Kapitel 22 | Michael

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Kapitel 22 | Michael

Nach dem Konzert hatten sie in der Bar unweit der Philharmonie noch ein paar Drinks gehabt, bevor er mit Matthias, Simone und Conny nach Hause fuhr

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Nach dem Konzert hatten sie in der Bar unweit der Philharmonie noch ein paar Drinks gehabt, bevor er mit Matthias, Simone und Conny nach Hause fuhr. Sie setzen ihn ab und wünschten sich gegenseitig eine gute Nacht. Er war eigentlich völlig geschafft, wollte aber trotzdem noch unbedingt mit Tom reden. Auch um ihm für dessen tollen Auftritt zu beglückwünschen. Tatsächlich stand dieser vor seinem Haus, als Michael die Einfahrt herunterkam. Bei dem traurigen Blick, dem Thomas ihm zuwarf, zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen. Micha wollte diesen Menschen doch einfach nur glücklich sehen.

Unruhig lief Michael in seinem Wohnzimmer auf und ab. Überlegte sich, wie er das Gespräch anfangen sollte, als er von nebenan die ersten Akkorde von „Here comes the rain again" vernahm. Oh, verdammt. Anscheinend hatte Thomas wohl doch Liebeskummer wegen David? Aber er wollte jetzt keinen Rückzieher machen. Vielleicht würde Tom es ja etwas aufheitern, dass Michael gar nicht so schlecht von ihm dachte, wie dieser annahm.

Leise schlich er durch ihre Gärten zu Toms geöffneter Terrassentür. Fasziniert von dem Gesang blieb er stehen. Er klang so traurig, aber auch wunderschön, dass Michael selbst die Tränen in die Augen stiegen. Vorsichtig klopfte er gegen die Tür. Als Thomas nach unten kam und ihn erblickte, wischte er sich über seine feuchten Wangen.

„Was willst du?" Michael räusperte sich verlegen. „Was wir schon längst hätten tun sollen. Reden." Tom zog eine Augenbraue hoch. „Dann sprich." Er machte keine Andeutung, dass Michael sich setzen sollte, daher fing er einfach an. „Also Matthias hat da sowas angedeutet... Also, dass du denkst, ich würde dich für eine böse Schwuchtel halten. Nichts könnte weiter von der Realität entfernt sein." Thomas' Blick wurde fragend und er forderte ihn mit einer ungeduldigen Handbewegung auf, weiter zu sprechen. „Verdammt noch mal! Thomas, ich bin selber schwul!"

Tom hätte nicht erschütterter aussehen können als in diesem Moment. Ein Lächeln huschte dann über seine Züge, das sich allerdings sofort in blanke Wut wandelte. „Und warum, um alles in der Welt, behandelt du mich dann wie einen Aussätzigen? Hm?" Er bohrte Micha dabei seinen Finger in die Brust. „Weil... Weil du mich nicht mögen sollst. Weil ich dich nicht mögen darf." „Wovon, zur Hölle, sprichst du da?" „Von David? Deshalb wollte ich nichts für dich empfinden. Hat aber leider nicht geklappt..." Der letzte Satz war nur noch ein Flüstern. Micha schaute von seinen Händen auf, die er unentwegt geknetet hatte, und sah Thomas lächeln.

„Du bist doch ein verdammter Idiot!" Mit beiden Händen fasste Tom ihn an den Schultern, drücke ihn an die Wand und presste seine Lippen hart auf die von Micha. Als er von ihm abließ, stand Thomas ein leicht schockierter Ausdruck über sein eigenes Verhalten ins Gesicht geschrieben. Als würde er erwarten, eine gescheuert zu bekommen, oder zumindest angeschrien zu werden.

Mit großen Augen sah Michael ihn an, konnte nicht fassen, was gerade passiert war. Thomas hatte ihn geküsst. Ihn. Langsam hob er seine Hand und führte sie zu Toms Nacken. Zart fuhren seine Fingerspitzen den Haaransatz entlang. Mit einem Kribbeln im Bauch stellte er fest, dass Thomas bei seiner Berührung die Augen schloss, leise, kaum vernehmbar seufzte und ein leichter Schauer durch seinen Körper fuhr.

Micha legte seine Hand fester in Toms Nacken und zog ihn behutsam näher zu sich heran. Als er den Atem des anderen auf seinem Gesicht spürte, hielt er inne. Betrachtete das schöne Gesicht vor sich. Die langen, geschwungenen Wimpern, die vollen, sinnlichen Lippen... Seine Hand strich zärtlich über Thomas' Wange und sein Daumen fuhr über eben diese vollen Lippen. In diesem Moment öffnete Tom die Augen und Michael hatte Angst, sich in diesem Blau zu verlieren. Die Gefühle, die aus diesen Augen in dem Moment zu ihm sprachen, ließen ihn nicht mehr zögern. Micha überbrückte die letzten Millimeter und legte seine Lippen sanft auf die von Tom.

Zärtlich liebkoste er die weichen Lippen mit seinen. Hörte, wie Thomas scharf einatmete und anschließend seine Hände an Michas Hüften legte und ihn näher zu sich heranzog. Zurückhaltend, fast schüchtern war dieser Kuss. Doch es lag eine nicht zu leugnende Zuneigung darin, die Michas Beine fast unter ihm nachgaben ließen. Er hatte schon einige Männer geküsst, aber er hatte dabei noch nie so empfunden. Tom fasste ihn bei der Hand und führte ihm zum Sofa, zog ihn dort sofort auf seinen Schoß und nahm den Kuss wieder auf. Schob seine Zunge nun endlich in Michaels Mund, was beide aufkeuchen und Michas Herz einen Salto schlagen ließ. Langsam umspielten sich ihre Zungen, stupsten und neckten sich.

Micha wusste nicht, wie lange sie dort saßen und sich einfach nur küssten, liebevoll streichelten und tief in die Augen sahen. So oft hatte er sich in den letzten Wochen vorgestellt, wie es wohl sein würde, Tom so zu berühren und zu küssen. Aber die Realität war so viel besser, als er es sich je hätte erträumen können. Sein Geruch, sein Geschmack, die Geräusche, die er machte, wie seine Haut sich unter seinen Fingerspitzen anfühlte...

Michael fühlte sich wie im Rausch, wollte, dass dieser niemals endete. Jedoch zollte der Schlafmangel der letzten Wochen und die Aufregung des Tages ihren Tribut. Als er irgendwann ein Gähnen, nicht sehr erfolgreich, unterdrücken musste, lachte Tom leise – ein wunderbares Geräusch – und griff nach der Decke, die auf der Lehne lag und deckte sie beide zu, auch wenn es eigentlich dafür viel zu warm war. Fest zog er Michael in seine Arme, als er sich hinter ihn legte. Fast so, als hätte er Angst, er würde ihm sonst davonlaufen. Thomas vergrub seine Nase in Michas Haaren und beide glitten irgendwann schließlich, eng aneinandergeschmiegt, in einen tiefen Schlaf.

Als Micha am nächsten Morgen erwachte, hielt Tom ihn immer noch fest, was ihm ein zufriedenes Grinsen entlockte. Es fühlte sich geborgen und fantastisch an, so neben Thomas aufzuwachen. Daran könnte er sich definitiv gewöhnen. Leicht bewegte er sich, um sich noch näher an Thomas zu kuscheln. Dabei bemerkte es etwas Hartes an seinem Hintern. Ein leichtes Stöhnen entwich seinen Lippen. Ertappt hielt er inne. Hoffentlich hatte er Thomas nicht geweckt. Bevor er diesen Gedanken jedoch weitere Aufmerksamkeit schenken konnte, spürte er weiche Lippen und eine feuchte Zunge seinen Hals hinabgleiten. Parallel fuhr eine Hand über seinen Bauch und schlüpfte unter sein Shirt, um sanft über seine Bauchmuskeln zu streicheln. Als diese Hand nun federleicht über seinen Penis strich, stöhnte er ungehalten auf. Oh Gott!

Living Next DoorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt