Kapitel 70

1.1K 57 16
                                    

"Du wirst dir doch wohl selbst etwas einfallen lassen können, Severus. Man sollte meinen, dass du Lysanna mittlerweile gut genug kennst, um ein passendes Weihnachtsgeschenk für sie zu finden, nicht wahr?", Minervas Tonfall machte eindrucksvoll deutlich, wie amüsant sie die Hilflosigkeit ihres Kollegen fand. Es vergingen einige quälend lange und sehr stille Sekunden, in denen Minerva klar wurde, dass er wohl eben genau das wirklich nicht konnte. Hatte er überhaupt jemals ein Weihnachtsgeschenk für jemanden besorgen müssen?! Mitleidig sah sie ihn an, bevor sie ihm in mütterlicher Fürsorge die Hand auf die Schulter legte und ihn zu ihrer Couch führte. Sie würde ihm vielleicht doch ein ganz klein wenig helfen müssen.

"Oh Severus", ein leicht amüsiertes Lächeln konnte sie sich in dieser doch etwas absurden Situation einfach nicht verkneifen, "also wenn ich dir einen Rat geben kann, dann das du aufhören solltest, dir so darüber den Kopf zu zerbrechen. Lysanna ist niemand, der großen Wert auf Geschenke legt. Wenn du sie beeindrucken willst, dann schenke ihr etwas Persönliches. Etwas, das von Herzen kommt."

Minerva hatte wirklich nicht erwartet, dass sie Severus Snape jemals bei einer solchen Angelegenheit helfen würde, aber es ging eben am Ende auch um ihre Nichte. Und genauso wenig wie Minerva es jemals erwartet hätte, hatte auch Severus nie erwartet, Minerva McGonagall um Hilfe zu bitten, da er ein Weihnachtsgeschenk besorgen musste. Das Leben hielt eben einfach so manche Überraschung bereit.

-

Selbstverständlich war die Winkelgasse mehr als überfüllt, es war der letzte Samstag vor Weihnachten und Severus war ganz offensichtlich nicht der einzige, der bislang noch nicht die passende Idee oder Zeit gehabt hatte, Geschenke zu besorgen. Minerva hatte ihm zugesichert, ihm genügend Zeit zu verschaffen, so dass Lysanna keinen Verdacht schöpfen würde. Allein deswegen hatte er diese wirklich verlockend aussehende Flasche Feuerwhiskey schon für sie kaufen müssen, aber Severus wusste sehr wohl, dass er Minerva um einiges mehr verdankte, als nur die Möglichkeit, in Ruhe ein Geschenk für Lysanna zu besorgen. Wobei "in Ruhe" in Anbetracht des geschäftigen Treibens wohl eher der falsche Ausdruck war. Noch immer etwas planlos fand Severus sich nach einer Weile vor dem Schaufenster eines Juweliergeschäfts wieder. Gedankenversunken starrte er auf die wirklich reizend aussehenden Schmuckstücke und bemerkte nicht, dass sich die Tür des Geschäfts geöffnet hatte.

"Severus, welch Überraschung dich hier zu sehen. Die besten Zaubertrank Zutaten findest du immer noch in der Nokturngasse, ich denke nicht, dass du hier an der richtigen Adresse bist.", Severus kannte die Stimme nur zu gut, die ihn soeben aus seinen Gedanken riss. Als er sich umdrehte, blickte er direkt in das von langem weißblonden Haar umrahmte Gesicht von Lucius Malfoy, das von dem üblichen leicht erhabenen Grinsen geziert wurde.

"Wer ist die Glückliche?", fragte Malfoy nun ziemlich direkt und kicherte albern. Auch wenn die beiden früher einmal gut befreundet waren, so hatten sie sich in den vergangenen Jahren doch etwas voneinander distanziert und dieser überaus ironisch gemeinte Kommentar war in Anbetracht dessen doch mehr als unangebracht. Lucius wusste nur zu gut, dass Severus' Privatleben in den letzten Jahren, nein, aus seiner Sicht schon immer, lediglich aus Büchern, Einsamkeit und Zaubertränken bestanden hatte. Der Gedanke, dass Severus möglicherweise jemals so etwas wie eine Beziehung führen würde, kam ihm da sicherlich mehr als abwegig vor. Wahrscheinlich war es wohl auch das Beste, Lucius einfach in diesem Glauben zu lassen. Severus wollte sich nicht einmal ausmalen, was Lucius sagen, geschweige denn tun würde, wenn er von ihm und Lysanna erfahren würde. Noch dazu, da die beiden diese Beziehung, ja mittlerweile konnte man es durchaus als solche bezeichnen, geheimhalten wollten.

"Also, raus mit der Sprache. Was führt dich hierher?", schob Lucius nach, ehe Severus überhaupt etwas hätte antworten können.

Severus musterte ihn kritisch, wollte abwägen, wie er aus dieser Frage herauskommen würde, ohne tatsächlich etwas preisgeben zu müssen. Es gab wohl kaum eine logische Erklärung, warum Severus sich an einem Samstag vor Weihnachten freiwillig in einer überfüllten Einkaufsstraße aufhalten würde, noch dazu vor einem Juweliergeschäft.

"Alte Runen" eine Severus Snape FF - Snape x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt