„Hallo Robin. Es tut mir leid. Ich wollte das nicht. Kim hat gar nichts falsch gemacht und ich kann gar nicht glauben, dass sie das tatsächlich denkt. Wenn ich mich komisch verhalte, dann hat das rein gar nichts mit ihr zu tun. Die Wahrheit ist sogar, dass ich, bevor ich sie kennengelernt habe, wahrscheinlich noch viel komischer war. Du sagst, ich tue ihr gut? Sie tut mir gut. Sie hat mir seit dem ersten Tag an geholfen und ich bin ihr dafür unfassbar dankbar, weswegen ich den Gedanken auch unerträglich finde, dass sie jetzt leidet, weil sie denkt etwas falsch gemacht zu haben. Du schlägst vor, dass ich ihr die kommenden Tage mehr schreibe. Das werde ich tun. Das hätte ich schon die ganze Zeit machen sollen... Noch bevor ich deinen Text gelesen habe, habe ich ihr auch geschrieben, dass ich die Freundschaft zu ihr sehr wertschätze. Ich hoffe sie glaubt es mir, denn es ist die Wahrheit. Sie ist ein großartiger Mensch. Ein Mensch, den ich nie wieder verlieren möchte! Ich hoffe, dass ich ihr das zeigen kann"
Es dauerte drei Atemzüge lang bis ich meinen Finger überreden konnte auf Senden zu drücken, nur um dann noch eine weitere Nachricht hinterherzuschicken:
„Oh, sorry, ganz vergessen: Ich wünsche dir auch ein frohes neues Jahr!"
Erneut legte ich mein Handy für einige Minuten zur Seite. Dann griff ich wieder danach, um auf den Chat mit Kim zu gehen.
„Hey Kim, ich wollte nur nochmal betonen, dass-" Kopfschüttelnd löschte ich das Getippte wieder. „Es ist nicht so, wie du denkst-" Löschen. „Ich ertrage die Vorstellung nicht, dass-" Nope. Löschen. „Es liegt nicht an dir, sondern an mir." Auch das löschte ich. Nichts davon konnte ich schreiben.
Als eine weitere viertel Stunde vergangen war, ging ich auf unseren Gruppenchat.
„Hey ihr, ich wollte mich hier nochmal melden und zwar, weil ich mich noch einmal bedanken will bei euch und zwar für euch. Ihr habt nicht gezögert mich in eurer Gruppe aufzunehmen, obwohl ihr gesehen habt, dass ich einen an der Klatsche habe... Das war, spätestens nach einem Tag, kaum zu übersehen und trotzdem habt ihr mich akzeptiert und schon hatte ich Freunde an der neuen Schule. Für viele mag das ein selbstverständlicher Gedanke zu sein, aber ich hatte nicht damit gerechnet dort Freunde zu finden und erst recht nicht solche wie euch, weil ich weiß, dass ich furchtbar bin. Glaubt mir, wenn ich euch sage, dass wenn ich mich seltsam verhalte das nichts mit euch zu tun hat, sondern nur mit mir. Ich weiß, dass ich euch eigentlich eine Erklärung für mein Verhalte schulde, aber die kann ich euch nicht geben. Was auch nicht an mangelndes Vertrauen in euch liegt, sondern erneut nur an mir liegt. Es tut mir leid, dass ich so verkorkst bin, aber, auch wenn ihr das nicht glauben werdet, es wurde schon sehr viel besser seit ich euch kenne! Ich freu mich darauf euch wiederzusehen nächste Woche, Elle"
Neunmal las ich die Nachricht bevor ich mit geschlossenen Augen auf Senden drückte und mein Handy schnell auf das Sofa warf, als würde ich mich daran verbrennen.
Waren das die richtigen Worte gewesen? Sie waren wahr, ohne aber die Wahrheit zu enthalten. Ohne eine Erklärung zu enthalten. Ich hatte nur geschrieben, dass ich einen Schaden hatte und dass mein komisches Verhalten nur darauf zurückzuführen war und nicht etwa auf sie. Was stimmte. Genau so war es.
Ich traute mich nicht mein Handy zu nehmen, auch wenn es mehrfach vibrierte, um mir mitzuteilen, dass neue Nachrichten eingegangen waren. Stattdessen lief ich in die Küche und öffnete den Tiefkühler. Zu meinem Glück lag da tatsächlich noch die Packung Schokoladeneis, die ich im Sommer gekauft hatte. Ein Blick hinein verriet mir, dass das meiste schon aufgegessen war. Also schnappte ich mir nur noch einen Löffel und nimm die ganze Packung mit aufs Sofa.
Die Kälte beruhigte mich, genauso wie die Schokolade und der Gedanke, dass ich Mitten in der Nacht im Winter Eis aß, amüsierte mich sogar ein kleinen Wenig, aber gab es überhaupt eine falsche Zeit für Eis? Nein, ganz klar nein. Eis ging immer!
Als mein Handy noch einmal vibrierte, griff ich nun doch danach.
Sieben neue Nachrichten.
Christoph: „Frohes Neues Jahr! Ich will dich nicht stören mit deinen Freunden, aber wenn etwas ist, dann ruf mich an, Christoph"
Oli im Privatchat: „Wahrscheinlich ist jeder von uns ein Spinner und deswegen passen wir alle so gut zusammen XD"
Kim im Gruppenchat: „Danke für deine Worte! Wenn du doch mal reden möchtest, dann bin ich immer für dich da! Das weißt du hoffentlich <3"
Oli im Gruppenchat: „Jeder hat Sachen, über die er nicht reden möchte, aber manchmal hilft es, wenn man mit Freunden spricht und wie Kimmi sagt, sobald du dazu bereit, sind wir hier!"
Robin im Gruppenchat: „Dass wir dir zuhören, wenn du uns etwas erzählen willst, ist ja offensichtlich und auch wenn wir sonst etwas für dich tun können, musst du nur ein Wort sagen! Ach und wir haben dich sehr gerne in unsere Gruppe aufgenommen! Du bist die perfekte Ergänzung und ich glaube ich spreche für uns alle, wenn ich sage, dass wir uns es nicht mehr ohne dich vorstellen können. Uff, das ist so kitschig! Da wird mir ja selbst schlecht, wenn ich das lese"
Kim im Privatchat: „Hab dich lieb! <3<3<3<3"
Robin im Privatchat: „Sorry, dass ich dein Jahr so begonnen habe. Ich hoffe du hattest trotzdem einen guten Rutsch und damit du es weißt: Sie hat es zwar nicht zugegeben, aber ich habe gesehen, wie Kim ein Stein vom Herzen gefallen ist als sie deine Nachricht gelesen hat, auch wenn du nichts erklärt hast. Danke, dass du das gemacht hast"
Das war doch gar nicht so schlecht. Auch wenn ich mir sicher war, dass ich das nicht vergessen würde, speicherte ich mir für die nächsten Woche eine tägliche Erinnerung in den Kalender, dass ich Kim schreiben sollte. Aber fürs erste war das glaub ich ganz gut. Vielleicht konnte ich so das Schlimmste abwenden und wenn ich es auch noch schaffen würde das Schwimmbad zu betreten, dann könnte ich Kim schon zeigen, dass sie mir wichtig war.
Wobei ihr wahrscheinlich gar nicht bewusst sein würde, wie schwer es für mich gewesen war an diesen Punkt zu kommen. Falls ich es schaffte.... Denn bisher war ich nur vor dem Schwimmbad gewesen und schon da war ich erschlagen worden. Das war wohl nicht unbedingt sehr hoffnungserweckend...
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Greatest Love but Greatest Fear
Teen FictionElles Leben hatte sich von einem auf den anderen Tag geändert. Nichts war mehr gewesen wie bisher. Sie hatte alles verloren. Doch dieser Tag war nun schon drei Jahre her und trotzdem war sie noch immer nicht bereit loszulassen. Aber ihr Umzug in da...