Kapitel 9

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Langsam beruhigte sich Lysannas Puls, aber die Erschöpfung war deutlich zu spüren. Sie fühlte sich kraftlos und müde, als sie den Saal verlassen hatte und brauchte einen Moment zum Durchatmen.

Noch ehe die Tür jedoch ins Schloss fallen konnte, flog sie wieder auf und Professor Snape rauschte mit wallendem Umhang an ihr vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Sie wusste nicht welche Reaktion sie von ihm erwartet hatte, aber zumindest hatte sie irgendeine Reaktion erwartet. Stattdessen schien er sie einfach weiter zu ignorieren.

Vorsichtig setzte sie sich in Richtung ihrer Gemächer in Bewegung. Sie war müde und musste sich dringend ausruhen.

"Professor, wenn sie...", hörte sie die kalte tiefe Stimme, die von den Wänden des Ganges widerhallte. Überrascht drehte Lysanna sich um, spürte, wie ihr Herzschlag sich wieder beschleunigte.

"Ich habe einen Trank, der ihnen helfen wird. Folgen sie mir.", sprach Snape nach einer kurzen Pause weiter, ohne seinen Gesichtsausdruck zu verändern.

Lysanna wusste nicht, warum sie das Angebot annahm, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, keine Widerworte geben zu wollen. Sie hatte zwar keine Angst vor der düsteren Erscheinung des Professors, aber sie hatte durchaus Respekt vor seinem Auftreten und die Geschichten, die sie von den Schülern aufgeschnappt hatte, oder die Rolanda ihr erzählt hatte, trugen nicht gerade dazu bei, dass sie es sich mit dem Meister der Tränke verscherzen wollte.

Ohne etwas zu sagen, folgte sie ihm zu seinem Büro, wobei Lysanna Mühe hatte mit seinen schnellen Schritten mitzuhalten. Er schien keine Rücksicht auf sie zu nehmen.

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Er fragte sich, warum er ihr überhaupt dieses Angebot unterbreitet hatte, aber für einen Moment hatte er sich wieder von ihr Ablenken lassen und hatte beinahe so etwas wie Mitleid für McGonagalls Nichte verspürt, wie sie entkräftet und schwer atmend, angelehnt an die Wand, im Gang stand. Außerdem würde es ihm mehr als nur etwas Genugtuung verschaffen, wenn Lockhart davon erfuhr.

Mit einem Wink seines Zauberstabs ließ er die Tür zu seinem Büro auffliegen und ging zielstrebig auf eine der vielen Vitrinen zu, in denen er seine Tränke aufbewahrte. Er wusste genau, wo er suchen musste und als Lysanna sein Büro betrat, hielt er die kleine Phiole bereits in Händen.

Wäre Lysanna nicht so müde und entkräftet gewesen, hätte sie sicher versucht ein Gespräch anzufangen. Es war, als würden in ihrem Kopf tausende Fragen kreisen, die sie Snape hätte stellen wollen. Allem Voran, warum er seinen Angriff nicht beendet hatte.

Aber anstatt etwas zu sagen, folgte sie stumm seinen Anweisungen und setzte sich auf den Stuhl, den Snape ihr zurechtgerückt hatte. Ihr Herz raste noch immer und sie war froh, sich setzen zu können.

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Erschöpft hatte sie sich auf den Stuhl fallen lassen. Ihr Haar hing wild in ihr Gesicht, sie sah müde aus, aber ihre Augen strahlten noch immer. Seit sie in seinem Büro war, hatten sich ihre Blicke bereits einige Male gekreuzt, aber niemand sagte ein Wort. Seitdem er sie auf die Beine gezogen hatte und er ihr hierbei wieder nahe gekommen war, war ein Teil seiner Gedanken nur mit ihr beschäftigt. Er fragte sich, wie er wohl die kommende Woche meistern würde, wenn er sie den ganzen Tag um sich haben würde. Er musste diese Gedanken loswerden, musste sich konzentrieren. Lange hatte er nicht mehr so viel Interesse an einer Person gehabt, wie an dieser hübschen jungen Hexe, die, wie er wusste, gänzlich unerreichbar für ihn war. Es fiel ihm schwer zuzugeben, aber er hatte Angst davor, die Kontrolle zu verlieren und sich am Ende gänzlich in ihren schönen Augen zu verlieren.

Seine Liebe galt Lily. Einzig und allein.

Allein, dass er sich überhaupt solche Gedanken machte, erschreckte ihn.

"Alte Runen" eine Severus Snape FF - Snape x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt