Ich unterdrückte die Tränen, die sich aus meinen Augen stehlen wollten, als Jax' Hände unter mein Shirt fuhren und sanft meine Haut zu streicheln begannen. Seine Finger waren rau und kalt und so unangenehm, dass ich mich am liebsten übergeben hätte.
„Du bist so schön, Sky", murmelte Jax, während er zarte Küsse auf meinen Hals hauchte.
„So wunderschön." Angewidert drehte ich meinen Kopf zur Seite, was dem Biker jedoch nur noch besseren Zugang gewährte. „Und gänzlich mein." In einem Ruck zerriss Jax mein Shirt, woraufhin ich erschrocken aufschrie. Er packte mich und warf mich auf sein Bett, ehe er über mich stieg.
„Ich werde dafür sorgen, dass du jeden anderen Mann vergisst, Baby." Jax küsste meinen Bauch hinauf zu meiner Brust. Wie gerne hätte ich ihn von mir gestoßen oder angeschrien, doch ich wusste, dass ich keine Chance gegen ihn hatte.
Aber ich musste etwas tun.
Irgendwas ...
„Du wirst so laut meinen Namen schreien, Baby, dass jeder im Clubhaus auch ohne Tattoo weiß, wem du gehörst. Du bist mein, Skylar. Endlich und einzig mein." Ich schluckte und öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, als Jax' Finger unter meinen BH fuhren. Ich wollte schreien, wüten, toben. Aber ich war wie erstarrt.
Nicht schon wieder.
Ich konnte das nicht schon wieder.
„Baby..."
„VP!", brüllte plötzlich jemand, ehe er an die geschlossene Tür hämmerte. „VP!"
„WAS?!", schrie Jax zurück, ohne in seinem Tun zu stoppen.
„Prez will dich sehen."
„Bin beschäftigt." Obwohl der Fremde ihn nicht sehen konnte, kniff Jax in meine Brust und entlockte mir dabei ein Stöhnen. Er besah mich mit einem siegessicheren Grinsen, was ich ihm am liebsten aus dem Gesicht geschlagen hätte. Jax schien meine Reaktion auf seine Bemühungen nicht zu gefallen, denn seine Augen funkelten wütend auf.
„Reaper!" Mit einem Ruck wurde die Tür aufgerissen und ein Biker betrat den Raum, den ich vorher noch nie gesehen hatte. Er war älter – Mitte 40 vielleicht – hatte lange, ungepflegte, schwarze Locken und tiefe Furchen in seinem Gesicht, die verrieten, dass er schon mehr gelitten hatte, als es jemand tun sollte. Vielleicht hätte ich deshalb Mitleid mit ihm haben sollen, doch dieses Funkeln in seinen Augen hielt mich davon ab. Das, was er hatte, während er meinen halbnackten Oberkörper musterte, als wäre er Frischfleisch. Dieser Typ bescherte mir eine Gänsehaut, während er sich über seine gelben Zähne leckte und seine Hände vor seinem dicken Bierbauch verschränkte. Enforcer stand auf seiner Jacke direkt unter >Tongue<. Ich war mir relativ sicher, dass ich gar nicht wissen wollte, woher sein Roadnamen stammte.
„Tongue, wenn du meine Old Lady auch nur noch eine Sekunde so anstarrst, werde ich dir deine Augen ausstechen."
„Sei nicht so, VP." Tongue leckte sich grinsend über seine Lippen. „Du hast doch sonst auch nichts gegen teilen. Die Kleine hat mehr als ein Loch zum..." Mit einem Satz war Jax auf den Beinen und direkt vor seinem Kameraden. Seine Waffe zwischen seinen Augen.
„Noch ein Wort", zischte er bedrohlich. „Und ich suche einen neuen Enforcer." Tongue lachte auf
„Du bist langweilig, Reap. Aber falls du dich umentscheidest, weißt du ja, wo du mich findest."
„Zwischen Cherrys Schenkeln?"
„Genau da!", rief Tongue lachend, ehe er Jax auf die Schultern klopfte. Ignorierten die beiden Männer nun einfach die Tatsache, dass einer von ihnen dem anderen eine Waffe an den Kopf drückte. Als ob sie meine Gedanken gehört hätten, senkte Jax seine Hand.
„Ich habe zu tun, Tongue", erklärte er trocken. „Verschwinde!"
„Du kannst dein Weib ein anderes Mal einreiten", erwiderte Tongue grinsend, während er mich ein weiteres Mal gierig musterte. „Der Prez wartet nicht gerne und das weißt du." Jax knurrte auf, ehe er ein Shirt packte, das neben ihm auf dem Stuhl lag und es mir zuwarf, ohne mich anzusehen. Es war mir egal, dass es nach ihm stank oder dass es viel zu groß war. Ich war einfach nur froh, Tongues Blicken entgehen zu können.
„Sie ist meine Old Lady, also behandel sie mit Respekt", fauchte Jax, während auch er sich etwas überzog.
„Sie ist eine Frau."
„Sie ist meine Frau und keine deiner Huren."
„Noch nicht." Kaum dass Tongue das ausgesprochen hatte, landete auch schon Jax' Faust in seinem Gesicht. Wäre ich nicht in einem Bikerclub aufgewachsen und wäre dieser Typ nicht so widerlich gewesen, wäre ich vielleicht aufgesprungen, um Tongue zu helfen. So aber saß ich einfach nur da, während Jax immer wieder auf ihn einschlug und tat. Zuerst versuchte Tongue, sich zu wehren, doch er war zu schwach, um seinem VP etwas entgegenzusetzen. Und so krümmte er sich nach wenigen Minuten wimmernd am Boden, ehe Jax auf ihn spuckte und dann zurücktrat. Seine Knöchel waren aufgeplatzt und Blut klebte an ihnen. Ob es das seine oder das von Tongue war, war mir eigentlich egal. Am besten wäre es gewesen, wenn sie sich gegenseitig ins Koma geprügelt hätten. Aber leider waren ihre Kräfte nicht ausgeglichen gewesen.
„Lerne Respekt, Tongue", fauchte Jax. „Oder begegne deinem Tod." Mit diesen Worten packte er mich am Arm und zog mich mit einem Ruck vom Bett.
„Was...?", stammelte ich, doch nur ein Blick in Jax' wütendes Gesicht ließ mich verstummen.
Der Jax von früher hätte mir nicht weh getan, das wusste ich.
Aber der Jax von früher hätte mich auch nicht gegen meinen Willen berührt.
Er hätte seinen besten Freund nicht angegriffen und niemals seinen eigenen Club verraten.
Der Mann, der mich nun aus dem Zimmer zog, und noch ein letztes Mal auf seinen am Boden liegenden Bruder eintrat, war nicht einmal mehr annähernd der Junge, den ich einst meinen Freund genannt hatte.
Stattdessen war er etwas gänzlich anderes.
Ein weiterer wahr gewordener Albtraum, der mein Leben bereicherte.
Nicht mehr und nicht weniger.
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Skylar - Sei mein
RomanceSeit Jahren ist Skylar allein und genau das ist es auch, was sie will. Schließlich hat sie in der Vergangenheit genug durchgemacht, um nicht mehr allzu leicht vertrauen zu können. Doch als endlich alles wieder gut zu werden scheint, taucht ihr Brude...