Einige Zeit später machten wir uns tatsächlich auf den Weg. Ausgerüstet mit einem Picknick liefen wir durch den Wald. Den See hatten wir hinter uns gelassen und folgten dem Fluss aufwärts.
Robin hatte einen tragbaren Lautsprecher an seinen Rucksack gehängt und nach einiger Diskussion durfte Kim die Musik aussuchen. Es waren die Lieder, die momentan auch immer im Radio liefen. Nichts Besonderes also. Das war ein guter Grund, um zu schweigen, nur Kim trällerte die Lieder mit, wenn sie ihr besonders gut gefielen.
Doch irgendwann legte Robin seinen Arm um meine Schultern. Ich atmete tief ein und versuchte mit aller Macht mich nicht aufzuregen. „Was willst du?"
„Mit dir reden.", antwortete er schlicht und verlangsamte seine Schritte, sodass wir beide gezwungenermaßen etwas zurückfielen und nun einige Meter hinter den anderen beiden liefen.
„Ach ja?" Ein und Aus. Ein und Aus. Es war nur sein Arm. Kein Grund sich aufzuregen. Ich konnte das.
„Ich finde es toll, dass du Frieden mit uns schließt.", stellte er fest, schaute mich dabei aber nicht an.
„Ich musste nur mit dir Frieden schließen. Mit den anderen hatte ich nie ein Problem.", gab ich zurück und schlüpfte nun doch unter seinen Arm durch.
Er lachte schnaubend auf und schaute zu mir nach unten. Wieso musste er eigentlich so groß sein? Ich hasste es, wenn er so auf mich hinabblickte. Nach einigen Sekunden seufzte er. „Kannst du mir mal erklären, was du gegen mich hast?"
„Ist das dein Ernst?", fragte ich ungläubig, wartete aber nicht darauf, dass er es bestätigte. „Du bist ein arroganter, eingebildeter, nerviger Mistkerl, der mich schon bei unserer ersten Begegnung auf meinen Körper reduziert hat und mich allen Anschein nach nur ins Bett kriegen möchte. Außerdem kannst du mich nicht in Ruhe lassen und mischt dich ständig in Angelegenheiten ein, die dich absolut nichts angehen! Rein gar nichts!"
Er erwiderte nichts auf meine Aufzählung, sondern lief ein paar Minuten schweigend neben mir her. Ich warf ihm einen kurzen Blick zu. Er hatte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck aufgesetzt, aber ich konnte nicht sagen, worüber er so konzentriert nachdachte. Manchmal wünschte ich mir, ich könne in die Köpfe der anderen hineinsehen. Fast hätte ich laut über meine eigenen Gedanken gelacht. Hatte ich mir wirklich gerade gewünscht, dass ich Robins Gedanken lesen konnte, obwohl ich mir sonst immer wünschte er würde schweigen?
Nach einigen weiteren Minuten sagte er: „Okay."
Verwirrt schaute ich ihn an. „Was ist okay?"
Robin schüttelte den Kopf und rieb sich mit seiner Hand den Nacken. „Wir sind gleich da."
Er beschleunigte seine Schritte, sodass er wieder ganz vorne lief.
Tatsächlich liefen wir nur noch einige Meter, als einer nach den anderem durch eine schmale Spalte in einem Felsen trat. Es war kein großer Berg, vielleicht zehn Meter hoch, aber recht breit wie es schien. Ich folgte ihnen. Dahinter verbarg sich ein schmaler Gang. Viel Tageslicht drang nicht in die Höhle ein, aber Robin hatte die Taschenlampe seines Handys eingestellt.
Der Tunnel wurde immer breiter und mündete in einer großen Öffnung. Mir verschlug es kurz den Atem als ich erblickte, was dahinter lag. Es war, wie sie gesagt hatten, wirklich nicht allzu groß, aber dennoch größer als ich erwartet hatte. Kleine Steine säumten das Ufer, das wohl schätzungsweise zehn Meter breit war und ein Paar große Felsen ragten aus dem Wasser auf, die einen förmlich dazu einluden von einem auf den anderen zu springen. Das Wasser selbst war klar, trotz der leichten Strömung, die vom Fluss verursacht wurde. Die Sonne glitzerte golden über der Wasseroberfläche. Manchmal wünschte ich mir ja, dass ich einfach reinspringen und untertauchen könnte. Das Wasser auf meiner Haut spüren und durch das kühle Nass gleiten. Ich hatte mich dabei immer so schwerelos gefühlt. Frei und unbesorgt. Aber dieser Wunsch wurde getrübt von der Angst, die ich empfand. Allein die Vorstellung das zu tun tat so weh, dass es mit gelegentlich den Atem raubte. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken, obwohl die Sonne warm auf meinen Körper strahlte.
Als ich mich von dem See losgerissen hatte, stellte ich fest, dass die anderen drei schon auf ihren Handtüchern saßen und mich amüsiert beobachteten.
„Kommst du endlich her?", rief mir Kim zu. „Wir beißen nicht!"
„Zumindest nicht außerhalb des Bettes!", fügte Robin mit einem Grinsen hinzu.
Kim schlug leicht auf seinen Arm, aber lachte trotzdem auf. „Hast du nicht gesagt!" Sie schüttelte den Kopf. „Elle lässt ja wirklich deine schlimmste Seite zum Vorschein treten. Solche Kommentare hast du schon lang nicht mehr benutzt!"
„Ach er kann auch anders sein?", fragte ich und breitete nun auch selbst mein Handtuch aus.
Kim nickte wild. „Oh und ob er das kann! Eigentlich ist er ein super lieber Kerl!"
„Tatsächlich?", fragte ich und hob fragend die Brauen.
Sie nickte erneut. „Er ist wirklich toll! Kennst du das Sprichwort: Harte Schale, weicher Kern? Das passt auf keinen besser als auf ihn. Wenn man ihn nicht kennt, dann wirkt er wie der größte Arsch und man kann bei so vielen Gelegenheiten den Wunsch verspüren, ihm eine reinzuschlagen, aber wenn man ihn richtig kennt, dann merkt man, dass er eigentlich ganz anders ist. Dann weiß man, dass er alles für einen tun würde. Er ist der loyalste Mensch, den ich kenne! Ich weiß ganz genau, dass ich mich immer auf ihn verlassen kann. Egal was kommt. Damals als mein Vater krank war... Er war für mich da. Er ist jeden Tag mit mir ins Krankenhaus gefahren und hat auf mich gewartet, bis ich fertig war. Auch wenn es den ganzen Tag gedauert hat. Nur, damit ich nicht allein sein würde, falls irgendwas passiert wäre. Er blieb bei mir. Tag und Nacht." Sie lächelte Robin an und wenn ich mich nicht täuschte hatte sich sein Gesicht sogar leicht rosa gefärbt, aber bevor ich mich dessen vergewissern konnte, sprang er auf und zog beim Rennen sein Shirt aus. „Kommt ihr mit ins Wasser?"
Oli und Kim sprangen beide direkt auf und entledigten sich ihrerseits ihren Klamotten, doch bevor Kim den Jungs folgte, schaute sie mich einladend an, doch ich schüttelte den Kopf.
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Greatest Love but Greatest Fear
Teen FictionElles Leben hatte sich von einem auf den anderen Tag geändert. Nichts war mehr gewesen wie bisher. Sie hatte alles verloren. Doch dieser Tag war nun schon drei Jahre her und trotzdem war sie noch immer nicht bereit loszulassen. Aber ihr Umzug in da...