益ᑕᕼᗩᑭԵᗴՐ 76益

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<____[|𝙺𝚊𝚒𝚝𝚘|]____>

Mit müden Augen blicke ich in Richtung der Uhr, die auf dem Nachttisch neben uns steht. Bedächtig schwingt das Pendel unter der Scheibe hin und her, gibt dabei einen monotonen Ton von sich. 3:54 Uhr zeigen die Zeiger an, lasse mich nur leise aufstöhnen. Ich drehe meinen Körper, lege mich auf den Rücken und bleibe auf Yuutos Brustkorb liegen.

Sanft bewegt sich sein Oberkörper auf und ab, als würde er schlafen, wüsste ich nicht zu gut, dass er genauso wenig mit den letzten Geschehnisse klar kommt.

Minha hat uns dann irgendwann freundlicherweise jeweils ein Zimmer gestellt. Wir sollten etwas Schlaf einfangen und uns etwas ausruhen bevor wir noch vollständig durchdrehen würden. Davor hatte ich ehrlich gesagt weniger Angst, vielmehr wäre meine Befürchtung, dass mein Körper irgendwann einfach nicht mehr mitmachen wöllte.

Ich spüre bis jetzt einen gribbelnden Schmerz auf meiner linken Gesichthälfte, dort wo mich gestern Nacht Taehyungs Hand getroffen hat. Meine Glieder fühlen sich langsam schwach und müde an. Ich bin ehrlich gesagt sehr erstaunt von mir, dass ich mich überhaupt noch bewegen und drehen kann, anstatt einfach tot im Bett zu liegen und keinen Muskel mehr bewegen zu können. Der Grund dafür wird wahrscheinlich sein, dass wir mehr geistig uns verausgabt haben, als körperlich. Was in den letzten zwei Tagen geschehen ist war nicht wirklich mit einem täglichen Training zu vergleichen, im Gegenteil eher eine Herausforderung mit unserem Hirn und allem was wir als wahr und der Realität geglaubt hatten. Und genau das wird auch das Problem sein, warum ich nicht einfach meine Augen schließen und mich in einen genüsslichen Schlaf legen kann.

„Unser komplettes Weltbild hat sich einfach verändert", bringe ich murmelnd hervor, weil ich es einfach nicht mehr mit mir herum schleppen kann.
„Ich weiß nicht, geht es dir auch so, Yuu? Oder bin ich der Einzige der langsam nicht mehr weiß, was er all die Jahre getan hat? Haben wir all die Jahre in denen wir für unser Land gekämpft haben einen grundsätzlichen, fatalen Fehler begangen? Sind wir all die Jahre so dumm gewesen und müssen erst jetzt, in unseren 40-igern, mitbekommen wie es wirklich um dieses Land steht?! Und dann auch noch ohne unser zu tun. Yuu...", ich rapple mich etwas auf, stütze mich auf meinen einen Arm ab und blicke nach oben in sein Gesicht. Seine Augen liegen auf mir, blicken mich stumm und aufmerksam an.
„Hätten wir so weitergelebt in dieser Scheinwelt, hätte uns Taehyung nicht geholt und mit hier rein gezerrt?".

Er braucht einige Momente um meine Worte zu vernehmen und seine Antwort sorgfältig zu sortieren.

Er atmet einmal tief aus, schließt seine Augen und bleibt sonst bewegungslos weiter liegen.

„Wahrscheinlich. Wie hätten wir es sonst mitbekommen sollen?!".

„Aber...hätten wir es nicht eher mitbekommen müssen? Wie kann es sein, dass wir nie auch nur einen blaßen Schimmer hatten? Es kann doch gar nicht sein, dass wir ohne zu Hinterfragen einfach immer getan haben, was uns erteilt wurde. Seit unserer Jugend sind wir Jian, haben uns die Ärsche abtrainiert um den Posten einzunehmen, den wir jetzt innehalten. Und für was? Ich dachte immer wir bekämpfen den Feind um unsere Leute, unsere Mitbürger zu schützen...und auf einmal soll ein Teil von ihnen die ganze Zeit über unser Feind gewesen sein. Wir haben die Bevölkerung, die wir versucht haben zu beschützen, ausgefiltert und vernichtet weil sie nicht „normal" waren. Nicht so wie wir...".

Ich merke deutlich, dass ich mich etwas in Rage rede und in Verzweiflung versinke. Ich kann ehrlich gesagt das Ganze nicht nachvollziehen. Im Moment verstehe ich nur langsam, wieso es Taehyung so beschissen geht und warum er auf einmal so am Boden zerstört ist, dass es ihn zu dieser Tat getrieben hat. Langsam kann ich seine Bewehgründe besser verstehen, weil es ihm genauso gegangen sein muss, als er ebenso als Jian mit dieser Wahrheit konfrontiert wurde. All die Jahre...eine reinste Lüge.

益 Wᴀʀʀɪᴏʀs - 𝙼𝚊𝚢𝚋𝚎 𝙸𝚗 𝙰𝚗𝚘𝚝𝚑𝚎𝚛 𝙻𝚒𝚏𝚎 益Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt