Hagel und Feuer

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Bri starrte den toten Körper ihrer Mutter an, während Benjamin sich brüllend zu Myrne stürzte.

„Brisi, wir müssen hier weg", rief Henry über den Lärm der Schüsse hinweg. „Bri!"

Bri löste sich aus ihrer Starre, rollte sich über den Boden zur Tür, öffnete sie und zog Henry mit sich ins Treppenhaus. Henry trat die Tür zu, die Schüsse und Benjamins Schreie drangen nur noch gedämpft zu ihnen.

Einen Augenblick standen sie einfach nur atemlos da.

„Verschwinden wir", brachte Bri hervor, ergriff Henrys Arm und gemeinsam rannten sie die endlosen Treppen hinunter und aus der Tür hinaus.

Ein kleiner roter Wagen kam schlitternd vor ihnen zum Stehen; Bri richtete mechanisch die Waffe auf den Fahrer, als Maik seinen Kopf aus dem Fenster steckte.

„Was steht ihr da noch rum?", rief er, als ein Schuss das Rücklicht traf.

Sie fuhren allesamt herum. Auch die Straße war mit Soldaten gesäumt. Sie stürmten auf sie zu. „Rein mit euch!", brüllte Maik.

Das ließen sie sich nicht zweimal sagen und stiegen auf die Rückbank. Mickie drückte aufs Gas und sie rasten durch die kleine Straße davon.

„Wie habt ihr uns gefunden?", fragte Bri, während Mickie in halsbrecherischem Tempo über die Straßen bretterte.

„Ronnie – ein Freund von uns – hat euch in das Haus gehen sehen. Er war auf der Strandparty", erklärte Mickie, während sie lebensmüde einen Laster überholte. „Er hat mich sofort angerufen und wir sind los –"

„Leute, was ist passiert?", fragte Maik, der sich panisch an seinem Sitz festklammerte. „Die sagen in den Nachrichten, dass es ein Abkommen geben würde, aber – aber Ma ist nicht zu erreichen, Hopkins und die anderen genauso wenig! Außerdem – Alter, Mickie, ich will nicht sterben!", fuhr es aus Maik heraus, als Mickie mit voller Geschwindigkeit über eine Brücke brauste, die aus der Stadt herausführte.

„Es gibt kein Abkommen", erzählte Bri und klammerte sich am Türgriff fest. „Amabel hat gelogen. Und Hopkins ist tot."

Maik drehte sich zu ihr um. „Ma?", fragte er ausdruckslos.

„Sie lebt", sagte Henry.

Maik schloss die Augen. „Gut –"

Der Bildschirm, der in der Armatur zwischen Fahrer- und Beifahrersitz angebracht war, schaltete sich plötzlich ein und eine Frau blickte ernst in die Kamera.

„Mickie, halt an", sagte Maik tonlos. Die anderen Autos auf der Straße hielten ebenfalls am Straßenrand, bemerkte Bri, als sie aus dem Fenster schaute.

„Was ist das?", fragte Bri mit pochendem Herzen.

Mickie schluckte schwer. „Eine Notfallmeldung."

Bevor Bri noch weitere Fragen stellen konnte, begann die Frau in dem kleinen Bildschirm zu sprechen. „Bürger Auroras. So eben erreichte uns die erschreckende Mitteilung aus dem Königshaus", sagte die hübsche Nachrichtensprecherin, „dass vor wenigen Stunden eine Kriegserklärung aus Septentrio gekommen ist."

Sie starrten den Bildschirm an.

Henry schüttelte langsam den Kopf. „Wie denn, wie sie gar nicht wissen, dass in Aurora Menschen leben?", fragte er schockiert.

„Um die aurorische Bevölkerung zu schützen, sieht sich die Regierung gezwungen, die Septentrier zu vernichten", fuhr die Frau fort.

Mickie schlug eine Hand vor ihren Mund.

Auf dem Bildschirm erschien das Gesicht Amabels und Bri krallte ihre Fingernägel in die Arme. „Unser Leben ist den Aurorern gewidmet", sprach die Königin mit trauriger Ernsthaftigkeit. „Wir bedauern zutiefst, dass Unsere Nachbarn Uns zwingen, diesen Schritt zu gehen. Doch die Sicherheit Unseres Volkes stand, steht und wird immer an erster Stelle stehen. Solange Wir atmen."

16521 Band 2: Das Lied, die Königin und die Kinder im MeerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt