Kapitel 14 | Michael
Frustriert hatte er sich nach seiner Unkraut-Aktion, die rein gar nichts gebracht hatte, einfach in sein Bett gelegt. Seine Gedanken rasten um blaue Augen und lustvolle Geräusche, die über volle Lippen glitten und er hatte keine Ahnung, was er tun sollte, um sie zu beruhigen. Plötzlich vernahm er von nebenan leises Gitarrenspiel, welches sich langsam steigerte. Und dann er erkannte Micha den Song. War das wirklich „Everybody Hurts"? Das machte doch gar keinen Sinn. Tom hatte doch gerade tollen Sex, zumindest hatte es so ausgesehen, und sich vor allem so angehört, mit seinem Freund gehabt. Warum sollte er jetzt in der Stimmung für so ein Lied sein?
Michael verlor sich in dieser wunderschönen Stimme. Sog den Song in sich auf und fing hemmungslos an zu weinen, als die letzten Töne verklungen waren. Endlich traf er jemanden, der vielleicht in der Lage sein könnte, seinen Schutzwall einzureißen und dann war er leider vergeben. Warum begegnete er immer den falschen Männern? Er entschied, im Park um die Ecke eine Runde mit dem Rad zu drehen. Manchmal half ihm das, ihn auf andere Gedanken zu bringen.
Dort fuhr er den Weg entlang, der um den See führte. Die Strecke um eben diesem herum war echt schön. Er ließ sich den Fahrtwind ins Gesicht wehen und genoss die leichte Abkühlung, die dieser ihm verschaffte. Der kleine Biergarten an der Südseite platzte aus allen Nähten, daher nahm Micha sein Radler mit zum Ufer und setzte sich auf den Steg. Einige Zeit später bemerkte er, dass jemand ein paar Meter entfernt ebenfalls Platz nahm. Aus dem Augenwinkel erkannte er zu seinem Entsetzen Tom.
Shit! Was sollte er jetzt tun? Gehen? Bleiben? Ignorieren? Ansprechen? Entschuldigen? Überfordert fuhr sich durch seine Haare, blickte verstohlen nach links zu Thomas und erschrak, als dieser ihn direkt ansah. Tom schüttelte nur seufzend den Kopf, stand auf und ging ohne ein Wort davon. Michael wurde bewusst, dass er es wohl verkackt hatte. So richtig. Wieder stahl sich eine Träne über seine Wange und er wischte diese frustriert fort. Er machte sich lieber auf den Weg nach Hause. Er hatte Angst, Tom im Park noch einmal zu begegnen.
In den nächsten beiden Tagen bekam er seinen Nachbarn nicht zu Gesicht. Auf gewisse Weise war er dankbar dafür. Allerdings hörte er ihn jeden Abend, wenn er im Bett lag, musizieren. Eigentlich sollte er sich Ohrstöpsel in die Ohren stecken, aber er konnte es nicht. Insgeheim freute er sich den ganzen Tag darauf, ihm zuhören zu können. Und er wusste, dass das definitiv nicht gut für ihn war. Die Lärmschutzdämmung musste dran. Er würde Tom bei nächster Gelegenheit darauf ansprechen. Schlechter konnte die Stimmung zwischen ihnen beiden eh nicht mehr werden.
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Living Next Door
RomanceAus persönlichen Gründen kehrt Thomas London den Rücken und zieht nach Köln in eine Reihenhaushälfte. Bereits kurz darauf trifft er auf seinen attraktiven, aber anscheinend immer mies gelaunten Nachbarn Michael. Die Missverständnisse häufen sich und...