Kapitel 3

2.2K 92 12
                                    

Fast so aufgeregt wie an ihrem ersten Schultag hatte Lysanna das Gleis 9 ¾ betreten, an dem in wenigen Minuten der Hogwarts Express abfahren würde. Sie hatte sich bewusst für diese Art der Anreise entschieden, da sie die Zugfahrt bereits während ihrer Schulzeit sehr genossen hatte.

Lysanna hatte nur wenige Tage überlegt, nachdem sie den Brief geöffnet hatte, und sich schlussendlich dafür entschieden, die Stelle anzutreten. Mit dem Ministerium hatte sie vereinbart, dass sie für das kommende Schuljahr freigestellt wird. Ein großer Vertrauensvorschuss der ihr gewährt wurde, obwohl Theodor tatsächlich alles daran gesetzt hatte, das zu verhindern. Den Triumph, als sie ihren Schreibtisch im Ministerium leer geräumt hatte und dabei in Theodors ungläubiges Gesicht gesehen hatte, war es allemal wert gewesen. Er hatte noch versucht, sie zum Bleiben zu überreden, hatte ihr seine Liebe beteuert, aber Lysannas Entschluss stand schon lange vor diesem Tag fest.

Der Zug stand schon bereit, überall rannten aufgeregte Kinder auf dem Bahnsteig herum, Eltern die ihren Kindern das Gepäck hinterher trugen, es herrschte ein heilloses Durcheinander auf dem überfüllten Bahnsteig. Lysanna hob ihren Koffer an, atmete ein letztes Mal tief ein und stieg in den Zug. Sofort wurden alte Erinnerungen geweckt, an ihre Schulzeit. Sie musste grinsen. Eine schöne Zeit.

Sie fand ein leeres Abteil in der Mitte des Zuges und setzte sich zufrieden auf die weichen Sitze. Hier war es deutlich ruhiger und durch die Scheibe beobachtete sie weiterhin das geschäftige Treiben. Als der Zug sich endlich langsam in Bewegung setzte, stieg Vorfreude in Lysanna auf.

-

Minerva ließ es sich natürlich nicht nehmen ihre Nichte höchst persönlich vom Bahnhof abzuholen. Immerhin war es auch ihre Idee gewesen, sie überhaupt für den Posten in Erwägung zu ziehen. Als Albus vor knapp einer Wochen die Antwort ihrer Nichte empfangen hatte, war Minerva nicht minder überrascht, als sie las, dass Lysanna dem Angebot tatsächlich zugestimmt hatte.

Dampfend und quietschend rollte der Zug in den Bahnhof ein. Als die Türen sich zischend öffneten, war Lysanna eine der Ersten, die aus dem Zug stieg.

"Freut mich dich zu sehen Liebes!", begrüßte Minerva sie herzlich.

Ihre Tante war schon immer eine Art Vorbild für Lysanna gewesen, umso mehr hatte sie sich über die Empfehlung gefreut.

Lysanna schloss ihre Tante in eine enge herzliche Umarmung, es dauerte einen Moment, bis Minerva McGonagall sich auf die herzliche Begrüßung einließ, aber dann erwiderte sie die Umarmung ihrer Nichte.

"Schön wieder hier zu sein.", stellte Lysanna lächelnd fest. Sie konnte es kaum erwarten das Schloss und die Ländereien in Augenschein zu nehmen. Seit ihrem Abschluss war sie nicht mehr hier gewesen.

-

Ein neues Schuljahr bedeutete viel Arbeit. Die ersten Wochen waren die schlimmsten, da man den jungen Gören und Bengeln erst einmal Manieren beibringen musste. Hatte man sich seinen Respekt erst einmal erarbeitet, würde sich die Lage etwas entspannen.

Ein Blick aus dem Fenster seines Büros verriet ihm, dass der Zug offenbar schon eingetroffen war, denn die ersten Kutschen bahnten sich bereits ihren Weg in Richtung Schloss. Er hoffte inständig, dass in diesem Jahrgang einige brauchbare Mitglieder für sein Haus dabei waren. Der junge Malfoy war ein echter Glücksgriff im letzten Jahr, aber dieser Potter, die kleine Berühmtheit, passte ihm überhaupt nicht. Der Schwur den er geleistet hatte, forderte nun sein gesamtes Potenzial und beinahe jeden Tag wurde er durch den Jungen an Lily erinnert. Lily Evans, oder Potter, immerhin hatte sie den Namen dieses selbstgefälligen Schnösels angenommen. Der Schmerz saß noch immer tief, mittlerweile hatte er die Hoffnung seine Liebe zu ihr irgendwann vergessen zu können, einfach aufgegeben. Es gab keine Liebe für ihn auf dieser Welt. Nur Schmerzen und den Eid, mit dem er sich seine zweite Chance von Albus Dumbledore erkauft hatte.

-

Minerva hatte sich am Eingang des Schlosses von Lysanna verabschiedet, da es noch einiges zu erledigen gab. Rubeus Hagrid hatte sie vertrauensvoll die Aufgabe übertragen, Lysanna und ihr Gepäck sicher in die Gemächer zu bringen, die bereits für sie vorbereitet waren. Als Hagrid die Tür öffnete, staunte Lysanna nicht schlecht. Ein gemütliches Zimmer in einer Ecke des Schlosses, mit Fenstern zu allen Seiten, in dem sich ein gemütlicher Kamin und Unmengen an gefüllten Bücherregalen befanden. In der Mitte stand eine einladende Couch, die nur darauf zu warten schien, dass man sich eines der Bücher schnappte und sich darauf niederließ.

Hagrid brachte das Gepäck nach drinnen und verabschiedete sich anschließend, so dass Lysanna allein in dem großen Raum zurück blieb.

Mit einem geübten Schwung ihres Zauberstabs entfachte sie zunächst ein Feuer im Kamin und widmete sich dann ihren weiteren Räumlichkeiten. Von dem großen Wohnzimmer gingen zwei weitere Räume ab. Ein Bad mit Badewanne und Dusche, sowie ein Schlafzimmer mit einem großen Himmelbett. Die Matratze sah unglaublich weich und bequem aus, Lysanna konnte kaum erwarten, die erste Nacht in ihrem neuen Heim zu verbringen und fühlte sich bereits jetzt sehr wohl.

Bislang hatte sie ihre Entscheidung keine Sekunde bereut.

Bevor am Nachmittag die Feierlichkeiten beginnen würden, wollte Lysanna sich noch persönlich bei dem Schulleiter, Albus Dumbledore, vorstellen.

Den Weg in sein Büro kannte sie nur zu gut, nur das Passwort, dass der Wasserspeier hören wollte, kannte sie nicht. Eine Weile stand sie etwas hilflos vor dem verschlossenen Eingang, bis die Treppe sich öffnete und eine Frau mittleren Alters mit grauen kurzen Haaren heraus trat.

Etwas überrascht musterte sie Lysanna.

"Sie müssen die Neue sein.", stellte die Frau fest.

"Ja. Lysanna McGonagall.", stellte Lysanna sich etwas unsicher vor.

"Freut mich! Rolanda Hooch!", die Frau streckte Lysanna die Hand entgegen.

"Sie würden mir nicht zufällig das Passwort verraten?", fragte Lysanna lächelnd, nachdem sie die Hand von Mrs. Hooch geschüttelt hatte.

"Oh, natürlich! Marzipantorte. Ich hoffe sie hatten eine gute Anreise.", verabschiedete sich die Frau von Lysanna.

Das war also die erste Kollegin, dachte Lysanna, ehe sie dem Wasserspeier das Passwort nannte.

"Herein!", tönte die freundliche Stimme von Albus Dumbledore und Lysanna öffnete langsam die Tür.

"Miss McGonagall, schön, dass sie den Weg zu uns gefunden haben!", wurde Lysanna sogleich von dem alten Zauberer begrüßt.

"Freut mich auch sehr. Danke, dass ich hier sein darf.", antwortete Lysanna freundlich. Sie fühlte sich wohl, fast als wäre es nie anders gewesen.

"Wir dürfen uns bedanken, dass sie unserer Einladung gefolgt sind, Lysanna. Ich darf sie doch so nennen, nicht wahr? Zugegebenermaßen waren Minerva und ich mehr als überrascht, als ihre Zusage hereingeflattert ist.", entgegnete Dumbledore und bat Lysanna sich zu setzen.

"Sagen wir einfach, das Angebot kam genau im richtigen Zeitpunkt.", antwortete Lysanna lächelnd, wollte es aber zunächst bei dieser Antwort belassen.

Die beiden unterhielten sich noch eine Weile über Lysannas Fach und die Arbeit im Ministerium, ehe die Uhr signalisierte, dass es Zeit wäre, sich in der großen Halle einzufinden. Es war nun an der Zeit die Neuankömmlinge zu begrüßen und sie den Häusern zuzuteilen.

"Würden sie mir bitte behilflich sein Lysanna?", fragte Dumbledore und hielt ihr den sprechenden Hut entgegen.

Etwas überrascht nahm Lysanna ihm den Hut ab, der sogleich zu sprechen begann:

"Oho, wen haben wir denn hier? Ich kenne dich. Warte! Verrate nichts. Eine McGonagall, soso... mhm..definitiv Gryffindor, keine Frage. Wie war noch dein Name.. L.. Lysanna! Jetzt habe ich es. Lysanna McGonagall, Jahrgang 1975!"

Lysanna nickte anerkennend, erstaunlich, dass der Hut das nach all den Jahren noch wusste. Früher hatten ihre Mitschüler sie oft als "die perfekte Gryffindor" bezeichnet, da die Farben dieses Hauses so perfekt zu ihr gepasst hatten mit ihren rotblonden Haaren, die im richtigen Licht wie flüssiges Gold schimmerten. Lysanna hatte sich trotzdem nie etwas auf ihr Äußeres eingebildet, ja sie war hübsch, aber sie hatte noch andere Fähigkeiten und wurde ungern nur auf ihr Äußeres reduziert. Natürlich genoss sie die Blicke trotzdem, die ihr viele Männer zu warfen, ging aber üblicherweise nicht darauf ein.

"Alte Runen" eine Severus Snape FF - Snape x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt