Kapitel 16

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Aufgeregt und gespannt darauf, was sie gleich erwarte wird, stand Lysanna um punkt 10 Uhr vor Severus Büro und klopfte mit dem Glockenschlag bei ihm an.

Die Tür öffnete sich, ohne, dass er etwas gesagt hatte und etwas verunsichert trat Lysanna ein.

"Ich hoffe sie sind vorbereitet Lysanna. Wir fangen sofort an.", stellte er fest und deutete auf einen Stuhl, der vor ihm stand.

Etwas eingeschüchtert von seinem strengen Ton, setzte Lysanna sich und blickte gespannt in die dunklen Augen.

"Legilimens!", donnerte Severus Stimme ohne jegliche Vorwarnung los und Lysanna hatte nicht einmal die Chance zu verhindern, dass er in ihre Gedanken eintauchte. Als wäre sie nicht mehr Herrin ihrer Sinne, rasten die verschiedensten Gedankenfetzen vor ihrem inneren Auge vorbei. Da war sie als Kind, mit ihren Eltern. In Hogwarts, der erste Tag im Ministerium, Theodor. Er konnte alles sehen. Da war ihre Wohnung in Edinburgh, Minerva...Lysanna versuchte krampfhaft sich daran zu erinnern, was sie tun musste, um die Oberhand zu gewinnen.

"Wehren sie sich! Lysanna, das können sie besser.", hallte Severus Stimme in ihrem Kopf wieder. Einige weitere quälende Sekunden vergingen, bis er endlich von ihr abließ und Lysanna erschöpft auf dem Stuhl zusammen sackte. Sie hatte geahnt, dass es nicht angenehm wird, aber dass sie so machtlos war, hatte sie nicht erwartet.

"Wenn sie nicht verhindern können, dass ich in ihren Geist eindringe, dann bestimmen sie wenigstens, was ich dort sehen darf.", wies Severus sie an. Die dunklen Augen fixierten sie, in seinem Gesicht zeigte sich keine Regung, aber sein Tonfall war deutlich sanfter als zuvor.

Severus hatte sich zurückgehalten, hatte sich bislang auf unverfängliche Erinnerungen gestürzt. Früher oder später musste er ihr zeigen, ihre Ängste und Emotionen zu verbergen, aber fürs erste ging es darum, dass sie die Kontrolle erlangte. Er hatte in diesen wenigen Sekunden bereits einiges von ihr erfahren. Er hatte das hübsche junge Mädchen gesehen, dass vom sprechenden Hut nach Gryffindor gesteckt wurde, hatte gesehen, wie sie mit 15 ihren ersten Kuss erlebt hatte und er hatte sie mit einem Mann gesehen, von dem er annahm, dass es Theodor war. Sie hatte unglücklich gewirkt in dieser Erinnerung.

"Aber wie Severus?", fragte Lysanna und richtete sich wieder auf dem Stuhl auf. Ihm war klar, dass sie nicht so einfach aufgeben würde. Sie hatte ihren Kampfgeist bereits mehrfach unter Beweis gestellt.

"Disziplinieren sie ihren Geist, kontrollieren sie die Emotionen. Ich weiß, dass es kein angenehmes Gefühl ist, wenn ihr ihre Gedanken durchsuche, aber seien sie sich einer Sache gewiss. Ich habe mich vorerst auf die positiven Gedanken konzentriert, jemand der ihnen schaden möchte, wird sich sofort auf ihre Ängste und Schwächen stürzen. Die gilt es zu verbergen.", entgegnete er, ohne ihre Frage damit wirklich zu beantworten. Sie musste es selbst herausfinden, musste den für sie richtigen Weg finden.

Nach drei weiteren erfolglosen Versuchen hatte es Lysanna beim vierten Mal tatsächlich geschafft, Severus nur eine Erinnerung sehen zu lassen. Warum es ausgerechnet ihre Ankunft in Hogwarts war, wusste sie nicht. Jedenfalls spielte sich diese Szene gerade in ihren Kopf ab, als sie sich zu fragen begann, was passierte, wenn die Erinnerung vorbei war. "Gut, Lysanna! Weiter! Zeigen sie mir nur, was ich sehen darf.", hörte sie seine Stimme.

Es kostete Lysanna einiges an Anstrengung sich so auf diese eine Erinnerung zu konzentrieren. Während sie jedoch vor ihrem geistigen Auge durch die große Halle schritt, bemerkte sie nicht, dass sie sich dabei von der Frage, was danach passieren wird, ablenken ließ. Dieser kleine Fehler öffnete Severus wiederum die Tür und sie kämpfte darum, die Kontrolle zurück zu erlangen. Erschrocken von dem plötzlichen Kontrollverlust sprang ihr Gehirn zu einer Erinnerung, in der sie einen ähnlichen Kontrollverlust gespürt hatte. Eine Erinnerung, von der sie nicht wollte, dass Severus sie sah. Aber je mehr sie sich darauf konzentrierte, ihm diese Erinnerung nicht zu zeigen, umso mehr manifestierten sich die Bilder und schließlich fühlte Lysanna sich gänzlich zurück versetzt, an diesen Abend vor etwa acht Jahr, als sie mit Theodor und zwei weiteren Kollegen das Anwesen der Malfoys betreten hatte.

"Alte Runen" eine Severus Snape FF - Snape x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt