Polternd lief ich die Treppe hoch und zog die Tür von Mirabel's Zimmer auf. Das Mädchen selbst war nicht mehr im Raum, die genähten Sachen lagen vergessen auf dem Tisch. Ich lief zu dem Stoffbündel und zog ihn von der Schneiderpuppe, warf noch einen letzten Blick auf mein Werk und atmete durch. Hoffentlich gefällt es ihn.
Wieder aus dem Raum, lief ich zu dem Mann der dabei war seine Ruana vom Kopf zu ziehen. Jetzt sah ich ihn zum ersten mal nur mit seinem dunkelroten Hemd und passender Hose. Sein Körper war dürr, und sein Hemd hing wie ein Stück Stoff auf einen Besenstiel.
Als er mich sah, verharrte er in seiner Bewegung.
"Eigentlich wollte ich es dir morgen geben, aber..."
Ich trat vor ihn und lächelte. Den Stoffbündel noch hinter dem Rücken versteckt zog ich es hervor und hielt es ihn vor der Nase.
"...ich dachte du könntest es jetzt schon gebrauchen."
Bruno sah mit großen Augen auf den Stoffbündel und nahm ihn in die Hand. Ohne etwas zu sagen begutachtete er die Ruana, klappte diese auf und ließ seinen Blick über den Stoff gleiten.
Unruhig fing ich an mit dem schon zerknüllten Einkaufszettel herum zu spielen, als Bruno plötzlich zu mir hoch sah.
"Deine....alte sah so zerschliffen und mitgenommen aus, ich dachte mir ich mache dir mal eine neue..."
Sagte ich und sah ihn schüchtern an, als er plötzlich auf mich zu kam und mich stürmisch umarmte. Erschrocken taumelte ich einen Schritt zurück, aber nahm die Umarmung an.
"Das hast du wirklich für mich gemacht?"
Fragte er und zog zurück. Seine Augen glänzten.
"Ja natürlich. Ich dachte ich mache dir eine Freude."
"Die ist dir auf jeden Fall gelungen, sie sieht großartig aus!"
Er hob abermals den Stoff hoch und begutachtete sie.
"Mir hat noch nie jemand solch ein schönes Geschenk gemacht..."
Er sah zu mir, und ich spürte wie rot ich wurde. Zum Glück stand ich mehr im Schatten, sodass er es hoffentlich nicht bemerkte.
"Ach was, aber es freut mich das es dir gefällt."
Ich lächelte breit.
"Jetzt kannst du ohne bedenken den alten zum trocknen Aufhängen."
Ich hob seinen alten hoch und schüttelte diesen aus.
"Ich glaube den werde ich eine ganze Weile nicht mehr brauchen..."
Bruno blickte strahlend zu mir.
"Danke Mariposa."
Ich lachte.
"Keine große Sache."
Winkte ich ab, Bruno's Miene wurde etwas ernster.
"Doch, ganz große Sache. Ich hätte nie gedacht das sich jemand so viel Mühe für mich geben würde..."
Ich strich ihn über der Schulter.
"Doch auf jeden Fall, schon vergessen? Du verdienst mehr als das was war..."
Er lächelte leicht und nickte langsam.
"Wie sieht ihr zwei den aus?!"
Julieta stand am Türrahmen und sah uns mit einer Hand in der Hüfte gestemmt an.
"Ich danke euch das ihr zum Markt gegangen seit, aber jetzt zieht euch um sonst werdet ihr noch krank!"
Sie nahm mir den Korb aus der Hand und drückte uns an der Schulter voran.
"Na macht schon, dann könnt ihr mir gleich beim Kochen helfen!"
Wir mussten unser Lachen verkneifen, als wir die Treppen hoch liefen.
"Ist ja gut, wir kommen gleich!"
Rief Bruno seiner Schwester zu.Nachdem wir uns umgezogen hatten, traf ich Bruno ein paar Minuten später in der Küche an. Er trug tatsächlich seine neue Ruana, die ihn gut stand wie ich fand. Ich war froh das ich die Größe gut getroffen hatte, und musste lächeln als Camilo ihn fragte woher er sein neues Kleidungsstück her hatte.
"Das hat mir Mariposa genäht, schick oder?"
Sagte er stolz und Camilo drehte den Kopf grinsend zu mir.
"Ah na klar von wem denn sonst."
Er wackelte mit den Augenbrauen, was mich nur zum Kopfschütteln brachte.
Plötzlich wurde die Luft von Schreien zerissen, was alle in diesem Raum zum zusammenzucken brachte.
"Was war das?"
Camilo sah sich um.
"Das klang nach einem Schrei..."
Warf Luisa ein, als plötzlich Dolores hereingeplatzt kam.
"Im Dorf ist ein Blitz ausgebrochen, etwas brennt!"
Wir sahen sie geschockt an, als Abuela hinter ihr auftauchte.
"Wir müssen denjenigen helfen bevor es zu spät ist!"
Alle setzten sich in Bewegung, und so trommelten wir alle zusammen und stürmten zu zwölft aus der Casita ins Dorf. Der Regen hatte sich in Sprühregen verwandelt, und schon als wir das Dorf betraten, konnte ich die hohen Flammen welches aus einer der Häuser emporstieg erkennen. Kinder schreiten, die Erwachsenen brüllten durcheinander.
Wir liefen zu fünf Personen die direkt davor standen, und hilflos empor blickten.
"Geht es Ihnen gut?"
Fragte Isabela den Mann der mit großen Augen durch seiner Brille blickte.
"Ja...aber ich befürchte es ist noch wer im Haus!"
"Was?!"
Riefen Pepa und Luisa im Chor.
"Meine Kinder sind da noch drin! Lassen sie mich verdammt nochmal los!"
Ich drehte den Kopf und suchte nach der Stimme. Eine Frau mit Rasterzöpfen und einem roten Haarband zerrte ihren Arm aus dem Griff von zwei Männern.
"Sie können da nicht rein!"
Rief der eine, der zweite versuchte sie zu beruhigen.
"Was machen wir denn jetzt?"
Fragte Camilo und reckte den Hals.
"Vielleicht können wir das Feuer teilweise löschen um herein zu kommen..."
Fing Mirabel hinter uns an.
"Nein das wird nicht funktionieren..."
Warf Félix ein.Während sich die Familie mit den Leuten außerhalb besprach, dauerte mir all das zu lange.
Unruhig sah ich hin und her, zu den Männern, den anderen Leuten die geschockt auf die lodernden Flammen blickten- zu der Frau. Sie rief hilflos und versuchte sich immer noch los zu reißen, doch ihre Kraft schwand von Sekunde von Sekunde. Ihre Tränen hinterließen Schimmer auf ihrer dunklen Haut, diese sich in den Flammen wieder spiegelten.
Wir konnten sie doch nicht einfach dort stehen lassen und dabei zusehen wie das gesamte Haus samt ihrer Kinder abbrannte!
Wie automatisch wurde mein Blick zu Bruno gelenkt, der neben mir stand und genauso verzweifelt mit sich ringend auf die Flammen starrte. Plötzlich sah er zu mir und ich schluckte.
Vielleicht war es die reinste Naivität die mich dazu brachte, oder das Mitgefühl der Mutter bei dessen Anblick es mir das Herz zerschnitt sie so leiden zu sehen. Oder vielleicht war es auch einfach nur Dummheit- aber wenn ich mir vorstellte ich wäre an der Stelle der Mutter, vor einem Haus welches dabei war in seinen Flammen zugrunde zu gehen, und ich wüsste es wären meine Kinder die mit den Flammen mitgerissen werden würden- könnte ich dies nie verkraften.
Plötzlich fiel mir der Moment ein als ich mit Antonio auf der Hängematte saß, seine kleinen Hände, sein lachen, die unschuldige Art eines Kindes...er hatte noch sein ganzes Leben vor sich, so wie diese Kinder. Ich konnte sie nicht sterben lassen. Nicht wenn ich hier war.
Bruno's Blick ließ durchschimmern das er bereits ahnte was ich vorhatte. Es war als wenn er meine Gedanken lesen konnte, als sich seine Augen weiteten und er langsam den Kopf schüttelte.
Ich starrte ihn an, und schluckte schwer.
"Ich muss es wenigstens versuchen."
Sagte ich, während meine Beine wie von selbst anfingen auf das brennende Haus zu zu rennen...
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Bis zum Nächsten Kapitel ♥♥♥
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εїз 𝕄𝕒𝕣𝕚𝕡𝕠𝕤𝕒 (𝙰𝚗 𝙴𝚗𝚌𝚊𝚗𝚝𝚘 𝙵𝚊𝚗𝚏𝚒𝚌𝚝𝚒𝚘𝚗) εїз
FanfictionDie 25 jährige Bianca zieht für ein Jahr in eine Gastfamilie, die anders ist als alle anderen. Es ist die Familie Madrigal, eine Familie die aus Menschen besteht die seit Kindesalter eine magische Gabe besitzen. Kaum dort angekommen, spielt die Casi...