Ich hörte bis zum Verhandlungstag mit Pegasus nichts mehr von ihr. Während ich im Vorraum saß, dachte ich über die letzten Wochen nach.
Von Mokuba erfuhr ich, dass sie gerade im Prüfungsstress war und sich auch nur selten bei ihm meldete. Außerdem war sie für diverse Termine mit ihrem Chor gebucht worden, darunter auch ein Turnier von Pegasus, zu dem ich ebenfalls eingeladen war. Dieses würde allerdings erst nach den Verhandlungen stattfinden. Aber bis dahin mussten sie und ihr Chor sich extrem gut vorbereiten und waren mehr als gestresst. Was auch der Tatsache geschuldet war, das deren eigentliche Hauptsängerin sich immer seltener zeigte oder gar die Proben schwänzte. Und aus diesem Grund war Lisa noch mehr im Stress, denn sie musste nun den Part der Hauptsängerin komplett ausfüllen und das zusätzlich zu ihrer Schule. Natürlich hatte sie dann keine Zeit mehr für mich oder Mokuba. Das Ganze beruhigte mich ein wenig. Aber dennoch ging mir ihre Ansage nicht mehr aus dem Kopf. Hatte ich sie tatsächlich nur als Statussymbol gesehen?
„Mister Kaiba. Mister Pegasus ist nun bereit für die Verhandlungen.", erklärte mein Sekretär Roland und riss mich so aus meinen Gedanken. „In Ordnung. Dann beginnen wir.", sagte ich, raffte meine Aktentasche und ging in den Verhandlungsraum. Und dort erlebte ich eine Überraschung. Meine Miniatur-Ausgabe der Hologramm-Arena war angeschlossen und darin befand sich eine Karte, die sich visualisiert hatte. Und um diese Ausgabe saßen Pegasus und Lisa. „Ich liebe diese Toon-Karten. Sie lassen mich ein wenig meine Kindheit spüren. Man fühlt sich richtig in diese Zeit zurück versetzt.", erklärte Lisa, die nicht einen Moment von der Figur ablassen konnte. Darin befand sich eine Toon-Meerjungfrau, die sich ihre Haare kämmte. Ich hatte mir erlaubt, den Karten mit einem gewissen Code in der Visualisierung eigene Bewegungen zu geben. Je nach Typ, Wesen und Stärke.
„Genau deswegen habe ich die Toon-Welt erschaffen. Ich war als Kind begeistert davon und ich wollte diesen Teil der Kindheit erhalten.", erklärte Pegasus. „Und dank Seto Kaiba kann ich diese Toons noch realer erleben.", schwärmte er weiter. „Das seh ich auch so. Ich bin gespannt, wie es mit den größeren Plattformen dann aussieht.", meinte Lisa und seufzte glücklich. So hatte ich sie lange nicht mehr gesehen. So entspannt und zufrieden.
„Ah, Mister Kaiba. Schön das Sie auch schon da sind. Ihre Freundin ist wirklich bezaubernd. Sie war schon etwas eher da und da haben wir uns schon mit Ihrem Modell beschäftigt. Ich muss sagen, ich finde das total toll. Und ideal für Duel Monsters.", erklärte Pegasus, nachdem er mich begrüßt hatte.„Das freut mich zu hören, dann können wir ja zum geschäftlichen Part übergehen.", sagte ich und kramte die Vertragsunterlagen aus. Während ich die Einzelheiten mit Pegasus besprach, hielt sich Lisa im Hintergrund. Ab und zu wechselte sie die Karten im Modell und erfreute sich sichtlich an den Visualisierungen. Doch bei einem Monster wurde sie ganz melancholisch. Bei meinem weißen Drachen. Sie legte ihren Kopf auf ihre Hände und seufzte. Sie schien etwas mit dem weissen Drachen zu verbinden, was mir schleierhaft war. Doch so schnell der Moment gekommen, so schnell war er auch wieder verschwunden und ein sanftes Lächeln bildete sich wieder auf ihrem Gesicht.
„Ich würde sagen, wir sind mit den Einzelheiten einverstanden?", fragte ich nach. „Natürlich. Das Sie die Gewinnbeteiligung zu Ihren Gunsten auslegen, ist mir vollkommen klar. Am Verkauf der Karten verdiene ich ja den größten Teil. Diese Partnerschaft wird der Beginn von etwas Großem werden und Duel Monstern zu noch mehr Menschen bringen.", schwärmte Pegasus. „Und was sagt die bezaubernde Lisa dazu?", fragte er und drehte sich zu ihr um. Lisa, die gerade wieder einen Toon-Karte eingelegt hatte, sah verwundert auf und antwortet: „Wieso ist meine Meinung denn so wichtig? Um ehrlich zu sein: Ich bin begeistert davon, zu sehen wie Ihre Karten zum Leben erweckt werden. Es scheint fast so, als könnten die Monster wirklich wieder unter uns leben.". „Genau so seh ich das auch. Aber nenn mich doch einfach Pegasus oder Max, wenn dir das lieber ist.", erklärte Pegasus und stand auf. Dann nahm er Lisas Hand und gab ihr einen Handkuss. „Deine Meinung ist mir auf so vielen Arten wichtig, dass ich es gar nicht in einem Satz zusammen fassen könnte.", erklärte er. Lisa runzelte die Stirn, sagte jedoch nichts.
„Ich habe bei meinen Recherchen zu den Duel Monsters Karten in Ägypten einen seltsamen Fund gemacht. Den würde ich dir gerne zeigen.", erklärte Pegasus und sah ihr dabei tief in die Augen. Und für einen Moment schien es, dass Lisa erbleichte. Doch sie fasste sich schnell und gab zurück: „Und was lässt dich denken, ich würde Geschichte mögen?". „Intuition.", gab Pegasus süffisant zurück. „Wenn meine Freundin mit ihrer Schule fertig ist, wird sie bestimmt Zeit für Sie finden, Mister Pegasus.", warf ich ein. „Natürlich, natürlich. Bildung ist wichtig.", meinte Pegasus, ohne ihre Hand los zu lassen. „Wie mein Freund schon sagte, ich hab im Moment viel Stress durch die Prüfungszeit. Außerdem treten mein Chor und ich demnächst bei deinem Turnier in Amerika auf. Und nächstes Jahr ist mein Abschlussjahr. Da wird es nicht besser aussehen. Aber du kannst mir gerne per Mail ein paar deiner Fotos von der Expedition schicken. Ich liebe Geschichte tatsächlich... Und du hast ja teilweise etwas besonderes entdeckt.", entschärfte Lisa die Situation und ich war ihr mehr als Dankbar. Das was Pegasus da andeutete, passte mir nicht. Mir wurde bewusst, dass ihr Ruf auch zu ihm durchgedrungen sein musste. Und niemand sollte es wagen, ihr die Hand zu küssen. Das war meine Aufgabe!
Ich stand auf, stellte mich hinter Lisa und legte ihr demonstrativ die Hände auf die Schultern. „Ich bin froh, dass wir diesen Deal zustande bringen konnten.", erklärte ich. Und da überraschte mich Lisa. Sie nahm eine meiner Hände in ihre und lächelte mich an. „Ich ebenfalls. Wobei ich sagen muss, dass ich zu Anfangs über die Konditionen nicht begeistert war. Aber zu sehen, wie die Augen einer Frau strahlen, wenn sie an ihre Kindheit erinnert wird, hat mich so sehr an meine verstorbene Frau erinnert, dass ich gar nicht anders konnte, als zu zusagen.", erklärte Pegasus. Wir vereinbarten eine Pressekonferenz für den nächsten Donnerstag und verabschiedeten uns.
„Danke, für was auch immer du Pegasus erzählt hast, bevor ich rein kam.", sagte ich, immer noch die Hände auf ihren Schultern.„Wirklich erzählt habe ich nichts. Er war schon da und hat versucht, das Modell anzuschalten. Ich gesellte mich dazu und gemeinsam fanden wir einen Weg. Und dann legte er einen Toon nach dem anderen rein. Wir fanden so eine gemeinsame Basis und erfreuten uns dran. Und dann kamst du schon rein. Mehr war da nicht.", erklärte sie und stand dann auf. „Ich hätte nur nicht gedacht, dass Verhandlungen so einfach ablaufen.", meinte sie lächelnd. „Normalerweise nicht. Aber du warst mir eine große Hilfe. Danke dafür.", sagte ich ehrlichen Herzen. „Gern geschehen. Mokuba erzählte mir davon, wie wichtig dir das Projekt sei. Da konnte ich schlecht die Zicke spielen und dir nicht beistehen.", erklärte sie lächelnd und sah erneut zum Modell. Ich zückte mein Deck und legte den Weißen Drachen herein. „Stell dir das ganze mal in Lebensgröße vor. Ein gewaltiger Drache, der meine Lebenspunkte beschützt und meinen Gegner in die Knie zwingt.", träumte ich. „Den Drachen ihre Freiheit wieder zu geben...", murmelte Lisa und wirkte mit einem Mal traurig. Sanft nahm ich sie in die Arme und fragte leise, was sie bedrückte. „Ach nenn mich kindisch. Aber ich habe, seit ich Duel Monsters gesehen habe, das Gefühl, als wären es richtige Wesen teilweise. Du hast ja auch eine besondere Verbindung zum weissen Drachen...", flüsterte sie. Und ich fand das gar nicht komisch. Ich fühlte mich dem Drachen verbunden. Stark, stolz und mächtig. Er war wie ich. Und ich war wie er.
„Du weißt aber schon, dass Drachen auch sehr feinfühlig sein können.", meinte Lisa, nachdem ich es ihr erklärt hatte. „Dann muss ich da noch dran arbeiten.", flüsterte ich und sah sie verträumt an. In diesem Moment wusste ich, dass die Entscheidung sie zu meiner Frau irgendwann zu machen, die Beste war die ich bis jetzt getroffen hatte. Und irgendwann würde sie das verstehen.
Ich senkte langsam meinen Kopf zu ihr herunter und wollte sie küssen. Doch dann klingelte ihr Handy und sie lies mich stehen. „Ach verdammt. Ich muss noch wohin.", erklärte sie und zeigte mir ihr Handy. Dort war ein Termin bei einem Anwalt vermerkt. „Sehen wir uns Ende der Woche?", fragte sie, während sie ihre Tasche schulterte. „Natürlich.", antwortete ich. Sie gab mir einen Wangenkuss und dann war sie verschwunden und lies mich mit gemischten Gefühlen stehen.
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Das Herz des Seto Kaibas
SonstigesMan kennt ihn als egoistischen und egozentrischen Geschäftsmann, der noch dazu ein herausragender Duellant ist. Doch wer ist er eigentlich wirklich? Was denkt Seto, wenn er sich mit Yugi duelliert und was wäre wenn Seto eine Freundin hätte und er di...