Fortuna gegen einen Gott

150 8 4
                                    

Roland nahm seinen Posten als Schiedsrichter ein und das Duell begann. Marik hatte den ersten Zug und er rief eines seiner typischen Monster auf. Wheeler war nun an der Reihe und auch er rief ein Monster. Doch dieses Mal wohlweislich im Verteidigungsmodus. Einer Sache war ich mir bei Marik sicher. Dessen Monster hatten fast immer eine spezielle Fähigkeit, da war am Anfang Verteidigung wirklich am besten. Außerdem spielte Wheeler zwei verdeckte Karten und beendete seinen Zug. Marik war dran, doch bevor er überhaupt etwas machte zückte er seinen Stab und um uns herum erschien eine schwarze Wolke. Ich wusste ganz genau, was geschehen war. „Sind wir wieder im Reich der Schatten?", fragte Mokuba, dem wohl dasselbe merkwürdige Gefühl beschlich. Lisa nickte, verschränkte die Arme vor der Brust und sagte: „Ja, mal wieder.". Doch etwas an ihrer Tonart liess mich aufhorchen. So genervt und eisig hatte ich sie ja noch nie erlebt. Doch bevor ich nachfragen konnte, war auch schon das Duell voll im Gange.

Marik griff Wheeler an und als dessen Monster vernichten wurde, krümmte sich der Loser vor Schmerzen. Es schien, als würde er die Schmerzen seines Monster direkt spüren. „Was ist da gerade passiert?", fragte mein Bruder besorgt. „In diesem speziellen Spiel der Schatten hat Marik die Monster an die Lebenskraft der Duellanten gekoppelt. Sobald Joey eines verliert, verliert er auch einen Teil seiner Lebenskraft.", erklärte Lisa. Joey rief in der Zwischenzeit ein neues Monster und da bemerkte ich etwas seltsames. Es schien, als wäre Wheeler mit dem Monster verbunden.

„Siehst du dieses helle Band zwischen dem Pantherkrieger und Joey? Das ist sein Lebensfaden, wie man in der griechischen Mythologie sagen würde.", erklärte Lisa. „Falscher Kontinent, meine Liebe.", warf Marik ein. Leider standen wir auf der Seite von Marik, sodass er jedes Wort von ihr mit bekam. Doch Lisa liess sich nicht einschüchtern und warf zurück: „Dann sollte ich wohl lieber Kaa sagen, oder was?". Und tatsächlich zuckte Marik zusammen. „Es ist mir schleierhaft, wie du solch ein Wissen haben kannst.", meinte er. „Das ist unerheblich. Aber unterschätze Joey mal nicht.", schoss Lisa zurück. Und tatsächlich schaffte Wheeler es ein Monster von Marik auf den Friedhof zu schicken. Doch wie schon vermutet hatte auch dieses Monster eine besondere Fähigkeit. Und die zog nach Zufallsprinzip Wheeler jede Runde eine Karte aus der Hand.

Das Duell schien eine ganze Weile nur auf der Seite von Marik zu laufen und Wheeler blieb nichts anderes übrig, als sich zu verteidigen. Doch dann verließ sich Wheeler erneut auf sein Glück. „Was ist an dieser Karte so besonders?", fragte Mokuba. „Wenn Joey richtig rät, dann darf Marik kein Monster von seinem Friedhof rufen. Die Kehrseite dieser Karte ist, wenn Marik falsch liegt, dann darf Joey genau diese Karte spielen, die als oberste auf seinem Friedhof liegt. Es ist ein reines Ratespiel und man muss viel Glück haben. Oder anders... einfacher ausgerückt: Durch richtiges Raten bekommt man eine Karte vom Friedhof wieder zurück.", erklärte Lisa. Marik sah jedoch ganz schön alt aus, denn im Laufe des Duells hatte er eine ganze Menge Karten auf Wheelers Friedhof gebracht. Und tatsächlich riet Wheeler richtig und Marik falsch. So konnte Wheeler Jinzo rufen und Mariks Fallenkarten waren von nun an Geschichte und das Blatt schien sich zu wenden.

Es schien, als würde sich das Blatt langsam aber sicher wenden. Doch dann opferte Marik die Monster von Wheeler und rief so einen Golem herbei. Er war zwar ein mächtiges Monster, aber fast nutzlos im Kampf. „Wieso hat Marik jetzt den Golem Joey geschenkt?", fragte Mokuba erneut. „Willst du es ihm erklären?", fragte Lisa. Ich nickte und sagte: „Der Golem mag zwar mächtig sein, aber er ist im Prinzip wie ein Parasit. Jede Runde die er auf dem Feld verbringt, nimmt er Wheeler Lebenspunkte ab. Wenn er jedoch in Mariks offensichtliche Falle rennt, denn verliert er ebenso Lebenspunkte. Alles in allem ist es eine ausweglose Situation.".

Und Wheeler griff an, doch die Zauberkarte, die Marik spielte, war genauso grausam. Sie verdoppelte die Angriffswürmer auf Wheelers Seite und jeder besetzte ein Monster. Diese zogen ihm ebenfalls Punkte ab. Wenn Marik so weiter machte, dann würde er Wheeler ohne seinen Gott besiegen können und ich könnte meine Strategie nicht testen.

„Das sieht nicht gut aus für Joey.", meinte Mokuba. „Ich mach mir eher Sorgen um seine Gesundheit.", ergänzte Lisa. Und tatsächlich schien es, als wäre Wheeler etwas angeschlagen. Aber er war alt genug, dass selbst zu entscheiden.

Doch dann überraschte Wheeler mich. Er spielte den Engelswürfel und konnte so die Angriffspunkte des Wurmes erhöhen. So verpuffte der Zauber von Marik und nur noch einer blieb auf dem Feld. Dieser wurde von Wheeler vernichtet mit dem Monster, welches er von Marik geschenkt bekam. Mit den anderen Monstern vernichtete er einen Großteil der Lebenspunkte von Marik. Würde es dieser Loser tatsächlich schaffen, Marik zu besiegen und einen ägyptischen Gott zu gewinnen?
Doch der nächste Zug entschied über den Ausgang dieses Duells. Marik spielte nun die Zauberkarte: Monsterreanimation und holte so seinen ägyptischen Gott zurück. „Pharao! Kaiba! Nun seht ihr beide, welche ungeheuerliche Kraft sich in Rah versteckt. Erzittert vor dem mächtigsten Gott der Welt!", rief er und Rah erschien. Doch etwas liess mich stutzig werden. Er besaß Null Angriffspunkte. „Und das soll der mächtigste Gott sein? Das ich nicht lache. Hier stehen drei Monster einem Gegenüber!", rief Wheeler und lachte sich fast schlapp. „Täusch dich da mal nicht, du Ungläubiger. Die besonderen Fähigkeiten von Rah machen ihn erst so mächtig. Zuerst versetzte ich ihn zum Preis von ein paar Lebenspunkten in einen Phönix-Modus. Jetzt erblicke den ägyptischen Gott der Sonne!", rief er und Rah transformierte sich zu einem Feuervogel.

„Re. Der ägyptische Gott der Sonne ist und bleibt Re. Der Phönix ist nur ein Symbol für die Wiedergeburt. Deswegen kannst du diesen Modus nur aktivieren, wenn Rah von Friedhof geholt wird.", schoss Lisa dazwischen. „Und das willst du woher wissen?", fragte Marik wütend nach. „Geschichtswissen und das Wissen über ägyptische Götter. Du solltest vielleicht nochmal die Schulbank drücken, anstatt hier gefährliches Halbwissen zu verbreiten.", meinte Lisa und zuckte mit den Schultern. Zähneknirschend wand sich Marik von Lisa ab und murmelte: „Pass auf dass du dir nicht mal deine vorlaute Klappe verbrennst.". Doch dann wurde Marik wieder ernst und fixierte Wheeler. „Die nächste besondere Fähigkeit von Rah ist, dass er dein komplettes Feld räumen kann. Er verbrennt jeden, der es sich wagt, sich ihm in den Weg zu stellen. Danach werde ich ihm bis auf einen Lebenspunkt meine übertragen und diese werden dann zu seinen Angriffspunkten.", sagte Marik. „Aber dein Gott darf doch gar nicht angreifen, nach den Turnierregeln.", warf Wheeler ein. „Tja, und mit seiner letzten besonderen Fähigkeit umgehe ich dieses Verbot. Der Blitzangriff!", rief Marik und griff dann an.
„Aber die Lebenspunkte von Joey sind doch höher als die Angriffspunkte des Gottes.", stellte Mokuba fest. „Mokuba, in diesem Duell geht es schon lange nicht mehr um die Lebenspunkte. Hier ist nur noch wichtig, wer das längere Durchhaltevermögen hat. Es stimmt, wenn Joey den Angriff von Rah übersteht, dann kann er dieses Duell gewinnen. Aber dafür muss er sich behaupten können.", erklärte Lisa. Und sie hatte mit ihrer Aussage recht. Rein theoretisch gesehen konnte Wheeler gewinnen. Wenn er den Angriff überstand. 

Das Herz des Seto KaibasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt