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„Und?", fragte er. Turid hob die Arme und trat aus der Nische heraus. Mit einem Mal fühlte sie sich in die Zeit zurückversetzt, als ihre älteren Schwestern noch auf Gremholdshand gelebt und Turid eingekleidet hatten, wann immer ihnen langweilig war. Unter großem Gekicher war sie, die als Kleinste alles dafür getan hätte, dazuzugehören, in Teppichturbanen und hässlichen Buckeln aus Schafspelz durch die Flure gejagt worden. So sehr ihr die Hänselei auf den Geist gegangen war – Turid wusste noch gut, wie sie später einsam am Turmfenster saß, kunstvoll Taschentücher bestickte und in jene Ferne blickte, in die nach und nach Schwester für Schwester verheiratet worden war.
Jetzt waren sie noch weiter fort als damals, denn gab es sie nicht mehr; ja, wahrscheinlich stand nicht einmal mehr die Burg, und der Mann, der sie jetzt kritisch oder amüsiert oder völlig ausdruckslos beäugen mochte, war genauso wenig zum Spaß hier wie sie.
Weil Beowulf stumm blieb, drehte sie sich einmal im Kreis. Ein bisschen fühlte es sich doch an wie ein Spiel, so verkleidet, wie sie sich ihm präsentierte. Das Leinenhemd, so übervoll an Stoff, dass sie es zum großen Teil unter den Gürtel hatte stopfen müssen, kratzte auf ihrer Haut.
„Du siehst aus wie eine, die noch niemals Hosen anhatte", meinte er. Ach nein, dachte Turid, verbiss sich die Bemerkung aber auf der Lippe. Stattdessen zuckte sie mit den Schultern. „Unüblich für eine Frau meines Standes."
Sie fühlte sich seltsam frei ohne die Last der dreifach geschlagenen Säume, deren Überreste auch bis vor kurzem noch ihrer Aufgabe treu geblieben waren: Alles unterhalb des Halses dicht zu verpacken. Jetzt konnte davon keine Rede mehr sein, denn Männerhemden schienen so dünn sein zu müssen, wie es nur irgendwie ging. Weil ihre Besitzer so viel schwitzten, vielleicht? Zwischen den Beinen hingegen engte der Stoff sie ein, wo es früher doch sehr luftig gewesen war. Daran würde sie sich gewöhnen. Zumindest tat es gut, wieder Schuhe zu tragen.
Turid hoffte nur, dass gewisse Konturen sich nicht allzu deutlich abzeichneten. Schicklich war es zwischen ihr und Beowulf zwar nie zugegangen, aber auf das unaufhörliche Prickeln, das sie unter seinem Blick zu spüren glaubte, konnte sie gerne verzichten.
Als sie sich das ausgediente Kleid über die Armbeuge legte, kam ihr plötzlich etwas in den Sinn. „Du hast von den Mädchen deiner Heimat gesprochen – als wir zum ersten Mal bei den Bündeln waren, meine ich. Die haben doch nicht etwa Hosen getragen?"
Er schien überrascht zu sein. „Nein", gab er zu. „Kleider. Aber im Gemüsegarten fühlten sie sich wohler als in der Wildnis. Wenn es anders war, wenn ein Mädchen gehen wollte, dann trug sie auch die Kleidung der Waldläufer. Und ein dickes Fell gegen das Protestgeschrei ihrer Eltern." Sein herzhaftes Lachen zeigte ihr, dass sich eine lebhafte Erinnerung in seine Gedanken geschlichen hatte.
„Es ist nicht so, dass ich nicht auf Jagd gegangen wäre, hin und wieder", sagte Turid.
„Ach? Im Damensattel? Mit abgerichteten Falken, nicht wahr?"
Sie nickte.
„Alleine bist du auch nie gewesen."
„Auf keinen Fall. Wer weiß, ob ich wiedergekommen wäre."
Erstaunlicherweise hörte sie von Beowulf ein anerkennendes Brummen. „Wäre ich dein Vater gewesen, ich hätte es dir zugetraut. Mut, wie du ihn hast, ist erstaunlich. Für eine Frau", fügte er hinzu.
Turid schnaubte und vollführte eine Geste, die das Vermächtnis ihrer Brüder war und ihr früher Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte. Im selben Moment legte sich eine Hand auf ihre Schulter – eine Berührung, die um Verzeihung bat.
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Turid und die Finsternis
FantasyDie Hinrichtung einer jungen Frau steht kurz bevor. Um ihre Würde zu bewahren, akzeptiert sie einen grausamen Tod: Sie soll einem Ungeheuer zum Fraß vorgeworfen werden. Ihr Schicksal nimmt eine Wendung, als das Wesen - scheinbar halb Mensch, halb T...