XXI

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Die Vibration meines Handys riss mich aus meinen Gedanken. Schnell nahm ich den Anruf entgegen, ohne auch nur auf den Namen zu achten, ehe Jared wieder aufwachte. Er hasste es, wenn ich ihn weckte – oder wenn ich noch da war, wenn der Rausch nachließ. Beides Situationen, die ich vermeiden wollte.

„Sky!" Ich schluckte. Verdammt! Ich hätte den Anruf einfach wegdrücken sollen. Schnell verließ ich das Wohnzimmer in Richtung Eingangstür.

„Lijah. Wieso bin ich nicht überrascht, dass du meine Nummer hast?"

„Wo bist du?" Genervt fuhr ich mit meinem Daumen und Zeigefinger über mein Nasenbein. Er würde einfach nicht locker lassen... Seufzend schloss ich die Augen.

„Ich bin unterwegs."

„Deine Schicht hat schon vor zwei Stunden geendet. Wieso bist du nicht zu Hause?"

„Ich will gar nicht wissen, woher du das weißt, oder?"

„Sky." Die Stimme meines älteren Bruders wurde mit einem Mal sanfter. „Bitte lass uns reden. Kein Zwang und kein Wegrennen. Einfach nur du und ich." Etwas in dem Ton seiner Stimme ließ meinen Magen verkrampfen. 

Er bemühte sich und ich... mein Blick fiel hinter mich auf den Zugang zum Wohnzimmer. 

Warum konnte Jared nicht auch so sein?

„Okay." Das Wort hatte meinen Mund verlassen, bevor ich weiter darüber nachdenken konnte

„Café Südpol. In einer Stunde, okay?"

„Ja, Lijah. Das schaffe ich. Ich..."

„Was zur Hölle?!" Erschrocken sah ich, wie Jared in die Tür zum Wohnzimmer trat. Seine Augen waren rot und weit aufgerissen. Wut stand in seinen Zügen, als er die Fäuste ballte und am gesamten Körper zu beben begann. Ich schluckte. Das war nicht gut. Gar nicht gut.

„War das...?", hörte ich Lijahs Stimme am anderen Ende der Leitung.

„Sky du verdammte Schlampe! Du hast Kontakt zu ihm?! Wirklich?! Nach allem, was er uns angetan hat?!" Mein Herz raste, als Jared sich plötzlich in Bewegung setzte und auf mich zu kam. Seine Schritte waren nicht mehr so sicher wie vor den Tabletten, aber sein Zorn trieb ihn an. Und das war keine gute Mischung. Überhaupt nicht.

„Was ist da los?!" Ich drückte Lijah weg, bevor ich etwas sagte, was ich bereute. Keine Sekunde ließ ich Jared aus den Augen. 

Er war wie Lijah. 

Wie unser großer Bruder und doch so anders. 

Jared war früher der Ruhepol gewesen. Die gute Seele der Familie – und Schutzschild. 

Jetzt aber war er wie ein Orkan, der mich ohne mit der Wimper zu zucken vernichten würde.

 Und deshalb tat ich das einzige, was ich tun konnte. Ich wirbelte herum und rannte los.

„SKY!" Die Stimme meines zweiten Bruders hallte mir nach, als ich die Tür aufriss und ins Treppenhaus stolperte. „BLEIB HIER! ICH WILL EINE ERKLÄRUNG!" Er wollte mich ins Koma prügeln, dessen war ich mir vollkommen sicher. Jared hatte keinerlei Kontrolle über sich, wenn er in diesem Zustand war. Schwester oder nicht – er würde sich nicht einmal um mich kümmern, wenn ich zu seinen Füßen verblutete. Nicht in dieser Verfassung.

„Wir reden das nächste Mal", versprach ich ihm, ohne zurückzusehen. „Es ist ganz anders, als du denkst."

„Ich denke, du rennst zurück zu deinem Lieblingsbruder!", zischte Jared. In der Türschwelle war er sehen geblieben und sah zu mir, als ich den nächsten Treppenabsatz nahm. In seinen Augen lag purer Hass. 

Hass und Abscheu. 

Und nur die Hälfte davon galt mir.

„Das stimmt nicht." Ich stoppte in meiner Bewegung und sah nach oben zu Jared, der nur mit einem leidenden Grinsen den Kopf schüttelte.

„Es ändert sich eben nie. Egal, was ich für dich getan habe." 

Ich wollte etwas erwidern, doch da hatte Jared auch schon die Tür hinter sich zugeschlagen. Seufzend legte ich den Kopf in den Nacken. Die letzten vierundzwanzig Stunden waren der reinste Albtraum gewesen und obwohl ich diejenige war, die übermüdet, gestresst und verprügelt worden war, fühlte ich mich so, als wäre ich diejenige, die alles falsch gemacht hatte.

Vermutlich war es auch so. 

Aber dieses Mal würde ich mich nicht davon unterkriegen lassen.

Dieses Mal würde ich kämpfen und ich würde alles wieder richtig machen. 

Einfach alles.

Skylar - Sei meinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt