Die Foxtroter Wasserwerke

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Briseis wachte auf. Es war stickig in dem kleinen Zelt, nur wenig Licht drang hinein. Der Junge neben ihr brummte missmutig, als sie seinen Arm wegschob und sich verschlafen aufsetzte. Sie rieb sich übers Gesicht, versuchte, sich gegen die aufkommenden Bilder der gestrigen Nacht zu wehren. Ihr Blick fiel auf die Armbanduhr des Jungen.

„Verdammt", fluchte Bri und erhob sich von der kleinen Matratze. Auf dem Weg zu ihren Klamotten, die überall auf dem Boden verteilt waren, stieß sie ein paar Flaschen um. Hastig zog Bri sich an und verfluchte den Schmerz, der hinter ihrer Stirn pochte. Heute war der denkbar schlechteste Tag für einen Kater.

Sie verließ das Zelt, ohne den Jungen noch einmal anzusehen, der da in ihrem Bett schlief. Bri blieb einen Augenblick vor dem Zelt stehen und atmete tief durch. Es war eiskalt. Die kalten Monate waren dieses Jahr besonders schlimm, fand Bri: Ständig regnete und windete es, Bri wusste nicht, wann sie das letzte Mal die Sonne gesehen hatte. Ihr Zelt war eines wie hunderte andere, die sich in feinster Städtermanier ordentlich aneinanderreihten und aus denen das aufgeweckte Treiben aufgeweckter Menschen zu hören war, die sich vorbereiteten.

Übelkeit überkam Bri. Sie beugte sich zur Seite und erbrach sich.

„Na? Nette Nacht gehabt?"

Sie fuhr sich über den Mund und drehte sich zu Teddy um, der an einer Zeltstange lehnte und sie ausdruckslos ansah.

„Was?", fragte Bri.

Teddy Lovell nickte zu ihrem Zelt. „Wie heißt er?"

„Wer?"

Teddy schüttelte ausdruckslos den Kopf. „Das ist ekelhaft, Bri. Erinnre dich wenigstens an die Namen deiner kleinen Liebschaften. Wärst du ein Kerl, wärst du ein Arschloch."

„Dafür muss ich kein Kerl sein." Bri ergriff die Wasserflasche, die er ihr reichte und ging los. Teddy folgte ihr.

„Briseis, du musst damit aufhören", sagte er eindringlich, während sie durch die Zeltreihen gingen.

„Womit?" Bri spülte sich den Mund aus.

„Du weißt genau, was ich meine." Teddy hielt sie fest und drehte sie zu sich herum. „Das war in diesem Monat bestimmt schon der fünfte Typ. Hast du eigentlich eine Ahnung, was die Leute über dich sagen?"

Bri hob die Augenbrauen. „Vermutlich das gleiche wie immer: Dass ich so ein süßes, unschuldiges Ding bin, das keineswegs auch nur irgendwie schuld daran ist, dass die Nordpiraten seit der Novemberschlacht eine Stadt nach der anderen einnehmen."

„Bri –"

„Teddy, wenn es dich so sehr stört: Niemand zwingt dich, dich mit mir abzugeben."

„Verdammt, darum geht es nicht!" Er sah sie wütend an. Schließlich schnaubte er und ließ sie los. „Gott sei Dank steh ich nicht auf Mädchen – sonst wäre ich vermutlich der nächste."

„Ha!" Bri setzte ihren Weg fort. „Sicher."

Vor dem Gebäude, welches zurzeit als Hauptzentrale diente, warteten bereits gut dreißig weitere Piratenjäger. Waffen wurden geladen, Munitionen verstaut, Uniformen angelegt ... Vermutlich eine bessere Vorbereitung auf den heutigen Tag als eine feuchtfröhliche Nacht, kam es Bri und sie ertappte sich dabei, dass sie wütend auf sich selbst war. Sie verdrängte das Gefühl so schnell wie möglich.

„Du sieht wirklich ekelhaft aus, Bandowski", sagte plötzlich Mona, die mit Charlie im Schlepptau zu ihnen trat.

Charlie musterte Bri. „Da gebe ich Mona ausnahmsweise mal Recht."

16521 Band 2: Das Lied, die Königin und die Kinder im MeerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt