Robins Entscheidung

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Bri ließ Lukas' Jacke los, erst jetzt merkte sie, dass sie weinte. Sie fuhr sich mit dem Ärmel übers Gesicht, wo sie noch mehr Blut verteilte. Alles, was sie hörte, war ihr eigener, viel zu lauter Atem in dem dunklen Raum. „Es ist die Melodie, du Dreckskerl", flüsterte sie dem toten Piraten zu.

Dann ging sie mit ruckartigen Schritten zu Connie und fühlte ihren Puls. Sie lebte. Bri ließ sich neben ihr zu Boden sinken, sie konnte nicht mehr stehen.

„Briseis?"

Bri wirbelte herum. Es war Robin, der in den Raum gestolpert kam und innehielt, als er seinen toten Cousin erblickte. Er starrte sie mit weitaufgerissenen Augen an.

Bri begann zu schluchzen. „Wir müssen gehen", brachte sie hervor.

Robin stolperte zu ihr. „Du blutest! Was ist passiert?"

„Nein ... nicht ... meins ..."

Robin sah von ihr zu Lukas. „Was –"

„Bitte – bitte, wir müssen gehen!"

Robin schluckte schwer und nickte. „Connie?" Er half dem halbtoten Mädchen, sich aufzusetzen. „Connie? Hi. Kannst du gehen?" Sie schüttelte den Kopf, ohne einen Mucks von sich zu geben.

Bri stand auf. Sie stöhnte vor Schmerzen, ihre Beine waren wackelig wie Gummi. Entgegen Connies Protesten half Robin ihr hoch und stützte sie.

„Was machen wir jetzt?", fragte Bri und folgte Connie und Robin aus dem Raum hinaus auf den Flur. „Wo gehen wir hin?"

Robin sah sich nach beiden Seiten um, niemand war dort. „Erinnerst du dich an die Höhle, in der du aufgewacht bist?"

„Hm ... Höhle?"

„Wir können es raus schaffen und dann – hey, was machst du da?"

Bri war stehengeblieben und stützte sich an der Wand ab. „Ich habe sie vergessen. Was war es nochmal?"

„Was hast du vergessen?"

„Die Zahlen! – Ach, Moment, doch nicht ..." Sie lachte hysterisch. „Das wäre es ja noch."

Robin starrte sie an. „Du bist wirklich die Hölle, Briseis Bandowski", sagte er ausdruckslos und zog sie und Connie weiter. Plötzlich hörten sie Stimmen. Robin schob Bri und Connie zu einer Tür, stieß sie grob in die kleine Kammer dahinter und schloss die Tür.

„Robin!", sagte jemand erfreut. Bri schloss die Augen. Connie lehnte sich an die Wand und sagte: „Bitte bewegt mich nicht mehr –" Bri presste eine Hand auf Connies Mund und lauschte.

„Hey!", hörten sie Robins Stimme. „Was macht ihr so spät noch hier?"

„Dein Onkel ist gerade angekommen", sagte eine Frau mit einem Grinsen in der Stimme.

Bri fluchte lautlos.

„Und er würde sich gerne ein Bild von der schlaflosen Bandowski machen."

Einen Augenblick war es still. „Dann ... sollte ich sie mal holen, schätze ich", sagte Robin langsam.

„Na, die Ehre wird Lukas sich vermutlich nicht nehmen lassen", warnte die Frau. Sie lachte. „Naja, wir sehen uns."

Die Schritte entfernten sich wieder.

Robin öffnete die Tür. Connie schlug Bris Hand weg, dann knickten ihre Beine ein. Bri und Robin konnten sie gerade noch halten. Bri umklammerte Connie mit aller Kraft. „Lucius Fitz–Becket ist hier?", flüsterte sie. „Ich hasse Lucius Fitz–Becket."

Robin sah den Flur entlang und zog die beiden aus der Kammer. „Glaub mir, ich auch."

„Was? Ich dachte, er wäre so etwas wie ein Ersatzvater für dich", murmelte Bri verwirrt, während sie weitergingen.

16521 Band 2: Das Lied, die Königin und die Kinder im MeerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt