XLIX

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Mir war eiskalt und die feuchte Luft tat ihr nötigstes, um meinen Zustand noch zu verschlimmern. Wir standen in einer alten Lagerhalle, die jedes Klischee eines Austauschortes erfüllte. Es war dunkel, miefig und nass. Der Putz fiel schon so lange von den Wänden, dass er an den Enden bereits geschimmelt war. Die Balken, die aus den Wänden, der Decke und teilweise zerbrochen am Boden lagen, waren vermodert und nur einen Hauch davon entfernt, zu Staub zu zerfallen. Oder in ihrem Fall zu Matsch. Löcher in den Wänden und der Decke ließen die kalte Luft der anbrechenden Nacht in den Raum hinein und jagten einen Schauer über meine halb bedeckte Haut. Jax war erst knapp vor unserer Abfahrt wieder an mich heran gekommen, aber er hatte diese kurze Zeit genutzt, um mich zu markieren, wie er es genannt hatte. Ich trug eines seiner Shirts, das mir zum Glück bis zu den Knien reichte und ansonsten nichts. Keine Hose, keine Schuhe - nicht einmal Unterwäsche. Es war meine Bestrafung - so hatte Jax es betitelt. Die Fahrt hierher war bereits unglaublich unangenehm gewesen. Auch wenn ich dort wenigstens seine Jacke über den Schultern getragen hatte. Am liebsten hätte Jax sie mich auch weiterhin tragen lassen, um Blake und seinen Club zu provozieren, aber das hatte sein Präsident nicht erlaubt. Dass er mir so viele Knutschflecken wie möglich verpasste, jedoch schon. Mir war es egal. Ich wollte einfach nur noch in ein warmes Bett mit einer heißen Schokolade und mindestens drei Paar flauschigen Socken. Denn meine nackten Füße auf dem eiskalten Steinboden brannten bereits. Tränen wollten sich in meine Augen schleichen, die ich aber vehement zurückdrängte. Nein. Ich hatte gestern nicht geweint. Nicht einmal, als Tongue mich in diese kleine, geflieste Zelle geworfen und mir gesagt hatte, was er am liebsten alles mit mir angestellt hätte, wenn der Prez es nicht verhindert hätte. Ich erschauderte.

„Keine Angst, Baby. Bald bist du wieder bei mir, ich verspreche es." Jax schlang seine Arme um mich und zog mich an seine Brust. Ich wollte es nicht - aber ich genoss die Wärme, die er mir dadurch schenkte.

„Du wirst ihn nie wieder sehen müssen, Darlin'." Ich konnte die Erleichterung gar nicht beschreiben, die mich durchflutete, als Blake durch die Tür schritt und mit ihm Elijah und David. Ich hatte so oft gebetet, ihn nie wieder sehen zu müssen, und nun war er wie ein Engel, der gekommen war, um mich aus meiner ganz persönlichen Hölle zu befreien.

„Alpha." Die Stimme von Jax' Prez hallte durch den leeren Raum. „Wo ist meine Leila?" In diesem Moment trat Bear durch die Tür. An seinem Arm hing eine Schönheit, die in jedem Modemagazin mit Leichtigkeit Platz gefunden hätte. Sie hatte schulterlange, blonde Locken, dunkelgrüne Augen und eine kleine Stupsnase. Ihre Beine waren unglaublich lang und ihr restlicher Körper schien durchtrainiert. Sie trug eine simple Jeans und einen roten Pullover, der sie schön warm halten musste. In ihren Zügen jedoch lag eine Angst, die allein auf den Biker gerichtet war, der sie seine Queen genannt hatte. Der, der ohne Probleme ihr Vater hätte sein können. Oder Großvater. Wer wusste das schon.

„Anton." Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, als ich sah, wie der Angesprochene vor Wut zusammenzuckte. Nicht einmal hier war Blake ihm gegenüber respektvoll. Ein plötzlicher Schmerz ließ mich aufschreien. Nicht einmal im Bruchteil einer Sekunde hatten alle Biker ihre Waffen gezogen und aufeinander gerichtet. Wütend funkelte ich Jax an, der mir eben noch in die Seite gekniffen hatte.

„Ich will meine Old Lady."

Blakes eiskalter Blick galt einzig und allein dem Biker, der nach wie vor seine Arme um mich geschlungen hatte. Plötzlich war nicht einmal mehr seine Wärme angenehm.

„Und ich will die meine." Ich hörte, wie Leila leise aufschluchzte und augenblicklich lag mein Blick auf ihr. Sie mochte wunderschön sein, doch die Traurigkeit in ihren Augen zeigte, wie gebrochen sie war. Heilige Scheiße, ich kannte diesen Blick.

„Ein Teil unseres Deals war es, dass Skylar nichts geschieht." Der Ton in Blakes Stimme ließ sogar mich erschaudern.

Er war unzufrieden.

Und irgendetwas sagte mir, dass das hier nicht gut ausgehen konnte.

Hoffentlich lag ich falsch.

„Sie lebt. Und keiner meiner Männer hat sie angerührt... Zumindest nicht mehr als notwendig." Ein schmieriges Grinsen legte sich auf Antons Lippen, während seine Männer laut auflachten. Einschließlich Jax, der mir zeitgleich einen Kuss auf den Kopf hauchte. In diesem Moment ertönte ein Schuss und das Chaos brach los. Ich hatte nicht einmal eine Ahnung, wer auf wen geschossen hatte. Jax stieß mich von sich, wodurch ich ungebremst auf dem harten Steinbogen aufschlug. Irgendwer sprang über mich hinweg und packte den Mann hinter mir. Schreie waren zu hören. Schüsse. Und Schmerz. Blut spritzte auf mich, das nicht zu mir gehörte. Schluckend drückte ich mich auf die Beine und sah mich um. Es ging alles so schnell, dass ich gar nicht wusste, was zuerst geschah. Aus allen Ecken stürmten Biker herbei, die aus beiden Clubs stammten. Wahrscheinlich hatten sie auf ein Signal gewartet, um einzugreifen. Keiner der Präsidenten schien den Deal wirklich eingehen zu wollen. Aber warum? Ich hob meinen Kopf und sah mich um. Automatisch suchte ich nach Blake oder nach meinem Bruder. Doch ich sah keinen von beiden in der Dunkelheit der Halle. Ein Schluchzen ließ mich aufsehen. Vor mir hinter einer alten Kiste kauerte Leila und im Gegensatz zu mir suchten ihre Augen nicht nach Verbündeten. Sie hatte ihre Hände über den Kopf geschlungen und wiegte sich schluchzend hin und her. Ohne weiter darüber nachzudenken, kroch ich mit blutenden Knien über den Boden hinweg zu der jungen Frau. Keiner der Männer hielt mich auf, sodass ich wenige Sekunden später direkt neben Leila saß. Mein Körper zitterte vor Kälte und Unsicherheit, aber um die Frau vor mir machte ich mir mehr Sorgen.

„Hey", flüsterte ich, als ein weiterer Schuss erfolgte und Leila zusammenzucken ließ. Tränen liefen wie Bäche ihre Wangen hinab und Schluchzer ließen ihren Körper erbeben. Schnell schlang ich meine Arme um sie. Erst erstarrte sie durch die Intimität, doch dann ließ sie sich in meine Umarmung fallen und klammerte sich an mich.

„Hey", murmelte ich wieder. „Keine Angst, alles wird gut." Vehement schüttelte Leila den Kopf, als sie ihn immer fester in meinen Nacken drückte.

„Niemals wird alles gut", schluchzte sie. „Niemals. Niemals. Niemals." Tief atmete ich ein und sah mich um, während ich Leila näher an mich presste. Was zur Hölle war mit ihr geschehen? Mein Blick fiel auf Jax' Präsidenten, der gerade wild um sich schoss. David lag einige Meter von ihm entfernt am Boden. Er blutete aus einer Wunde am Bein, aber er lebte. Sein Gesicht war vor Schmerz verzogen und am liebsten wäre ich zu ihm gerannt, um ihm zu helfen, doch das war unmöglich.

„Dave!", schrie ich, woraufhin Leila in meinen Armen zusammenzuckte. Ihr Gemurmel verschwand, aber ihr Griff um mich wurde nur noch stärker. Mein Geschrei riss die Aufmerksamkeit vieler Biker auf mich - allen voran Anton. Der Präsident der Dragons riss seine Waffe herum und richtete sie mit einem siegessicheren Lächeln auf mich. Es war ihm anscheinend egal, dass ich seine Old Lady im Arm hielt, die sich immer und immer dichter an mich drückte. Irgendwie schaffte ich es, mich ein Stück vor sie zu drängen, ohne den Blick von ihrem Old man abzuwenden. Antons Grinsen wurde breiter und seine Mundwinkel bewegten sich, doch ich konnte nicht hören, was er sagte.

Ich sah nur den Lauf seiner Waffe, der noch immer glühte, und das Blut an den Händen des wütenden Bikers.

Und dann ertönte ein letzter Schuss.

Skylar - Sei meinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt