Gegen den eigenen Freund

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Nun waren wir drei dazu verdonnert uns das Duell anzusehen und auf ein Wunder zu hoffen. Lisa warf zwischendurch immer mal etwas ein, doch ein Kommentar blieb mir im Kopf. Als Yugi seine Kette an Wheeler weiter reichen wollte, fragte sie ihn: „Ist das jetzt der beste Zeitpunkt um auf ihn zu verzichten?". Yugi nickte und Lisa verstand etwas, was mir entging. Doch ich konnte nicht nachfragen, denn Wheeler begann nun richtig durchzudrehen. Er wollte ein Teil des Puzzles ins Meer werfen, doch mitten in der Bewegung hielt er inne und es schien, als würde mit sich selbst eine heftige Diskussion führen. „Was passiert da?", fragte Mokuba.

„Jede Hypnose kann gebrochen werden. Man muss nur Erinnerungen hervorrufen, die mit sehr starken Emotionen verbunden sind. Und augenscheinlich hat Yugi das eben getan, als er Joey sein Puzzle gab.", erklärte Lisa. Das ganze Duell saß sie schon auf dem Boden und hielt sich die verletzte Seite. Sie war wohl doch schlimmer verletzt als angenommen.

„Meinst du, Yugi bekommt es hin, Joey zurück zu holen?", fragte Mokuba weiter. „Dessen bin ich mir sogar sicher. Die beiden sind die besten Freunde. Ich kenne keine andere Freundschaft, die so tief geht. Ich hoffe nur das er es in der Zeit schafft. Es bleiben nicht mal mehr fünf Minuten, bis der Anker beide ins Meer zieht.", erklärte Lisa und stand nun auf. „So langsam brauchen wir mal einen Plan... Ich hätte zwar einen, der ist aber nicht ganz wasserdicht. Und dann ist da noch das Thea Problem.", sagte sie zu mir und deutete auf die immer noch gefesselte Thea. Ich verstand und hoffte, dass mein Plan funktionieren würde. Ich könnte Thea befreien, aber was wäre dann mit den Duellanten?

Von der Seite hörten wir nun den Rest der Losertruppe. Sie bestand nun aus Tristan, der ein junges Mädchen mit rötlichen Haaren bei sich hatte. Sie hatte die Augen verbunden und benötigte Hilfe. ‚Das muss bestimmt Wheelers Schwester sein.', dachte ich und erinnerte mich dunkel daran, dass sie ja ein Augenleiden hatte. Dann kamen da noch Duke Devlin und Mai Valentine. Sie ging direkt auf Lisa zu und umarmte sie, während Mokuba dem Rest eine kurze Zusammenfassung der Situation gab.
„Vorsicht!", knurrte ich. „Jetzt mach mal halblang, Seto.", sagte Lisa, doch ich erkannte, dass sie mich verstand. Immerhin hatte sie erneut gezuckt. „Was ist dir denn passiert?", fragte Mai erschrocken aber auch besorgt. „Hab Mokuba vor Raritätenjägern beschützt.", erklärte Lisa kurz. „Na bloß gut, dass wir ein paar Kurse in Selbstverteidigung hatten.", lachte Mai. „Die hatten wir doch nur, weil du unbedingt dahin wolltest. War es nicht der Trainer, den du damals scharf fandest?", witzelte Lisa. „Der war aber auch wirklich scharf. Du hast ja seit Jahren nur Augen für den Obermotz dahinten. Aber leider hast du mir das Date vermiest, als du den Trainer auf die Matte geworfen hast.", erklärte Mai und lächelte spitzbübisch. „Ich war ja auch damals schon mit Seto zusammen. Und den Trainer konntest du sowieso vergessen. Der hat doch eh alles angebaggert, was nicht bei drei aufm Baum war.", sagte Lisa und versuchte zu verbergen, dass sie rot wurde. ‚Ach, sieh an. Lisa hatte also andere Verehrer und sie mir zur liebe abblitzen lassen.', dachte ich grinsend. Lisa beugte sich dann zu Mai und flüsterte ihr etwas zu. Mai runzelte die Stirn, nickte jedoch. Augenscheinlich planten die beiden etwas.

Doch dann folgte ich dem Duell und hoffte, das meine Ablenkung noch rechtzeitig ankommen würde. Und da! Mein ferngesteuerter Helikopter sorgte für die gewünschte Ablenkung, ich warf eine meiner Karten zu dem Typen, der den Auslöserknopf für den Container in der Hand hielt. Die Karte traf ihn an der Hand, er lies den Auslöser los und riss sogar noch den Container soweit rum, dass er nicht mehr über Thea hing. Ich rannte zu ihr hin und mein Helikopter traf den Container und riss ihn mit ins Wasser. Klatschnass, aber endlich in Sicherheit konnten Mokuba und Tristan Thea befreien, während ich den Raritätenjäger aus dem Kranwagen zog und ihm eine verpasste, die ihn ebenfalls ins Nass beförderte. Doch der Timer des Ankers war fast vorbei. Wheeler griff mit seinem Rotaugendrachen, der zwar auf Yugis Seite aufgerufen war und nun unter Fernsteuerung von Wheeler stand, sich selbst an und konnte so seine Lebenspunkte auf null bringen. Dann war der Timer vorbei und die letzten dreißig Sekunden brachen an. Wheeler schwang sich zu Yugi rüber, griff den Schlüssel und wollte Yugis Fußfessel lösen. Doch er war zu langsam und beide wurden nun ins Meer gezogen.
Nach nichtmal einer Minute kam Yugi wieder an die Wasseroberfläche, aber der Loser bliebt unten. Und dann geschah etwas, was ich nicht gedacht hätte. Lisa sprang ebenfalls ins Wasser und tauchte zu ihm. Seine Schwester hatte in der Zwischenzeit ihre Augenbinden abgenommen, den Schlüssel aus Wheelers Box geholt und sprang hinterher.

Zu dritt tauchten sie auf, wobei Wheeler und auch meine Freundin schwer atmeten. Lisa stemmte sich aus dem Wasser und hustete mehr als einmal Wasser. Joey umarmte seine Schwester und rief dann zu Lisa: „Danke für den Kuss. Ach Kaiba, deine Freundin küsst echt toll!". Und da war ich mir sicher, dass Wheeler wieder er selbst war. Nur so ein Blödmann wie er, würde in dieser Situation Witze reissen. Bevor ich etwas dazu sagen konnte, bekam er erneut eine Dusche ab. Lisa sah ihn wütend an und hatte die Welle mit ihren Füßen erschaffen: „Wenn du nicht zwischen einer Mund-zu-Mund-Beatmung und einem Kuss unterscheiden kannst, dann solltest du nochmal zur Schule gehen!", wetterte sie. „Was hast du da unten eigentlich gemacht?", fragte Mai, die ihr eine Decke über die Schultern legte. Weiß der Geier, wo sie die her hatte, aber ich war froh darüber.
„Ich hab ihm ein paar wertvolle Sekunden verschafft. Ich frag mich aber immer noch, wieso Serenity deinen Part übernahm?". „Weil ich euch belauscht habe.", erklärte diese schüchtern. „Ach...", meinte Lisa und stand nun auf. Serenity verbeugte sich vor Lisa uns sagte: „Danke, das du meinen Bruder gerettet hast.". Lisa lächelte sanft und sagte: „Wir haben ihn gerettet. Wenn du nicht den Schlüssel geholt hättest, dann wäre es auch mit meiner Luft vorbei gewesen. Es war Teamarbeit.". „Joey hatte Recht. Du bist wirklich ne Wucht. Er kam aus dem Schwärmen gar nicht raus, als er vom Königreich der Duellanten erzählte.", grinste Serenity. „Und du bist definitiv anders als dein Bruder.", witzelte Lisa. Doch es war Tristan der den Witz verstand. „Ha, ich hab doch gesagt, dass ich die Wette gewinne, Joey.".

Augenscheinlich handelte es sich hier um einen Insider zwischen den dreien, denn Wheeler warf nun Tristan ins Wasser und die beiden keiften sich an.

„Komm, Mokuba. Gehen wir.", erklärte ich und wand mich ab. Ich hatte genug Zeit mit der Truppe vergeudet. „Hey, und was ist mit mir?", rief Lisa. „Was soll sein?", fragte ich. „Naja, ich dachte eigentlich, dass wir auf dem Weg zum Finale einen kleinen Umweg in meine Wohnung machen könnten. Ich müsste mal duschen und mich umziehen. Außerdem könntest du ja vielleicht meine Bandage neu machen.", schlug Lisa vor und wurde doch tatsächlich rot. ‚Wie kann ich bei der Aussicht nein sagen.', dachte ich mir vergnügt und stimmte zu. „Cool.", sagte Lisa und nieste prompt. „Gesundheit.", sagte ich „Danke.".

„Hey, Kaiba. Danke nochmal.", rief Yugi. „Kein Problem. Wir sehen uns im Finale.", erklärte ich. „Ach Kaiba. Tut mir übrigens Leid dass ich deiner Freundin den ersten Kuss geraubt habe.", rief Wheeler lachend. Ich stoppte, ballte die Fäuste und wollte etwas erwidern. Doch es war Lisa, die dazu etwas sagte. Sie drehte sich um und rief: „Sag mal, Joey. Was lässt dich eigentlich glauben, dass Seto und ich uns noch nicht geküsst hätten? Wir sind immerhin schon ein paar Jahre zusammen. Da sind wir über dieses Stadium weit hinaus. Und ich habe jeden einzelnen Kuss genossen!".

Sprachlos sah ich meine Freundin an. Das war ja mal ne ganz neue Seite an ihr. So kämpferisch was unsere Beziehung anging. Und sie gefiel mir. Es zeigte mir, dass auch sie mehr wollte.
Als Lisa mich ansah, runzelte sie die Stirn und tauschte mit Mokuba wissende Blicke aus. Dann lächelte sie und sagte: „Ich glaub, wir sollten diesen Moment einfach genießen. Der große Seto Kaiba sprachlos. Das muss ich mir im Kalender markieren.". Gemeinsam liefen wir dann zur Limousine, die ich hatte rufen lassen. Wir stiegen ein und fuhren direkt zum Domino Stadion.
„Seto, ich wollte mich umziehen und duschen.", erklärte Lisa. „Ich weiß. Wir haben hier auch einen Raum, in dem du all das machen kannst. Ich hab ein paar Sachen für dich holen lassen. Außerdem ist da auch noch ein Arzt, der dir nochmal professionell die Bandage umwickeln kann. So sehr ich dein Angebot zu schätzen weiß und es auch gerne angenommen hätte, so will ich das doch lieber von einem Arzt behandelt sehen.", erklärte ich. „Oh, in Ordnung.", sagte Lisa und lehnte sich an mich. Das hatte ich so nicht kommen sehen. Ich war immer noch der Meinung, sie wäre sauer auf mich.
„Ich glaub, Lisa schläft.", meinte Mokuba und verkniff sich ein Kichern. Ein weiterer Blick zu ihr bestätigte seine Vermutung. „Sag dem Fahrer, dass wir eine Runde um den Block fahren sollten.", meinte ich und legte einen Arm um sie. Sie war so zart und zierlich, dass man sie einfach nur beschützen wollte. Besonders merkte man das, wenn sie schlief. In der Vergangenheit war sie oft auf der Couch in meinem Büro eingeschlafen, wenn ich es mal wieder mit der Arbeit übertrieb.
Doch wenn sie munter war, dann konnte sie ganz schön austeilen. Vor allem verbal. Und dann sollte man in Deckung gehen. Aber ich würde mir in Zukunft vornehmen, ihr mehr Kontra in dieser Richtung zu geben. Denn ich liebte ihre vor Wut geröteten Wangen.

Das Herz des Seto KaibasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt