XXXIV

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„Wer zur Hölle sind die Dragons?", fragte ich zum gefühlt tausendsten Mal, während Blake mich am Ellbogen durch den Club zog. „Und was soll das?" Der Kugelhagel hatte vor einigen Minuten gestoppt, aber trotzdem waren alle Biker in höchster Alarmbereitschaft. Sie hatten unter Tischen, dem Tresen und Stühlen Waffen hervorgezogen und sich an den Fenstern und Türen der Bar positioniert. Die Huren hatten endlich einmal ihren Körper bedeckt und waren hinunter in den Keller geflüchtet. Zu meinem Leidwesen war das der Bereich, in den Blake mich auch gerade zog.

„Die Dragons sind ein Club, der uns schon lange unsere Geschäfte streitig machen will. Sie verkaufen Drogen in unserem Gebiet und stehlen unsere Waffenlieferungen."

„Das beruht sicherlich auf Gegenseitigkeit", erwiderte ich, während ich mich endlich aus Blakes Griff reißen konnte. Ich war mir sicher, dass er blaue Flecken hinterlassen würde. Genervt knurrte Blake auf, doch ehe er etwas erwidern konnte, trat Kai zu uns.

„Prez." Blake nickte ihm zu.

„Was gibts, Tech?"

„Die Kameras zeigen deutlich, dass sie noch draußen sind. Keine Ahnung, warum sie aufgehört haben, zu ballern, aber nichts hält sie davon ab, weiterzumachen."

„Was wollen sie?"

„Keine Ahnung, Prez. Sie sind ruhig und warten. Sollen wir raus?" Blake schüttelte den Kopf.

„Nein, erst einmal bringen wir die Frauen in Sicherheit und dann werden wir..." In diesem Moment begann die nächste Angriffswelle. Kugeln schossen durch die Luft und Geschrei ertönte. Blitzschnell packte Blake mich und presste mich an die Wand. Ich wusste, dass es hierbei bloß um meinen Schutz ging, doch ich konnte nicht verhindern, dass mir die Röte ins Gesicht stieg, als er mir so nahe war.

„Knallt jeden der Dreckskerle ab, die euch vor die Flinte kommen!", schrie Blake wutentbrannt über den Lärm. „Und du..." Grob packte er mich am Kinn und sah mir direkt in die Augen. „Du gehst die Treppe hinunter in den Bunker zu den anderen Frauen."

„Ich kann helfen", stritt ich, woraufhin Blakes Griff fester wurde, ehe er die letzten Millimeter überwand und seine Lippen auf die meinen presste. Der Kuss war kurz, hart und dominant. Ein klares Statement zu meinem Einwurf.

„Geh!" Alles in mir sträubte sich. Mein Vater hatte mir gezeigt, wie man schoss, bevor ich lesen konnte. Eine Waffe hatte so lange zu meinem Leben gehört, dass ich mir in der ersten Zeit ohne sie vollkommen leer vorgekommen war. Jetzt zu den Frauen in den Keller gesperrt zu werden, kam mir so falsch vor, dass ich mich nicht bewegen konnte.

„Sniper!", brüllte Blake genervt und ehe ich reagieren konnte, kam mein Bruder auf mich zugestürmt, warf mich über seine Schulter und trug mich hinunter in den Keller.

„Schwester, es reicht." Elijahs Stimme war hart und unnachgiebig, während ich zusah, wie Blake sich hinter die Theke duckte und Befehle schrie.

„Du weißt, dass ich helfen kann", erwiderte ich störrisch.

„Ein anderes Mal, Sky." Ich hörte, wie Elijah an eine Tür klopfte, die sich danach geräuschvoll öffnete. Mit Schwung warf er mich vor sich zu Boden, sodass ich schmerzerfüllt aufstöhnte und meinem Bruder einen finsteren Blick schenkte. Dieser stand, ohne eine Miene zu verziehen, in der Türschwelle. „Heute bleibst du brav hier unten bei den Frauen und leckst deine Wunden."

„Lijah!", brüllte ich, als die Tür auch schon wieder geschlossen wurde und mein Bruder verschwand. „Verdammt!" Wütend erhob ich mich. Der Raum war groß, spärlich beleuchtet und mit einzelnen Regalen ausgestattet, in denen ich unterschiedlichste Konserven und Wasserflaschen erkennen konnte. Huren saßen an den Wänden, weinten, wimmerten oder unterhielten sich leise. Seufzend schritt ich zu einer leeren Stelle, lehnte mich an den kalten Stein und schloss die Augen. So ein scheiß Tag!

„Du musst die Old Lady vom Prez sein." Genervt öffnete ich ein Auge und sah die blauhaarige Schönheit vor mir, die uns die Getränke serviert hatte. Ein ehrliches Lächeln schlich sich auf meine Züge. Wenigstens keine Hure.

„Das behauptet er zumindest", erwiderte ich schulterzuckend. „Und du bist..."

„Ronnie."

„Die Bardame." Ronnie nickte grinsend.

„Und die Old Lady von Bear." 

„Bear?", fragte ich, während ich an der Wand hinab rutschte und mich auf den kühlen Boden setzte. Ronnie nahm neben mir Platz.

„Ja, er ist der Türsteher vor einem der Clubs. Du kennst vielleicht..." Als ich auflachte, unterbrach Ronnie sich selbst. Fragend hob sie eine Augenbraue in die Höhe.

„Entschuldige. Aber mein erster Gedanke war, dass er wie ein Bär wirkt, als ich mich mit ihm angelegt habe. Dass er jetzt wirklich Bear heißt..." Auch Ronnie lachte auf.

„Du hast dich mit ihm angelegt?"

„Er wollte mich nicht in den Club lassen, obwohl ich nur eine Freundin da raus holen wollte. Hat gemeint, ich wäre nicht nuttig genug angezogen." Ronnie kicherte.

„Ja, das hört sich nach meinem Johnny an. Du kannst..." Ein weiterer Donner ertönte, der sich nicht nur nach einer Kugel anhörte.

„War das...?", fragte Ronnie leise. Ich nickte, während das Geschrei der Huren immer lauter wurde.

„Eine Explosion", murmelte ich und ließ meinen Blick durch den Raum wandern. 

Ich brauchte eine Waffe... Irgendetwas!

„Fuck", fluchte Ronnie laut auf.

„Ja", erwiderte ich ernst, als ich mich erhob. „Sie sind drin."

Skylar - Sei meinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt