Kapitel 22

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"Lakritzschnapper!", sagte Lysanna und langsam öffnete sich die Treppe zum Büro des Schulleiters. Albus hatte ihr bereits beim Mittagessen gesagt, dass er sie gerne sprechen würde, also hatte Lysanna sich nach ihrem Unterricht direkt auf den Weg in das Büro des Schulleiters gemacht. Sie konnte sich bereits denken, warum er mit ihr reden wollte.

Seit dem Spaziergang mit Severus vor einigen Tagen hatte Lysanna viel Zeit damit verbracht, darüber nachzudenken, ob sie nicht vielleicht doch einfach in Hogwarts bleiben sollte. Immer wieder war sie dabei jedoch zu der Entscheidung gekommen, dass ihre eigentliche Aufgabe doch im Ministerium lag. Sie hatte es dort so weit gebracht und ihr standen nach wie vor alle Karrierechancen offen, vorausgesetzt Theodor hatte sich mittlerweile beruhigt. Es war nicht so, dass ihr das Unterrichten in Hogwarts keine Freude bereitete, aber welche Perspektive hatte sie hier?

"Ah, Lysanna, da bist du ja. Komm rein! Eine Tasse Tee?", begrüßte Albus sie herzlich. So etwas gab es im Ministerium jedenfalls nicht...

"Sehr gern, Albus. Du wolltest mich sprechen?", fragte Lysanna und setzte sich auf den Stuhl, der vor dem Schreibtisch des Schulleiters stand. Während Albus Tee in zwei Tassen goss, ließ Lysanna den Blick durch das Büro schweifen. Dieser Raum hatte sie schon immer fasziniert, es gab in jeder Ecke (auch wenn das Turmzimmer streng genommen keine Ecken hatte) etwas zu entdecken. Der Phönix saß schlafend auf seiner Stange. Er hatte bereits einige Federn verloren und schien bald am Ende seines Lebenszyklus angekommen zu sein.

"Hier bitteschön. Ein paar Schokoladenkekse dazu?", fragte Albus und sah sie mit einem Lächeln über die halbrunden Gläser seiner Brille an.

"Nur Tee, danke.", lehnte Lysanna freundlich ab.

"Du kannst dir sicher bereits denken, worüber ich mit dir sprechen möchte, oder?", fragte Albus weiter, nachdem er sich selbst einen Schokokeks genehmigt hatte.

"Wahrscheinlich möchtest du mich überreden, hier zu bleiben, nicht wahr?", beantwortete Lysanna seine Frage mit einer Gegenfrage.

Albus nickte lachend.

"Überreden ist vielleicht der falsche Ausdruck Lysanna, aber ich wollte zumindest einmal mit dir darüber sprechen. Natürlich verstehe ich, wenn du wie geplant in deine Abteilung beim Ministerium zurückkehren willst, aber du hast dich als äußerst talentierte Professorin erwiesen und genießt nicht nur bei den Schülern mittlerweile ein hohes Ansehen, auch deinen Kollegen bist du ans Herz gewachsen.", erklärte Albus mit einem wissenden Grinsen. Lysanna wusste nicht ganz, ob er mit seiner letzten Bemerkung auf Severus anspielen wollte, oder ob er sich einfach allgemein auf alle bezog. Das Albus neugierig war hatte sie ja bereits am eigenen Leib erfahren dürfen. Trotzdem schmeichelten ihr die Worte. Lysanna hatte selbst gemerkt, dass sowohl die Schüler sie zu mögen schienen, als auch ihre Kollegen. Sie hatte immerhin mit allen ein beinahe freundschaftliches Verhältnis aufgebaut. Jetzt wo Lockhart weg war, gab es niemanden, mit dem sie nicht klar gekommen wäre. Noch einer der Gründe, der dafür sprach, in Hogwarts zu bleiben. Im Ministerium waren alle nur auf ihren eigenen Vorteil und ihr eigenes berufliches Vorankommen bedacht, so dass für echte Freundschaften einfach kein Platz war.

"Ich muss zugeben, dass mir die Arbeit hier auch weitaus mehr Freude bereitet, als ich erwartet hatte..", Lysanna zögerte.

"Aber?", frage Albus, dem ihr Zögern nicht entgangen war.

"Naja ich bin ehrlich zu dir. Ich...naja, das Ministerium erwartet von mir, dass ich zurückkomme. Denke ich zumindest.", so sicher war sich Lysanna nach all diesen Überlegungen gar nicht.

"Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was die richtige Entscheidung ist. Ich zerbreche mir seit Tagen den Kopf darüber und komme zu keiner wirklichen Lösung. Es ist.."

"Vielleicht solltest du aufhören diese Entscheidung deinem Kopf zu überlassen.", unterbrach Albus sie mit einem Grinsen im Gesicht. Lysanna starrte den Schulleiter verwundert an, seine Direktheit überraschte ihn sehr.

"Ich denke, du weißt, was ich dir damit sagen möchte.", kommentierte er Lysannas Gesichtsausdruck. Sie nickte nur und hatte Mühe, die Kontrolle über ihre Mimik zurück zu erlangen.

"Er mag dich wirklich sehr.", fügte Albus mit sanfter Stimme und einem aufrichtigen Lächeln hinzu. Hatten die beiden etwa miteinander geredet? Hatte Severus vielleicht sogar versucht, Dumbledore dazu zu bringen, sie zum Bleiben zu überreden? Nein, das war absurd.. Lysanna kannte Severus mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er sicher nicht mit Albus sein Liebesleben diskutierte. Auch wenn Lysanna sich keinen Reim darauf machen konnte, musste sie bei den Worten des Schulleiters unweigerlich lächeln.

"Ich weiß Albus. Ich...Ich werde einfach noch ein bisschen über alles nachdenken müssen.", erklärte Lysanna. Eine endgültige Aussage wollte und konnte sie noch nicht treffen.

"Hast du schon Pläne für die Ferien?", wechselte Albus nun abrupt das Thema. Lysanna brauchte einen Moment um diesem Themenwechsel folgen zu können, zu sehr war sie noch in ihre Gedanken vertieft.

"Ich hatte vor, meine Eltern zu besuchen. Nachdem ich über Weihnachten nicht dort war, wird es mal wieder Zeit denke ich.", entgegnete Lysanna und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch mit dem Schulleiter.

"Oh, das ist schön! Minerva erzählte mir einmal, dass deine Eltern viel auf Reisen gehen. Ich nehme an, du hast ein gutes Verhältnis zu deinen Eltern?", fragte Albus interessiert.

"Sagen wir, es geht. Mein Vater und ich sind nicht immer einer Meinung, aber wir kommen miteinander aus. Er ist der Meinung, dass die Abteilung für interne Ermittlungen nichts für mich ist. Er meint immer, ich solle mir eine vernünftige Position im Ministerium suchen. Aber naja...Sie sind wirklich viel auf Reisen, deswegen sehen wir uns sowieso nur selten.", erklärte Lysanna lächelnd.

Das Gespräch zwischen den beiden dauerte noch eine ganze Weile an, weil Albus sehr an Lysannas Tätigkeit im Ministerium interessiert war. Als sie das Büro des Schulleiters verließ, war es schon bald Zeit für das Abendessen.

-

Severus hatte Lysanna am Nachmittag gesucht, dann jedoch von Minerva erfahren, dass sie wohl für ein Gespräch im Büro des Schulleiters ist. Als er die große Halle betrat, war Lysanna bereits anwesend und unterhielt sich mit Pomona.

Die Ungewissheit bezüglich ihrer Entscheidung setzte ihm mehr zu, als er erwartet hatte und er hoffte sehr, dass sie nicht mehr zu lange warten würde. Noch mehr hoffte er selbstverständlich, dass sie sich gegen das Ministerium entschied.

"Severus, schön dich zu sehen.", sie schenkte ihm wieder dieses bezaubernde Lächeln zur Begrüßung, widmete sich dann aber wieder dem Gespräch mit Pomona. Zugegebenermaßen war er überhaupt nicht böse darum, die Ungewissheit und die Angst davor, sie gehen lassen zu müssen, führte dazu, dass er sich schwer tat mit ihr ins Gespräch zu kommen.

Er wusste, dass es keinen Zweck hatte, sie zu irgendetwas zu drängen. Lysanna musste diese Entscheidung allein treffen, er konnte nichts tun, als abwarten. Sie hatte ihm erzählt, dass sie in den Ferien zu ihren Eltern fahren würde. Die Ferien begannen bereits übermorgen. Eine Woche ohne sie, ohne ihr hübsches Lächeln, ihre zärtlichen Berührungen und ihre Sticheleien. Er konnte sich schon gar nicht mehr vorstellen, wie es ohne sie war. Dieser Gedanke machte ihm nur wieder bewusst, wie viel sie ihm bereits jetzt bedeutete, es erschreckte ihn. Die Angst vor Zurückweisung, die er in den letzten Wochen so erfolgreich verdrängt hatte, wurde mit jedem Tag, den das Ende des Schuljahrs näher rückte, wieder präsenter. Ihm war bewusst, dass er sich selbst im Weg stand, aber Severus war einfach noch nicht bereit dieses Risiko einzugehen, nicht wenn er nicht sicher sein konnte, dass ihre Liebe überhaupt eine Zukunft haben würde.

"Alte Runen" eine Severus Snape FF - Snape x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt