Auch als wir uns nach dem Essen ins Bett gelegt hatten, hatte sich mein Herzschlag noch nicht wieder beruhigt. Es schlug in einer Geschwindigkeit, die mich fürchten ließ, dass es gleich ein Kurzschluss erleiden würde.
An Schlaf war beim besten Willen nicht zu denken, obwohl Robins Arm um meinen Körper mir bereits geholfen hatte. Ich lauschte seinem gleichmäßigen Herzschlag und versuchte alles andere aus meinen Gedanken zu verdrängen.
„Möchtest du vielleicht lieber noch einen Film gucken oder so?", flüsterte Robin nach einer Weile und strich sanft über meinen Rücken.
Ich hob meinen Blick, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen, doch in seinen Augen lag Sorge. Wie auch schon früher, konnte ich nicht umhin mich über seine Augen zu wundern. Ich hatte immer gesagt, dass ich die schwarze Farbe gruselig fand, aber mittlerweile überwog die Faszination vollständig. Selbst im dämmrigen Licht der Nachtischlampe schienen sie zu funkeln.
„Was denkst du?" Er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und ließ seine Finger auf meiner Wange liegen.
Von einem Impuls geleitet, ohne darüber nachzudenken, was ich tat, rollte ich mich auf, sodass meine Beine jeweils auf einer Seite seines Körpers lagen und beugte mich runter. Mein Atem ging schwer als ich seine Lippen betrachtete.
Robin hatte seine Augen geweitet, aber ansonsten blieb er still. Zumindest bis ich auch den letzten Abstand zwischen unseren Lippen überbrückte uns ihn küsste, denn diesen Kuss erwiderte er.
Eine Hand wanderte meinen Rücken entlang, die andere vergrub er in meine Haare, doch genauso plötzlich wie der Kuss begonnen hatte, endete er auch.
Robin schob mich zurück und schüttelte den Kopf. Sein Atem ging schwer. Mit seinem Blick hielt er meinen gefangen. „Stopp."
„Was?", fragte ich verwirrt. Auch mein Atem ging schwerfälliger als sonst. Am Tempo meines Herzschlages hatte sich nicht viel verändert, doch glaubte ich, dass es jetzt zumindest teilweise ein anderer Grund dahinterlag. „Wieso? Ist es nicht das, was du die ganze Zeit wolltest?"
„Oh und wie ich wollte! Wie ich will!" Er seufzte und legte eine Hand auf mein Gesicht. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich das will. Wie sehr ich dich will und verdammt, es war unfassbar schwer das zu unterbrechen. Alles an mir sträubte sich dagegen!"
„Warum hast du es dann getan?", wollte ich wissen und machte Anstalten mich wieder seinen Lippen zu nähern, doch er schüttelte den Kopf.
„Elle," Er seufzte. „Glaub mir, ich will, aber ich will, dass du es auch willst. Ich will, dass du das machst, weil du es wirklich willst. Dass du es machst, weil du mich willst, nicht weil du deinen Schmerz vergessen möchtest. Ich will nicht, dass du das später bereust."
„Oh..." Mehr fiel mir nicht dazu ein. Ich wusste nicht, ob er recht hatte. Es waren seine Augen, die mich dazu veranlasst hatten, oder nicht? Hatte er recht und ich hatte das nur getan, um zu vergessen?
„Wenn du immer noch willst, sobald es dir besser geht, dann bin ich sowas von dabei, glaub mir!" Mit seinem Daumen strich er über meine Wange. „Aber solange du nicht mit Gewissheit sagen kannst, dass du es später nicht bereuen würdest, können wir das nicht machen."
„Es wäre ja nicht das erste Mal."
„Was?" Er richtete sich auf und rutschte nach hinten ins Bett, sodass sein Rücken gegen die Wand lehnte. Ich saß weiterhin auf ihm drauf. „Was meinst du? Was wäre nicht das erste Mal."
„Oh stimmt ja..." Ich rieb mir über den Nacken. „Du erinnerst dich ja nicht mehr daran..."
„Woran erinnere ich mich nicht mehr?" Seine Stirn lag in Falten, doch in seinen Augen lag blankes Erstaunen, als würde zumindest ein Teil von ihm schon ahnen, worauf das hinauslief.
„Daran, wie wir uns geküsst haben."
„Wann? Wie? Wo?"
„Ähm... Auf der Party damals am See... An Kims Geburtstag." Genau genommen war es am Tag danach gewesen, aber auf dieses Detail kam es jetzt nicht an. „Du hast mich daran erinnert, dass ich dir noch einen Kuss schulde. Es war schließlich die Abmachung gewesen."
„Das kann doch nicht wahr sein! Du willst mir allen Ernstes erzählen, dass wir uns geküsst haben und ich mich nicht mehr daran erinnern kann?!"
Schmunzelnd zuckte ich mit den Schultern. „Ja."
„Warte! Du hattest einen-" Er strich über seinen Hals.
„Ja, hatte ich."
„Das war ich?"
„Das warst du.", bestätigte ich.
„Aber wir haben nicht –"
„Nein, haben wir nicht."
„Oh. Gut."
„Gut?"
„Na, wenn wir jemals miteinander schlafen sollten, dann würde ich mich schon gerne daran erinnern können."
„Oh." Die Hitze schoss mir ins Gesicht, aber ich konnte nicht anders als zu grinsen, wenn ich sein Gesichtsausdruck betrachtete.
„Ich fasse es nicht, dass ich mich nicht daran erinnern kann."
„Wieso hast du es aber nie wieder angesprochen?", stellte ich die Frage, die ich mir im Laufe der Zeit selbst mehrfach gestellt hatte. Wenn sich Robin nicht daran erinnern konnte, musste das ja heißen, dass er dachte, ich hätte meinen Teil der Abmachung nicht erfüllt. Was hatte ihn also daran gehindert sich seinen Teil abzuholen?
„Oh ja..." Er kratzte sich am Hinterkopf. „Nun ja... Ich wollte dich nicht zwingen etwas zu tun, was du nicht tun wolltest..."
Ich hob die Brauen.
„Ja, ich weiß. Das klingt jetzt total bescheuert, schließlich habe ich damals diesen Deal vorgeschlagen und habe bei der Party genau das gemacht... aber ich hatte das eigentlich nicht mehr vorgehabt. Nicht mehr seit dem ersten Mal. Alkohol ist keine Entschuldigung für schlechtes Verhalten, aber ich befürchte, dass es mich dazu gebracht hat meine Entscheidung zu revidieren..."
Ich dachte an diese Nacht zurück. „Du hast es zwar angesprochen... Aber du hast keine Anstalten gemacht es wirklich zu tun. Ich war es, die die Initiative ergriffen hat. Du schienst... eher überrascht, dass ich es wirklich getan habe."
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Greatest Love but Greatest Fear
Teen FictionElles Leben hatte sich von einem auf den anderen Tag geändert. Nichts war mehr gewesen wie bisher. Sie hatte alles verloren. Doch dieser Tag war nun schon drei Jahre her und trotzdem war sie noch immer nicht bereit loszulassen. Aber ihr Umzug in da...