Kapitel 31

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Noch immer hielt Severus ihren schlafenden Körper fest umklammert. Um sie herum wurde es dunkel, die Dämmerung setzte ein und ein frischer Wind zog vom See herauf. Er wollte Lysanna nicht aufwecken, nicht jetzt. Sie sah so wunderschön aus, wie sie dort in seinen Armen lag und mit einem zarten Lächeln auf ihren Lippen schlief. Wahrscheinlich war die gesamte Schule mittlerweile beim Abendessen, zumindest hoffte Severus, dass dem so war, denn er wollte nicht von irgendwelchen Schülern gesehen werden. Die Gerüchteküche im Kollegenkreis hatte ihm bereits gereicht, dass sich nun auch noch Schüler den Kopf über Lysanna und ihn zerbrechen und sich bei jeder noch so kleinen Gelegenheit die Mäuler darüber zerreißen würden, brauchte er wirklich nicht.

Vorsichtig hob er sie hoch, nachdem er sich selbst vom kalten Steinboden erhoben hatte. Lysanna schmiegte sich an ihn, wachte jedoch nicht auf. Er musste sie nach drinnen bringen, sie musste sich ausruhen, immerhin hatte er ihr gerade einiges abverlangt. Aber all das war im Augenblick nicht wichtig, das einzige, was gerade zählte, war, dass sie bei ihm war und ihm verziehen hatte. Sie erlaubte ihm, sie lieben zu dürfen und erwiderte diese Liebe sogar. Noch nie in seinem Leben hatte sich Severus besser gefühlt, als in diesem Moment, auch wenn diese neuen und für ihn sehr ungewohnten Gefühle ihm noch immer etwas Angst machten. Sie gab ihm die Sicherheit, die er brachte.

Glücklicherweise hatte er den Weg ins Schloss und bis zu seinen Räumlichkeiten in den Kerkern hinter sich gebracht, ohne auf Schüler oder Kollegen zu treffen. Severus hatte kurz darüber nachgedacht, Lysanna in ihr eigenes Zimmer zu bringen, aber der Weg in den zweiten Stock schien ihm am Ende doch zu riskant. Eine willkommene Ausrede, denn Severus hatte nicht die Absicht, sie allein zu lassen. Er wollte bei ihr sein, wollte sie nicht loslassen müssen.

Vorsichtig öffnete er die Tür und legte Lysanna dann auf dem Sofa ab. Sofort drehte sie sich auf die Seite und noch immer wurde ihr Gesicht von diesem zufriedenen Lächeln geziert, dass er so liebte. Sie schlief einfach weiter, wahrscheinlich war sie wirklich am Ende ihrer Kräfte. Sie hatte einiges an Widerstand geleistet, auch wenn sie mehr als überrascht von seinem Angriff gewesen war. Eine leichte Gänsehaut zierte Lysannas weiche Haut, sie fror. Severus zögerte nicht lange und deckte sie liebevoll mit einer Wolldecke zu. Ihren Körper berühren zu dürfen, ließ sein Herz höher schlagen. Die Situation kam ihm tatsächlich noch etwas surreal vor, vor wenigen Stunden noch, hatte sie ihn verachtet und nun lag sie mit einem zufriedenen Lächeln auf seinem Sofa und schlief. Zärtlich strich er eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht, streichelte vorsichtig über ihre Schulter und setzte sich anschließend in seinen Sessel. Langsam beruhigte er sich und genoss einfach nur diese wohlige Woge aus Gefühlen, die über ihn hinweg gerollt war.

Severus Blick ruhte auf Lysanna, aber in seinen Gedanken war er noch immer am Bootshaus und ließ die letzten Stunden revue passieren. Er hatte gehofft, dass Lysanna ihm verzeihen würde, aber dass der Tag so Enden würde, das hätte er nie zu träumen gewagt. Bei all den Glücksgefühlen und der Liebe kam leider bei seinen Überlegungen auch der eine Gedanke zurück, den er in den letzten Stunden erfolgreich verdrängt hatte. Er hatte sich von seinen Gefühlen leiten lassen, die seine Ängste und Zweifel problemlos zurückgedrängt hatten, aber jetzt, wo die Ruhe der Nacht Einzug erhielt, gewann Severus langsam aber sicher wieder die Kontrolle über seine Gedankenwelt zurück. Lysanna würde Hogwarts verlassen. Er musste sie gehen lassen. Diese Erkenntnis traf ihn wie ein Dolch mitten ins Herz. Er wollte sie nicht gehen lassen, nicht jetzt, nachdem er ihr endlich seine Gefühle offenbart hatte. Nicht jetzt, wo er endlich all das hatte, wonach er sich bereits sein ganzes Leben sehnte. Über diese Gedanken fiel Severus selbst in einen unruhigen Schlaf.

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Als Lysanna die Augen aufschlug fand sie sich in Dunkelheit gehüllt. Sie hatte sofort realisiert, dass sie nicht mehr am Bootsanleger war. Sie lag auf etwas weichem, eine warme Decke lag über ihr und nachdem sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte sie im schwachen Licht, dass durch die kleinen Fenster in den Raum fiel, dass sie in Severus Gemächern war. Sie lag auf seinem Sofa. Mit einem Mal erinnerte sie sich auch an das, was sich in den vergangenen Stunden am Bootshaus ereignet hatte. Sofort wurde ihr Körper wieder von dieser angenehmen Wärme erfüllt. Sie fühlte sich erstaunlich wach und ausgeschlafen, aber es konnten nur einige Stunden Schlaf gewesen sein. Lysanna erinnerte sich nicht daran, wie sie hier hergekommen war, die letzte Erinnerung, die sie hatte, war Severus zärtliche Umarmung am Bootshaus.

"Alte Runen" eine Severus Snape FF - Snape x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt