Kapitel 13 | Thomas
Wenigstens etwas befriedigt, wenn auch nur körperlich, sah Tom kurz zu Michael herüber, der gegen das arme Gras in seinem Vorgarten irgendwie Krieg zu führen schien. Das war doch kein Unkrautjäten! Wobei... Irgendwie passte diese recht ruppige Art zu seinem Verhalten Menschen gegenüber. Oder nur ihm gegenüber? So langsam hatte Thomas da keinen Durchblick mehr.
Er beobachtete den gutaussehenden Blonden noch ein paar Minuten am Türrahmen lehnend, dann ging er zurück in den kühlen Wohnbereich. Seufzend ließ er sich auf das weiche Sofa fallen. Das Gefühl des Leders auf nackter Haut war für ihn immer schon ein anziehendes Gefühl gewesen. Nicht sexuell, aber es ließ ihn sich wohlfühlen.
Michael und sein Verhalten gingen ihm nicht aus dem Kopf. Wie konnte jemand, der mit Kindern und Patienten so sanft umging, so ein Arschloch sein? Oder verhielt er sich nur ihm gegenüber so mies? Diese Augen... Dieses Grün! So weich wie die unberührten Wiesen in den Highlands. Gepaart mit diesem Lächeln. Verrückt...
Schnaubend bemerkte Thomas, dass sein Körper wohl eine ganz eigene Vorstellung davon hatte, was Befriedigung anging. Allein der Gedanke an dieses Lächeln ließ seinen Schwanz interessiert stehen. „What the fuck, man...", knurrend, schüttelte er den Kopf und beschloss, seinen Körper schlichtweg zu ignorieren. Was sollte das?
Offensichtlich hatte Michael definitiv kein Interesse an ihm. Er hielt es ja nicht mal ein Essen lang mit ihm zusammen aus. Ganz zu schweigen davon, dass er ein wirkliches Gespräch mit ihm führte. Nicht, dass er seit damals wirklich wert auf Gespräche mit einem Mann legte, der ihm potenziell wichtig sein können würde... Aber... Ja aber. Bei Michael war das irgendwie anders gewesen. Tom hatte etwas über ihn erfahren wollen. Hatte ihm zuhören wollen. Und ausgerechnet dieser Kerl war härter als eine Granitwand.
In sein Atelier stapfend, griff er sich seine alte klassische Gitarre, die er zärtlich „Lady" nannte und setzte sich auf den Boden, die Beine im Schneidersitz faltend. Was zunächst als kleine Fingerübung begonnen hatte, wurde bald zu einem Stück und zu einer Art Seelenstriptease. Wie von selbst begann er „Everybody Hurts" von R.E.M zu spielen und begleitet sich selbst mit Gesang.
Die letzten Töne langsam verklingen lassend, legte er die Gitarre beiseite und ließ sich rücklings auf den Boden sinken. Er vermisste England... irgendwie. Auch wenn er hier in Deutschland gedacht hatte neu anfangen zu können. So fehlte ihm hier die vertraute Umgebung. Die Hitze draußen machte ihm zu schaffen, doch so langsam hatte er auch keine Lust mehr sich im Inneren aufzuhalten.
Im Internet hatte er gesehen, dass es eine riesige Parkanlage in der Nähe gab, also beschloss, dass er so versuchen konnte, seinen Kopf freizubekommen. Er liebte die Natur und sobald irgendwo ein See war, würde man ihn so schnell nicht davon wegbekommen. Ein weißes Shirt und seine knielange Jeans aus dem Schrank kramend, zog er sich um und lief einfach los. Auf den Kopfhörern einen wilden Mix aus Musikstücken der letzten drei Jahrzehnte, die er immer und immer wieder gedanklich auseinanderpflückte. Es beschäftigte sein Hirn und lenkte ihn ab. Zum Beispiel von solch wundervollen Dingen wie grünen Augen und blonden Wuschelhaaren.
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Living Next Door
RomanceAus persönlichen Gründen kehrt Thomas London den Rücken und zieht nach Köln in eine Reihenhaushälfte. Bereits kurz darauf trifft er auf seinen attraktiven, aber anscheinend immer mies gelaunten Nachbarn Michael. Die Missverständnisse häufen sich und...