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Statt zu schlafen, lag ich auf dem Rücken auf dem Bett. Mein Herz pochte laut in meiner Brust, als müsste es das gesamte Dorf hören können. Wie konnte ich nur glauben, dass das hier eine gute Idee gewesen war. Das war es nicht. Ich konnte das hier nicht. Was war nur in mich gefahren? Völlige Selbstüberschätzung! Ich hatte noch nicht einmal einen Fuß über die Stadtgrenze gesetzt und war schon am Ende meiner Kräfte. Ich versuchte mir einzureden, dass ich das schaffen könnte. Ich hatte dieselben Zweifel gehabt als ich in den Weihnachtsferien das Schwimmbad hatte betreten wollen und doch hatte ich es geschafft. Aber auch nur dank Adrian, doch er war nicht hier. Er nicht, aber jemand anderes war hier. Die Frage war nur, ob er mir eine genauso große Stütze seinen konnte wie Adrian. Das war viel verlangt. Sehr viel. Zu viel.

„Robin?", fragte ich leise in die Dunkelheit raus. „Bist du wach?"

„Ja.", hörte ich seine Stimme vom anderen Ende des Raumes. Er hatte  sich auf dem Sofa schlafen gelegt, um mir das Bett zu überlassen, obwohl ich gesagt hatte, dass ich auf dem Sofa schlafen könnte. Ich schluckte, als könnte ich den Kloß in meinem Hals damit verschwinden lassen können, bevor ich fragte: „Hast du begriffen, wo wir hier sind?"

Ich hörte das Rascheln seiner Decke als er sich bewegte, auch wenn ich nichts sah. Robin antwortete nicht sofort. Ich wusste nicht, ob er zögerte, weil er nicht wusste, ob er seine Vermutung aussprechen sollte oder ob er erst jetzt über die Frage nachdachte, was ich hier wirklich wollte. „Ist Hofond... Du hast in Hofond gelebt, oder?"

Ich nickte, auch wenn er es nicht sehen konnte. „Ja. Ich bin hier groß geworden. Das war unser zuhause, aber seit dem Tag war ich nie wieder hier. Ich hab mich nicht getraut hierher zurückzukehren. Traue mich noch immer nicht. Ich weiß nicht, ob ich das schaffe. Oder nein, eigentlich weiß ich, dass ich das nicht schaffe... Aber das hab ich schon mehrfach gewusst und es hat doch funktioniert. Deswegen bin ich hier."

„Und ich bin an deiner Seite, so lange du mich dort haben willst."

Ich erwiderte nichts darauf.

„Und um das klarzustellen,", fügte er hinzu. „Ich weiß, dass du das kannst. Du bist nicht allein. Ich bin für dich da. Auch Kim und Oli sind für dich da. Wir alle wollen dir helfen. Du bist stark. Du kannst das auch ohne uns schaffen, aber dafür gibt es keinen Grund. Ich bin hier. Ich bin für dich da. Ich kann gehen, wenn du niemanden um dich haben willst, aber sei dir gewiss, dass du trotzdem niemals allein sein wirst. Ich bin da, wenn du mich brauchst. Auch wenn ich gehe, du wirst nie wieder allein sein."

Ich wischte mir die Träne aus dem Gesicht, die ihren Weg über meine Wange gefunden hatte. „Komm ins Bett. Ich kann nicht zulassen, dass du auf dem Sofa schläfst. Das ist nicht fair."

„Alles gut, wirklich. Du solltest im Bett schlafen. Das hier wird für dich nicht einfach, dann solltest du immerhin gut schlafen können."

„Ich meinte auch nicht, dass wir tauschen.", murmelte ich. „Das Bett ist groß... Groß genug für zwei Personen. Und du meintest damals zwar nur, dass du außerhalb des Bettes nicht beißt, aber dieses Risiko gehe ich ein."

Sein klares Lachen hallte durch den Raum und überdeckte das Geräusch seiner Schritte, um zum Bett zu laufen. „Bist du dir sicher?"

„Ob wir beide in einem Bett schlafen können oder ob ich das Risiko eingehen möchte?"

„Beides?"

Ich klopfte auf die leere Seite des Bettes, um diesen Teil der Frage zu beantworten. „Ich hoffe, dass du mich nur mit meinem Einverständnis beißen würdest."

„Das verspreche ich dir." Ich konnte sein Grinsen förmlich in seiner Antwort hören. „Ich werde dich nur beißen, wenn du es auch willst."

Die Matratze gab etwas nach als er sich neben mich legte.

„Du zitterst ja!", stellte er fest.

Er hatte recht, auch wenn es mir selbst nicht aufgefallen war.

„Ich glaube nicht, dass wir hier noch eine Decke haben... Du kannst meine haben."

„Deine Decke behältst du mal schön."

„Aber, wenn dir kalt ist-"

„Mir ist nicht kalt.", gab ich zu. „Ich zittere nicht, weil ich friere..."

„Oh." Ich hörte, wie er schluckte. „Willst du... Darf ich... Äh... Willst du näher kommen?"

Ich zögerte, obwohl ein Teil von mir wusste, dass ich es wollte.

Sanft strich er mit seinen Fingern über meinen Handrücken. Ich stieß die Luft aus, griff nach seiner Hand und rollte mich näher zu ihm. Unsere verschränkten Hände lagen neben meinem Gesicht auf seiner Brust und er legte seinen anderen Arm um mich.

In gleichmäßigen Abständen hob und senkte sich seinOberkörper. Ich versuchte mich darauf zu konzentrieren, statt auf das Pochen meines Herzens und nach einer Weile schlief ich tatsächlich ein.  

Greatest Love but Greatest FearWo Geschichten leben. Entdecke jetzt