Kapitel 07 | Thomas

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Kapitel 07 | Thomas

Was für ein seltsamer Mensch! Nicht nur, dass er völlig allein in dem Haus wohnte

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Was für ein seltsamer Mensch! Nicht nur, dass er völlig allein in dem Haus wohnte. Das war jetzt nicht so ungewöhnlich. Das tat Thomas ja auch. Aber irgendwie... Wirklich gastlich war Michael wohl nicht. Und noch spartanischer als Tom, wenn man die Einrichtung betrachtete. Ob er geschieden war? Da war kaum etwas Persönliches in diesem Zimmer gewesen. Zumindest nichts, was Tom auf dem ersten Blick hatte erkennen können.

Im Grunde half Tom jedem immer gern, aber als Michael nicht einmal sein Nachbarschaftsgeschenk ansprach, oder zumindest den Versuch dessen, und ihn dann quasi typisch deutsch nach der Stechuhr aus dem Haus komplementierte, fragte sich der Musiker, ob er in Zukunft nicht besser einen Bogen um ihn machen sollte. Sowas Ungastliches, wie diesen Kerl, hatte er selten erlebt! Da war jemandem wohl das gute Aussehen zu Kopf gestiegen.

Das war allerdings etwas, das Tom neidlos anerkennen musste. Der Kerl sah aus wie ein Beachboy frisch vom Strand. Muskulös mit wilden blonden Haaren und einem umwerfenden, strahlend weißem Lächeln. Auch wenn man letzteres wohl fast nie zu Gesicht bekam. Schade, dass so jemand so unglaublich unfreundlich sein musste. Allerdings, vielleicht gab es ja eine eifersüchtige Lady, die es nicht so gern sah, wenn er sich mit jemand anderem unterhielt.

Bei dem Gedanken musste Tom lachen. Irgendwie kam ihm eine Domina mit Lack und Leder in den Sinn, die Michael an einer Leine spazieren führte. Über den Gedanken auch eine halbe Stunde später noch glucksend, setzte er sich an den Flügel und spielte den Einmarsch des Toreros aus der Oper Carmen und nahm sich vor, am morgigen Tag die Schalldämmplatten anzubringen. Wer wusste schon, wie der Herr Nachbar so drauf war, wenn man ihn um seinen kostbaren Schlaf brachte.

Etwa zweihundert Euro ärmer und mit einer riesigen Rolle Dämmmaterial auf dem Rücksitz kehrte Tom am nächsten Tag nachmittags nach Hause zurück. Es war ein sehr frustrierender Morgen gewesen und seine Laune war bereits erheblich auf dem Tiefpunkt, als er in seiner Einfahrt einen schwarzen Wagen stehen sah. Das durfte doch jetzt nicht wahr sein! Sein eigenes Auto an den Straßenrand stellend, schleppte er die riesige Rolle ins Haus und warf sie ins Atelier.

Der deutlich vernehmbare Knall hallte durch das fast leere Gebäude, passend zu seinem Gemüt, das der Explosion nahe war. Deutsche Behörden waren einfach solche pingeligen Mistkerle. Die hatten noch weniger Humor, als die königlichen Wachen vor dem Buckingham Palace und Bewegungsfähigkeiten einer Eisenbahnschiene. „Damn it!" Fluchend trat er gegen das Dammmaterial, nur um sich dabei noch mehr weh zu tun. „Fuck, Damn it! Fuckiefuck!"

Die Tür zu seiner Terrasse aufmachend, humpelte er nach draußen, wo ein neugierig dreinblickender Michael ihm musterte. Zwei Kinderaugenpaare sahen den Musiker entsetzt an, worauf dieser nur seine eigenen Augen verdrehte, die Tür wieder schloss und sich rücklings auf die Couch fallen ließ. Konnte dieser Tag noch schlimmer werden?

Living Next DoorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt