„Hier ist Kaiba Corp 3, bitte melden!", rief ich über mein Funksystem. Doch nichts geschah. Weder ging mein Ruf raus noch kam irgendetwas rein. Es war zum verrückt werden. „Verdammt.", murmelte ich. „Wieder nichts?", fragte Mokuba. „Nein, dieser Ort ist so konstruiert, dass wir völlig von der Außenwelt abgeschottet sind. Noah hat seine Hausaufgaben gemacht.", merkte ich an. „Aber er hat nicht mit so viel Gegenwehr gerechnet.", warf Mokuba ein. „Wie meinst du das?", hakte ich verwundert nach. „Naja, während du versucht hast, das Luftschiff zu erreichen, habe ich noch einmal nachgedacht, was wir vorhin gesehen haben. Wir haben uns nie gewehrt gegen die Erinnerungen, aber Lisa schon. Nicht umsonst hat Noah alles verschwinden lassen. Was ist, wenn wir uns ebenfalls weigern?", überlegte Mokuba laut. „Das wird bei uns nichts bringen.", erklärte ich. „Und warum?", - „Weil es Noah viel zu viel Spaß macht uns zu quälen. Meine Freundin ist nur das Sahnehäubchen für ihn. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass sie so sauer werden kann. Ich hab Lisa oft genug wütend erlebt, deswegen kann ich mir durchaus denken, dass so ein Grünschnabel wie Noah Angst bekommt, wenn eine Frau ihm Kontra gibt. Eine gute Sache hat die Situation von eben. Lisa wird ab sofort von ihm in Ruhe gelassen werden.", erklärte ich, wobei ich Lisa so wütend auch noch nicht erlebt hatte. Selbst ich war erschrocken gewesen über diesen Blick.
„Ja, das weiß ich. Ich hab oft genug gesehen, wie sauer Lisa sein kann. Nicht zuletzt vor dem Battle City Turnier. Die Ohrfeige hattest du übrigens verdient.", grinste Mokuba. Doch dann wurde er wieder ernst. „Danke für die Erinnerung...", warf ich augenrollend ein, bevor Mokuba fortfuhrt. „Trotzdem bin ich immer noch verwirrt, wie verändert Lisa eben gewirkt hatte.". „Ja, aber wir sollten dem nicht zu viel beimessen. Ich traue es Noah zu, dass er es einfach nur gefälscht hat um uns seine Version von meiner Freundin zu zeigen. Er hat doch gemeint, sie seie ihm zu öde.", sagte ich. „Stimmt auch wieder.", grinste Mokuba. „Komm, sehen wir mal, welche Überraschungen uns noch erwarten.", meinte ich und gemeinsam liefen wir weiter durch den Wald. Doch so langsam wurde ich das Gefühl nicht los, als würde ich das alles hier kennen.Und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis wir erneut auf eine Tür trafen. „Wollen wir?", fragte Mokuba. „Haben wir denn eine Wahl?", seufzte ich und öffnete die Tür. Wieder wechselte sich die Szenerie um uns und wir standen in meinem Büro.
„Das ist doch mein Büro.", staunte ich, als ich das altbekannte Zimmer sah. „Nein, das ist mein Büro, du aufgeblasener Bengel!", schallte es vom Bürostuhl her, der mit dem Rücken zu uns stand. Und ich kannte diese Stimme. Sie gehörte niemand anderen als meinem Stiefvater. Und genau in diesem Moment drehte er sich zu uns um. „Es ist mir egal, ob es dein Büro ist oder nicht. Meine Idee ist goldwert, wenn du endlich mal zuhören würdest.", rief mein jüngeres Ich aufgebracht, welches vor uns aufgetaucht war. Zu diesem Zeitpunkt trug ich schon eine weiße Schuluniform und ich wusste genau, wann sich die Szene abspielte. „Wir entwickeln keine Spiele sondern Waffen. Also was soll mir da ein dämliches Simulationsspiel bringen?", fragte mein Stiefvater eiskalt und fixierte mich. „Die Rüstungsindustrie ist lange nicht so stabil wie du denkst. Ich hab mir den Markt angesehen und bemerkt, dass immer weniger Waffen verkauft werden. Sattel endlich um, so wie ich es dir schon seit geraumer Zeit rate. Mit meiner Erfindung können wir der Kaiba Corporation zu neuem Glanz verhelfen.", erklärte mein jüngeres Ich. „Du willst mir etwas von Marktwirtschaft erklären? Du, der seinen Lehrern immer noch nicht wirklich folgen kann? Ich habe dich aus dem Waisenhaus geholt, damit du das Geschäft von der Pik auf lernst und nicht mir ins Handwerk fuschst.", erklärte Gozaburo weiter. Doch mein damaliges Ich gab einfach nicht auf. „Ich biete dir eine Lösung auf dem Silbertablett an und du verschließt einfach die Augen davor!", rief ich aus. Damals fand ich das von mir ziemlich mutig, doch mittlerweile dachte ich anders darüber nach. Meine Aktion war damals einfach nur dämlich gewesen. Die Quittung dafür bekam ich auch prompt.
„Jetzt reicht es mir aber, du undankbarer vorlauter Bengel! Sicherheitsdienst! Entfernen Sie meinen Stiefsohn aus dem Gebäude und sorgen Sie in Zukunft dafür, dass er nicht wieder hier rein kommt. Erst wenn ich es ihm wieder gestatte.", erklärte mein Stiefvater und lies mich abführen. Und da fiel bei mir der Groschen. Jetzt wusste ich, wieso mir das alles hier so extrem bekannt vorkam. Das Büro um uns herum verschwand und erneut standen wir wieder im Wald.
„Dieser miese kleine Dieb!", grummelte ich und ballte die Fäuste. „Was oder wen meinst du Seto?", fragte Mokuba. „Das Gespräch eben mit Gozaburo endete damals damit, dass er meine Hologramm-Software für seine
Rüstungsmaschinerie klaute. Mit ihr konnten die Piloten damals Kampfeinsätze üben, ohne jemals wirklich im Krieg gewesen zu sein. Noah muss irgendwie an meine Software gekommen sein. Das Grundgerüst hierfür ist von mir. Sie wurde nur ein wenig verbessert und angepasst.", erklärte ich säuerlich. „Das Ganze nimmt langsam sehr merkwürdige Ausmaße an, was großer Bruder?", bemerkte Mokuba. „Das kannst du laut sagen. Außerdem stört es mich, dass sich die Big Five erneut in mein Leben einmischen.", grummelte ich. Eine Weile standen wir schweigend da, bis Mokuba fragte: „Sag mal, Seto. Kurz nach dem Gespräch hast du doch Lisa kennen gelernt oder?", fragte er. „Etwa ein Jahr später, warum?", fragte ich. „Naja, was ist, wenn Noah uns das nochmal zeigt? Immerhin ist sie seit dem Tag ein wichtiger Teil unseres Lebens.", überlegte Mokuba. „Ich versteh schon worauf du hinauswillst. Aber glaubst du wirklich, er würde uns den Gefallen tun und uns genau das zeigen, was wir sehen wollen?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. „Wer weiß... Sehen wir nach der nächsten Tür.", grinste Mokuba und lief vorne weg. „Hey, warte.", rief ich ihm hinterher.Tatsächlich zeigte uns die nächste Tür das erste Treffen zwischen Lisa und mir und Mokuba saugte jedes Detail auf, denn so genau kannte er die Umstände nicht, unter denen ich Lisa kennen lernte. Er wusste nur, dass ich sie beim Schulbesuch kennen gelernt hatte, aber nich was im Einzelnen genau passiert war. Und ich? Ich sah zum ersten Mal meine eigene Reaktion auf die Frau vor mir und da wurde mir klar, dass ich mich genau in dem Moment, als wir auf dem Mattenwagen saßen, in sie verliebte. Gerade weil sie mich wie einen Mensch behandelte und nicht wie den Sprössling der Kaibafamilie. Ihr direkte, herzliche und ehrliche Art haben mich damals schon bezaubert.
„Igitt, da wird einem ja schlecht, wenn man euch Turteltauben so zusieht.", erklang Noahs Stimme hinter uns. „Das du dich noch herwagst.", knurrte ich. „Ach komm, das eben war mein kleines Friedensangebot. Ich kann euch ja schlecht weiter quälen, wenn ihr sofort alles durchschaut. Schonmal was von Zuckerbrot und Peitsche gehört? Aber sehen wir uns doch mal die erste Begegnung zwischen Mokuba und deiner öden Freundin an.", erklärte er grinsend und schnippte mit den Fingern. Und schon standen wir auf einem Schulhof und er war kunterbunt mit Flaggen und Wimpeln geschmückt. Auch Luftballons hingen hier und dort. Es schien, als würde eine Art Karneval stattfinden.
„Mokuba, wo sind wir hier?", fragte ich. „Meine... Schule...", stammelte er und sah sich erschrocken um. „Mokuba, was hast du?", fragte ich verwirrt und ging vor ihm auf die Knie. „Ich wollte das eigentlich immer vor dir geheim halten, aber gleich wird es rauskommen. Meine Grundschulzeit war alles andere als toll. Der Nachname Kaiba war hier eher ein Fluch als ein Segen.", erklärte er beschämt und sah nach unten. Dunkel erinnerte ich mich, dass Mokuba mal versuchte etwas in der Richtung zu erwähnen, aber ich war damals immer zu beschäftig gewesen.
Doch dann erklang Musik und seine Klasse tauchte als Schattenfiguren auf. Die Schüler saßen auf den Stuhlreihen und schauten sich gespannt um, was passieren würde. Und dann begann Lisas Chor aufzutreten. Sie waren in den buntesten Kostümen bekleidet und mischten ordentlich, aber mit viel Freude die Schüler auf. Lisa, die wie üblichen den Hauptgesangspart hatte, kündigte im Lied erst eine Tänzerin (natürlich handelte es sich dabei um Tiffany, die sich für meinen Geschmack etwas zu lasziv vor Kindern bewegte) an und dann rief sie auch noch zu einem Wettbewerb für die schrecklichste Maske auf. Und da sah ich, dass alle Kinder Masken gebastelt hatten, die sie nun stolz vor ihrer Brust hielten. Während eine Jury (und das immer noch im Lied) die Schrecklichste aussuchte, wurde mein Bruder immer mehr zum Objekt der Häme. Die halbe Klasse nannten ihn den unnützen Kaiba und den kleinsten Trottel der gesamten Schule. Um nur ein paar der Gemeinheiten wieder zu geben. Und da überraschte mich meine Freundin. Sie hatte sich mit zwei weiteren Sängern in den hinteren Teil verzogen, während andere die Wahl durchführten. Und als sie mitbekam, dass Mokuba gehänselt wurde, nickte sie der Jury auf der Bühne zu und rief dann, nachdem sie auf ein kleines Podest geklettert war: „Und jetzt alle!", und gemeinsam sang der Chor ein Loblied auf den König des Festes der Narren. Und das war Mokuba. Sie nahm ihn an ihre Hand und führte ihn auf die Bühne. Und dort blieb er dann das gesamte Programm über. Stets an ihrer Seite.„Sie hat den ganzen Tag auf mich aufgepasst, ohne das sie wusste wer ich wirklich war. Nachdem das Programm zu Ende war, hat sie sich die drei Übeltäter zur Brust genommen und ihnen ein paar Takte zu gutem Benehmen gesagt. Der Direktor hat sich zwar erst eingemischt und wollte Lisa des Grundstücks verweisen, doch als er sie als das Juwel der KCAA erkannte, zuckte er zusammen und versprach, sich darum zu kümmern, dass es kein weiteres Mobbing mehr geben würde. Lisa hat zwar damals genickt, aber nie daran geglaubt. Und sie behielt Recht. Nach außen waren meine Mitschüler zwar nett, aber sobald kein Lehrer mehr da war, machten sie mir das Leben zur Hölle. Ich hab oft die letzten Stunden geschwänzt und bin an Lisas Schule gegangen. Sie war die Einzige, die damals da war für mich.", erzählte Mokuba, nachdem die Szene verschwunden war. „Wieso hast du damals nichts gesagt?", fragte ich meinen Bruder. „Du warst so beschäftigt, mit dem Ultimatum und dann wolltest du die Firma übernehmen, da wollte ich dir nicht noch mehr Kummer bereiten.", antwortete Mokuba leise. Ich war hin und her gerissen. Auf der einen Seite war ich Lisa dankbar, dass sie in dieser Zeit für Mokuba da war. Aber auf der anderen Seite war ich auch verletzt, dass mein Bruder mir damals nicht genug vertraute um Schutz bei mir zu suchen. „Und was hat Lisa dazu gesagt, dass du nicht zu mir gegangen bist?", fragte ich nach. Doch es war Noah, der mir antwortete: „Das können wir uns ja mal ansehen, was Mokuba? Und ich dachte, die Kaiba Brüder wären über jeden Zweifel erhaben. Aber sehen wir uns mal an, was die ach so tolle Lisa zu sagen hat.".
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Das Herz des Seto Kaibas
RandomMan kennt ihn als egoistischen und egozentrischen Geschäftsmann, der noch dazu ein herausragender Duellant ist. Doch wer ist er eigentlich wirklich? Was denkt Seto, wenn er sich mit Yugi duelliert und was wäre wenn Seto eine Freundin hätte und er di...