„Oh Gott!" Bri kniff ihre Augen zusammen. Ein höllischer Kopfschmerz zischte durch ihre Stirn. Sie rollte sich herum. Dabei fiel sie vom Bett.
„Sehr galant."
Bri setzte sich langsam auf und starrte Henry an. „Warum siehst du so wach aus?", krächzte sie. „Und warum trägst du einen Anzug?"
„Erstens", sagte Henry und knöpfte sich das Hemd zu, „weil es fünf Uhr ist."
„Morgens?"
„Nachmittags." Er schüttelte lächelnd den Kopf. „Und zweitens, weil in einer Stunde das Fest der AVM eröffnet wird." Henry ging zur Kommode und kam zu ihr mit einer Tasse Kaffee, Wasser und einer Tablette. „Was ist das?", fragte Bri zweifelnd.
„Wirkt Wunder gegen Kopfschmerzen und Übelkeit, meinte Mickie." Henry drückte ihr die Tablette in die Hand. „Keine Angst, das ist legal." Bri nahm die Tablette und dann einen großen Schluck Kaffee hinterher.
„Hilf mir hoch." Henry half ihr auf und sie setzte sich auf die Bettkante. „Ich hab' noch eine Stunde?"
„Genaugenommen zweiundfünfzig Minuten."
„Okay, Waschen, Anziehen ... Moment, das T-Shirt hatte ich gestern aber nicht an, oder?"
„Einundfünfzig Minuten, Brisi."
Also stieg sie in die Wanne, trank in ihrem unbändigen Durst die Hälfte des Badewassers und zog ein blaues Kleid an, das Ella ihr rausgelegt hatte. „Brisi, kommst du?", fragte Henry und klopfte an die Tür.
„Nur noch den letzten Knopf", jammerte Bri und kugelte sich beinahe die Schulter aus, während sie den letzten Knopf am Rücken zumachte. „Wer denkt sich sowas aus?", fragte sie und ging aus dem Bad.
Henry starrte sie an. „Wow, Bandowski", sagte er und räusperte sich dann. „Warum hast du mich nicht gefragt mit den Knöpfen?"
„Selber wow", sagte Bri, als sie Henry im Anzug sah. Sie seufzte und zog ihm die Krawatte zurecht. „Ich bin ein großes Mädchen und kann allein mein Kleid zumachen." Bri ging zum Balkon, öffnete die Tür und trat hinaus. Die frische Luft fuhr ihr durch die Haare.
„Mein Gott, sind das viele", sagte Henry neben ihr.
Auf dem großen Rasenstück sammelten sich Dutzende Menschen in Abendgarderobe. „Mir fällt gerade wieder ein, dass ich ja gar keine Menschen mag", murmelte Bri und Henry zog sie lachend zu sich.
„Ella meinte vorhin, dass heute Abend auch viele Politiker da sein werden – vorwiegend aus der AVM." Henry fuhr ihr über den Arm. „Es ist eine gute Möglichkeit, mit ihnen ins Gespräch zu kommen."
Bri war zum Heulen zu Mute. Danach fühlte sie sich nun wirklich nicht.
„Brisi, wir dürfen nicht mehr lügen", sagte Henry leise. Dann stieß er sie mit der Schulter an. „Und fluch' nicht so viel ..."
„Warum sagen immer alle, dass ich so viel fluchen würde?", fragte Bri missmutig.
Henry lachte. „Als wir uns kennengelernt haben, dachte ich, du hättest das Touret-Syndrom."
Bri seufzte. „Na gut, ich werde mir Mühe geben." Sie legte ihre Hand auf seine und sah ihn an. „Hey, es ... tut mir leid, wegen gestern."
Henry lächelte. „Das war nicht gestern. Das war heute Morgen um vier Uhr."
„Oh."
Er grinste. „Außerdem habe ich selten so etwas Lustiges erlebt. Komm, gehen wir runter."
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16521 Band 2: Das Lied, die Königin und die Kinder im Meer
Genç KurguDer zweite Teil der 16521-Reihe.