Kapitel 33 | Thomas

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Kapitel 33 | Thomas

Den ganzen Abend hatte er dieses seltsame Gefühl

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Den ganzen Abend hatte er dieses seltsame Gefühl. Beobachtet zu werden war der Musiker gewohnt, besonders in der Nähe des Konzertsaales oder eben in der direkten Umgebung. Doch irgendetwas war anders heute. Da war dieses Kribbeln in seinem Rücken, das er nicht einordnen konnte. Alles, was er wusste, war, dass er nicht allein sein wollte. Daher war Thomas sehr froh darüber, dass Michael an seiner Seite war, was er ihm auch deutlich zu verstehen gab. Er würde den Fehler seines Vorgängers definitiv nicht machen!

Als Michael zur Toilette ging, wusste er sofort, was da auf ihn zu kam. Dieser zunächst sehr nette, dann jedoch irgendwie aufdringliche Typ, der ihn mit seinen Blicken bereits aus einigen Metern Entfernung ausgezogen hatte, nutzte die Chance und verwickelte ihn in ein Gespräch. Immer wieder fragte er, wie ihm denn Deutschland gefiele, und ob er sich bereits gut eingelebt hatte. Thomas antwortete höflich und unverfänglich, nickte ab und zu einfach und konnte sich eines wirklich erleichterten Lächelns nicht erwehren, als Michael endlich aus dem Toilettenbereich wiederkam.

Thomas' Blick verschwamm und fokussierte sich nur noch auf den Mann im grünen Anzug. Das leichte Lächeln auf seinen Lippen, als er Toms Blick bemerkte, das kurze Nicken, bevor er ihn endlich erreichte. Tom spürte sofort, dass Michael unsicher war, wie er sich nun verhalten sollte, weshalb er die Initiative ergriff und sofort klarstellte, was Michael für ihn war. „Das ist mein Freund." Fast konnte er die gefühlte Ohrfeige an der Wange des etwas aufdringlichen Fans hören, bevor dieser sich eilig zurückzog.

Tom konnte sich das Schmunzeln nicht verkneifen. Und als Micha ihn dann auch noch küssen wollte, war für ihn die Welt für einen Moment lang wie auf Wolken. Zu gern ließ er sich auf den Kuss ein und es war ihm egal, ob ihn die Leute beobachteten, oder sich daran störten. Sollten sie doch woanders hingucken!

Doch dann, als er die Augen wieder öffnete, erschrak er innerlich. Ein Gefühl, einem Eiswürfel in seinem Rücken gleich, ließ ihn zusammenzucken. Dieses Gesicht... Schluckend löste er sich von Michael, murmelte beiläufig etwas und ging ein paar Schritte in Richtung der hinteren Bar. Doch als er an dem Tisch ankam, wo er das Gesicht, das ihn in jedem seiner Alpträume verfolgte, vermutet hatte, war dieser Tisch leer. Offensichtlich hatte er in den letzten Tagen zu wenig geschlafen. Er halluzinierte doch sonst nicht. Und als er dann auch noch Michaels besorgten Gesichtsausdruck sah, ärgerte er sich über sich selbst. Das Letzte, was er gewollt hatte, war seinen Liebsten jetzt auch noch da mit hineinziehen.

Als Michael, nicht ohne eine intensive Verabschiedung an der Haustür, diese endgültig hinter sich geschlossen hatte, beschlich Thomas erneut dieses seltsam verstörende Gefühl. Wie eine innere Unruhe... Er warf die Tür regelrecht hinter sich zu, lehnte sich gegen das Holz und schloss zwei Mal ab. Einen kurzen Moment hörte er in die absolute Stille des Hauses hinein, dann ging er ins Bad, legte den Frack ab und hängte ihn auf den Bügel.

Sich selbst für die Absurdität seiner Befürchtungen scheltend, ging er unter die Dusche und ließ das heiße Wasser seine Wirkung an seinen verspannten Muskeln tun. Erinnerungen an die gemeinsamen Duschen mit Michael ließen seine Lippen zu einem breiten Lächeln werden. Der Gedanke an den Blondschopf erregte ihn. Der Anblick in der Bar... Diese wundervollen Augen, die sich an ihm festgesaugt hatten... Es dauerte nicht lange, da ergoss er sich mit einem dumpfen Keuchen in seiner Hand. „Oh Mann, Micha. Was machst du nur mit mir?" Ein leichtes Lachen entwich ihm, als er sich in Boxershorts auf das Bett fallen ließ und die Sterne beobachtete. Das Lächeln begleitete ihn noch, bis er eingeschlafen war. Doch dann begann der eben noch so süße Traum auf fatale Weise zu kippen.

Der Blick auf die Uhr zeigte Thomas, dass er lediglich eine Stunde geschlafen hatte, als er hektisch atmend aufwachte. Die Narbe auf seiner Brust schmerzte. Phantomschmerz nannten die Ärzte das. Als eine nächtliche Folter bezeichnete Tom diese Träume. Immer wieder sah er das verzerrte Gesicht vor sich. Diese hasserfüllten Augen und diese Zunge, die sich durch sein Gesicht gezogen hatte. Der Schmerz, als das Messer in sein Fleisch gedrungen war. Zitternd lehnte der Musiker sich zurück und griff das Kissen, das noch so herrlich nach Michael roch. Eine Beruhigungstablette aus dem Nachtkästchen nehmend, schloss er erneut die Augen.

Bis zu dem Moment, wo er die Tür zu seinem Haus aufgehen hörte. Durch die Wirkung der Tablette etwas betäubt, schreckte Tom hoch, hörte jedoch sofort, wie Michaels Stimme an seinem Ohr ihn beruhigte und legte sich wieder hin. Selbst wenn es eine Illusion sein sollte... Dann war es wenigstens eine, die ihn auf nie gekannte Weise beruhigte. Warme Arme schlangen sich um seinen Bauch, weiche Lippen legten sich auf seine Schulter, dann schlief Thomas wieder ein.

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