Keifte sie zu ihr hoch.
"Was ist denn los"
Fragte ich jetzt Félix der nur seufzend an der Seite steht.
"Antonio ist heute etwas störrisch und will nicht schlafen, jetzt versteckt er sich dauernd und treibt Pepa zur Weißglut."
"Hm, ich kann ihn suchen gehen vielleicht finde ich ihn ja."
Bot ich an, und Félix legte mir die Hand auf der Schulter.
"Das ist nett."
Ich lief also die Treppe hoch und überlegte dabei wo sich der kleine versteckt halten könnte.
Der Toucan der meist an Antonio's Seite war, flatterte auf dem Boden an mir vorbei. Ich blieb stehen und sah den Vogel nur ratlos an, dieser sich nur umsah und dann wieder davon flog. Er wusste wohl auch nicht wo er nach seinen Besitzer suchen sollte. Ich setzte gerade zu einen weiteren Schritt an, als sich die Fliesen unter meinen Füßen bewegten und mich zurück schoben.
"Hey..."
Ich sah auf dem Boden und wollte erneut einen Schritt nach vorne setzten, doch die Casita ließ mich nicht.
"Okay entweder willst du mich abhalten Antonio zu finden, oder ich soll zurück..."
Sagte ich, als die Kacheln aufgeregt klapperten.
"Na schön ich gehe zuerst woanders hin aber wehe du hast mich absichtlich abgehalten!"
Sagte ich und hielt den Finger hoch. Ich drehte mich auf dem Absatz um und lief zurück zu Mirabel's und meiner Tür.
Planlos und kurz entschlossen drückte ich die Klinke herunter und sah mich in den Raum um. Alles war ruhig, keiner schien hier zu sein. Aber trotzdem hatte ich so ein Gefühl und blieb noch eine weile dort stehen. Wo würde ich mich als fünfjährige verstecken?
Als ich mich versuchte zu erinnern was ich damals als Kind in dieser Situation getan hatte, fielen mir nur die Momente ein als ich mich unter dem Bett versteckte. Meine Mutter konnte mich immer nur schwer finden...
Ich hockte mich auf dem Boden und blickte daher unter dem Bett. Lächelnd entdeckte ich Antonio der mit einen Stofftiger im Arm auf dem Bauch lag und auf den Boden starrte.
Ohne etwas zu sagen schob ich mich zu ihn unters Bett.
"Hey, warum das lange Gesicht?"
Fragte ich ihn.
"Ich hatte einen schlimmen Alptraum, und Mami will das ich wieder einschlafe aber bestimmt kommt der Traum dann wieder!"
Ich lächelte sanft und strich ihn über die rauen Locken.
"Was ist denn in den Traum passiert?"
"Die Tiger haben mich angegriffen, und alle waren weg! Papi und Mami und Camilo...alle!""Aww...das ist wirklich ein doofer Traum. Aber deine Freunde würden so etwas doch nie tun, und die anderen werden auch immer da sein."
Sagte ich. Der Junge blickte immer noch auf dem Boden.
"Aber was ist wenn ich wieder so etwas träume?"
Ich überlegte und stieß ihn leicht an.
"Wie wäre es wenn ich dir eine Geschichte vorlese? Als ich in deinen Alter war habe ich danach immer davon geträumt. Und weißt du ich habe ein altes Märchenbuch mit Geschichten die du bestimmt noch nicht kennst."
Er sah zu mir, seine Miene erhellte sich.
"Hast du wirklich ein Märchenbuch dabei?"
Ich lachte.
"Klar, das hatte schon meine Mama von ihrer Mama vorgelesen bekommen als sie noch ganz klein war. Und dann hat sie mir daraus vorgelesen und jetzt...lese ich dir daraus vor wenn du magst."
Er nickte.
"Gut, dann komm mit!"
Ich krabbelte hervor und kramte in meinen Rucksack herum. Ich hatte alles mögliche mitgenommen, Werkzeuge für meine Schmuckherstellung, mein Skizzenbuch und auch dieses Märchenbuch. Ich wollte es mitnehmen weil es mir ein Gefühl von Zuneigung gab. Es erinnerte mich an die schönen, schon längst vergessenen Tage.
Man gut das ich es nicht doch liegen gelassen hatte, als ich schon viel zu spät dran damit gerungen hatte ob ich es nun mitnahm oder nicht.
Ich zog das dicke rosa Buch hervor, dessen Oberfläche schon etwas abgenutzt war. Die kleine Zeichnung von einer Prinzessin und einen Prinzen wurde von einen Herz umrahmt, welches ich damals mit Buntstiften gemalt hatte. Ich wollte das Buch verschönern und habe kurzerhand mit allerlei Stiften die ich gefunden hatte drauf los gemalt. Auch die zwei Namen die auf der unteren linken Seite standen, stammten von meiner Mutter und mir. In wackeliger Schrift stand der Name meiner Mutter: Annabell. Ich hatte damals wohl die gleiche Idee gehabt wie sie als Kind. Unter ihren Namen stand meiner in einer genauso wackeligen Schrift.
Ich reichte Antonio das Buch das er nahm, und schob ihn am Rücken voran.
"Such dir einen schönen Platz für uns zwei. Einen der auch in deinen Traum auftauchen soll."
Er nickte und lief zur Tür, und griff die Klinke indem er sich auf Zehenspitzen stellte und sie öffnete. Als wir heraus traten, war Pepa verschwunden. Dolores die noch unten mit Mirabel und Bruno stand, lächelte mir zu.
"Ich habe alles gehört und konnte Pepa damit beruhigen."
Beantwortete sie die Frage, die niemand gestellt hatte.
"Danke."
Sagte ich während ich Antonio hinterher lief der schon dabei war sich einen Ort zu suchen.
"Wie hast du ihn gefunden?"
Fragte Mirabel.
"Casita hat mir geholfen."
Ich sah hoch in die Luft.
"Ist das dein Märchenbuch?"
Bruno, der sich neben Antonio gesellt hat sah jetzt zu mir. Der kleine hatte sich auf einer der Hängematten die unter den Torbogen gespannt waren gesetzt. Von hier aus hatte man einen guten Blick in die Halle, und auf die schöne Wand mit den ausgestanzten Schmetterlingen und den Kerzen. Nebenan standen sogar ein paar Stühle und eine Bank neben einen alten Kamin.
"Ja das hat schon meiner Mutter gehört als sie klein war..."
Er lächelte.
"Oh kannst du mir die vorlesen, Tia Bianca?"
Antonio tippte auf einer Seite mit einem gemalten Bild.
Meine Augen weiteten sich bei dem Namen den er muir gab.
Ich lachte und strich ihn über der Wange.
"Tia?"
"Das kann man auch zu engen Freunde der Familie sagen..."
Warf Bruno ein.
Mein Herz wurde ganz warm dabei.
"Aww...wenn ich deine Übersetzungen nicht hätte."
Ich sah zu Bruno der mich nur lächelnd ansah, und dann von Mirabel weg gezogen wurde.
"Okay wir lassen euch dann mal allein."
Als die drei verschwunden waren, setzte ich mich zu den kleinen Antonio auf die Hängematte und sah ihn zu wie er die Seiten aufschlägt. Es war die Geschichte von Dornröschen.
"Möchtest du die hier gerne hören?"
Er nickte und legte mir das Buch auf den Schoß. Ich setzte mich im Schneidersitz so gut wie es bei dieser wackeligen Hängematte ging hin, und setzte Antonio auf meinen Schoß.
Ich blätterte bis zum Anfang der Geschichte und legte das Buch vor ihn auf die Beine.
"Okay bist du bereit? Stell dir die Geschichte vor und denk nicht mehr an den Traum ja?"
"Okay."
Ich fing an zu lesen, und obwohl ich mich zuerst verhaspelte bekam ich den dreh nach einiger Zeit raus.
Während ich mich konzentrierte die Stimmen möglichst so zu verstellen das sie zu den Figuren passten, spürte ich wie Antonio immer ruhiger wurde. Seine Finger die während ich las über die Wörter gestrichen sind, lagen jetzt am Rande des Buches. Sein Kopf der sich hin und her bewegt hatte lehnte jetzt an meiner Brust, und allgemein hatte ich das Gefühl das der kleine Wirbelwind bald einschlafen würde.
Ich lächelte und blätterte die Seiten um die schon teilweise gelb angelaufen waren. Dieses Buch hatte schon einige Kinderhände durchstehen müssen, aber immerhin hält es noch was es verspricht.
Ihn vorzulesen, daran könnte ich mich schon gewöhnen...
Nach einiger Zeit ging ich noch einmal die Treppe herunter, da ich plötzlich unfassbaren Durst verspürte. Als ich das Zimmer verließ und mich der Treppe näherte, hörte ich leise Biancas Stimme.
Am Treppengeländer hielt ich mich fest und schlich so leise wie möglich die Stufen herunter und hörte ihr zu.
Die Art wie sie las wirkte seltsamerweise beruhigend auf mich. Ihre zarte Stimme zusammen mit den Kerzen die einen orangen Schein auf sie warfen, schienen die Zeit still stehen zu lassen.
Ich konnte nicht anders als zu lächeln und trommelte nervös mit den Fingern auf das Eisen des Geländers. Ich hatte ihr immer noch nicht ihren Spitznamen gesagt. Was mich zurückhielt wusste ich selber nicht.
Dafür dachte ich jede Nacht daran was mir meine Vision vor so vielen Jahren sagen wollte. Warum hatte ich sie und mich zusammen gesehen? Wir sahen so...vertraut aus. Mich machte es verrückt es ihr nicht sagen zu können, dass ich sie gesehen hatte. Aber was sollte ich denn sagen? Ich würde sie doch bloß damit verschrecken oder? Sie hatte mir gesagt sie würde mich nicht verurteilen wegen dem was ich sehen würde, aber galt das auch für das was ich schon längst wusste?
Ich setzte mich auf der Treppenstufe und hörte ihr zu.
"...und sogar die Fliegen an der Wand, und der Koch der den Bengel an den Ohren ziehen wollte- ja sogar der Schlosshund der mit einer dicken Wurst im Maul davon rennen wollte, alles stand still. Kein Blatt regte sich in dieser Gegend, und der Prinz schien das einzig lebhafte an diesen Ort zu sein..."
"Sogar die Fliegen...?"
Murmelte Antonio leise.
"Ja sogar die Fliegen..."
Ich musste lächeln. Pepa war froh gewesen das Bianca Antonio übernahm. Sie konnte zum ersten mal an diesem Tag entspannen.
"...und dann sah der Prinz sie. Die Prinzessin des Königs, wie sie dort lag und friedlich schlief. Nichts konnte den Fluch brechen außer der Akt der Liebe. Und so ging er zu ihr und küsste sie sanft, als die Prinzessin ihre Augen öffnete als wäre sie erst vor kurzem und nicht schon vor hundert Jahre in einen tiefen Schlaf verfallen..."
Bianca verstummte und sah zu Antonio, der jetzt friedlich schlafend in ihrem Schoß lag.
"Träum schön dieses mal..."
Sagte sie und strich ihn über die Locken.
Ich mochte es wie gut sie mit den kleinen umgehen konnte. Ich dagegen hatte manchmal Schwierigkeiten damit die richtigen Wort zu finden, aber bei ihr sah alles so leicht aus.
Sie klappte das Buch zu und sah sich um, als ich aufstand.
"Du hast es wirklich geschafft..."
Sagte ich mit gedämpfter Stimme. Sie zuckte kurz und sah dann zu mir.
"Ja, hätte ich auch nicht gedacht."
Sie lachte leise. Ich nahm ihr das Buch ab, während sie mit Antonio auf dem Arm aufstand.
"Du kannst echt schön vorlesen...ich wäre beinahe mit eingeschlafen."
Scherzte ich, was sie zum lachen brachte.
"Ach fandest du? Ich war nie so gut darin...aber schön das es die Leute zum einschlafen bringt."
Sagte sie.
"Wenn jemand also nicht einschlafen kann, kommt einfach zu mir."
Ich ging mit ihr zur Treppe.
"Werde ich mir merken."
Sie sah über ihrer Schulter.
"Ich bring ihn lieber zurück in sein Zimmer bevor er wieder aufwacht. Bin gleich zurück"
Ich nickte.
Während sie die Treppe hoch lief, schaute ich mir ihr Buch an. Mit den Fingern strich ich über ihren kinderlich-geschriebenen Namen und musste lächeln als ich mir eine kleine Bianca vorstellte, wie sie mit dem viel zu großen Buch in den Händen zu ihrer Mutter tapst.
Hätte ich sie doch schon früher gekannt...
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Hier habt ihr einen kleinen, schüchternen Bruno ʕ•ᴥ•ʔ
Bis zum Nächsten Kapitel ♥♥♥
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εїз 𝕄𝕒𝕣𝕚𝕡𝕠𝕤𝕒 (𝙰𝚗 𝙴𝚗𝚌𝚊𝚗𝚝𝚘 𝙵𝚊𝚗𝚏𝚒𝚌𝚝𝚒𝚘𝚗) εїз
FanfictionDie 25 jährige Bianca zieht für ein Jahr in eine Gastfamilie, die anders ist als alle anderen. Es ist die Familie Madrigal, eine Familie die aus Menschen besteht die seit Kindesalter eine magische Gabe besitzen. Kaum dort angekommen, spielt die Casi...