Kapitel 37

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Das hartnäckige Picken der Eule riss Lysanna aus ihrem unruhigen Schlaf. Ein Brief. Sofort waren ihre Gedanken bei Severus. Noch immer hatte er nicht auf ihren Brief geantwortet, bis zum Beginn des Schuljahres blieben ihr nur noch zehn Tage.

Die Eule flatterte kreischend herein und ließ den Brief auf den Boden fallen, bevor sie aus dem offenen Fenster verschwand. Lysanna hob den Brief vorsichtig auf. Ein Brief aus Hogwarts, versehen mit dem offiziellen Siegel der Schule. Dumbledore. Ihr Herz raste, als sie den Brief öffnete und das Papier im Innern herauszog.

Liebe Lysanna,

ich hatte früher mit deinem Brief gerechnet! Ich stehe zu meinem Wort, wenn du zu deinem stehst. Wie es der Zufall will haben wir noch keinen Ersatz für deine alte Stelle, du bist jederzeit willkommen.

Wann der Hogwarts Express abfährt, solltest du mittlerweile wissen...

Bis bald,

Albus

PS.: Schokolade und Toffee habe ich schon immer am liebsten gemocht.

Lysanna musste den Brief mehrmals lesen, bis sie realisierte, dass sie tatsächlich zurückkommen durfte. Mit einem Mal fiel ihr ein riesiger Stein vom Herzen. Zehn Tage, in denen sie alles regeln musste, zehn Tage, bis sie Severus endlich wiedersehen würde. Auch wenn ihr nicht wohl bei diesem Gedanken war, hoffte Lysanna inständig, dass er ihr noch eine Chance geben würde. Sie hatte einen Fehler gemacht, aber hatte er das nicht auch getan? Er hatte ihr seine Vergangenheit verschwiegen. Mittlerweile kam es Lysanna mehr als töricht vor, dass sie ihn nur deswegen so abgewiesen hatte. Sie war geschockt gewesen von seiner Beichte, aber es hatte nichts daran geändert, dass sie ihn liebte. Noch immer hatte sich daran nichts geändert.

Zum ersten Mal seit Wochen spürte Lysanna Freude, sie freute sich auf Hogwarts. Diese Entscheidung fühlte sich richtig an. Es gab keinen Zweifel mehr daran, dass Hogwarts ihre Zukunft war.

-

Erst am Abend des 31. August traf Severus wieder in Hogwarts ein. Die Vorbereitungen für das neue Schuljahr hatte er bereits vor den Ferien beendet, es war ohnehin jedes Jahr ähnlich und er musste nur kleine Änderungen vornehmen. Wieder hier zu sein änderte nichts an dem Chaos, das nach wie vor in ihm herrschte. Acht Wochen hatten nicht ansatzweise gereicht, um seinen Gedanken Herr zu werden. Es kam ihm eher so vor, als würde er sich langsam an diese Leere, diesen Schmerz gewöhnen, den Lysannas Abwesenheit ihm bereitete. Sie fehlte ihm mehr als sonst irgendetwas.

Als er sein Büro betrat, fiel sein Blick sofort auf den kleinen Stapel Briefe, der auf seinem Schreibtisch aufgetürmt war.

Drei der vier Briefe waren Mitteilungen, dass die Zutaten, die er bei einem Händler angefragt hatte, wieder vorrätig waren, aber als er den letzten Brief in Augenschein nahm, drohte sein Herz stehen zu bleiben. Er erkannte die feine Handschrift sofort. Lysanna. Sie hatte ihm geschrieben. Der Brief musste schon eine ganze Weile hier liegen, denn die anderen Schreiben waren alle auf Ende Juli datiert und Lysannas Brief hatte im Stapel ganz unten gelegen. Warum hatte man ihm den Brief nicht weitergeleitet. Er hatte Filch mit seiner Post beauftragt, wahrscheinlich lag darin bereits das Problem.

Den ungeöffneten Brief in Händen und mit rasendem Herzen setzte Severus sich an seinen Schreibtisch.

Vorsichtig öffnete er den Umschlag, er wollte unter keinen Umständen den Inhalt beschädigen. Für einen Moment hatte er sogar die Schmerzen vergessen, Lysanna war plötzlich wieder präsent in seinem Leben, sie hatte noch immer Interesse für ihn.

Langsam faltete er das Papier auseinander.

Hallo Severus,

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob du dich über diesen Brief überhaupt freuen wirst, hoffe es aber. Du fehlst mir.

Leider musste ich feststellen, dass sich hier im letzten Jahr einiges verändert hat. Meine Rückkehr ins Ministerium lief nicht so, wie erhofft. Ich würde mich freuen, wenn ich dir vielleicht bei einem Glas Wein alles erzählen könnte. Es gibt Neuigkeiten, die ich dich wissen lassen möchte.

Lysanna

Er musste mehrfach ansetzen, bis er den Brief komplett gelesen hatte, denn immer wieder war er an den Worten "Du fehlst mir" hängen geblieben. Als er den Rest des Briefes gelesen hatte, kam ihm der Artikel aus dem Tagespropheten wieder in den Sinn. Offenbar war Lysanna auch betroffen. Sie hatte mit ihm darüber sprechen wollen. Mit ihm. Und er war nicht für sie da gewesen. Er hatte sich nicht einmal dazu durchringen können, Kontakt mit ihr aufzunehmen, weil er dachte, dass sie das nicht wollen würde. Und jetzt musste er feststellen, dass sie wahrscheinlich über einen Monat auf eine Antwort von ihm gewartet hatte. Er würde ihr antworten. Der Gedanke trieb ihm unweigerlich ein kaum merkliches Lächeln ins Gesicht. Gleich morgen Abend würde er ihr schreiben. Vielleicht gab es doch noch einen letzten Funken Hoffnung. Vielleicht musste Severus sich einfach nur darauf einlassen..

"Alte Runen" eine Severus Snape FF - Snape x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt