Schwer lastete die Finsternis auf dem großen Kellergewölbe. Undurchdringlich war sie, geradezu beängstigend. Es handelte sich um die Art von Finsternis, in der alle denkbaren und undenkbaren Schrecken lauern konnten, die jedem sensiblen Geist unmittelbar einen Schauer über den Rücken jagte. Blutrünstige Bestien und geistlose Geschöpfe gab es dort keine, doch das schmälerte keineswegs die Gefahr, die in den Schatten lauerte. Plötzlich wurde die Dunkelheit von einem einzelnen Lichtblitz durchdrungen, der für einen kurzen Augenblick, lediglich den Bruchteil einer Sekunde, die bedrückende Szenerie beleuchtete.
Der Moment war viel zu flüchtig, um die Umgebung genauer in Augenschein zu nehmen, was für einen unbeteiligten Zuschauer umso beängstigender wirken musste. Nur schemenhaft hatte man die Objekte und Gerätschaften wahrgenommen, bei denen es sich um alles handeln konnte. Weitere Lichtblitze folgten, schwächer nun, die lediglich die Leuchtkraft von Funken aufwiesen. Gelbe, violette, rote, blaue und grüne Funken. Die flüchtigen Lichtblitze erstrahlen in einer Vielzahl von Farben, die das Schauspiel beinahe schön erscheinen ließen. Dieser Eindruck täuschte jedoch.
Die Lichtblitze schienen in ihrer Bewegung eingeschränkt zu sein und beim näheren Hinschauen fiel auf, dass sie in einer gläsernen Kugel eingesperrt waren. Das schwache Licht, das sie erzeugten, reichte gerade aus, um schemenhaft die Hände sichtbar zu machen, die sich auf das kühle Glas gelegt hatten. Bisher hatte eine geradezu angestrengte Stille im finsteren Kellergewölbe geherrscht, die nun durchbrochen werden sollte. Laut hallten die Schritte durch den weitläufigen Raum, als sich eine in Schatten gehüllte Gestalt der Glaskugel näherte.
„Seid Ihr sicher, dass Ihr Euch nicht im Tag geirrt habt, Meister?“, ertönte eine körperlose Stimme, die der Stille ein für alle Mal ein Ende setzte. Ein Schnauben war aus der Nähe der Glaskugel zu vernehmen. „Willst du mich wirklich infrage stellen? Dazu bist du nicht in der Position! Außerdem sind meine Berechnungen korrekt. Genau heute vor achtzehn Jahren muss es gewesen sein!“, entgegnete die Stimme, zu der die Hände gehören mussten, aufgebracht. Die andere Person schwieg beharrlich, als wagte sie es nicht, ihrem Meister erneut zu widersprechen. Die Finsternis verhüllte beide Gestalten, doch das schien keine von ihnen zu stören. Vielmehr schien die Dunkelheit ein notwendiges Mittel zu sein für das, was auch immer der Meister soeben bezweckte.
Der Diener verlagerte sein Gewicht unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Er konnte deutlich die Macht seines Meisters spüren, die das gesamte Kellergewölbe auszufüllen schien. Es handelte sich um eine bedrückende, gar angsteinflößende Macht, die sogar unempfänglichere Geister spüren könnten. Die Stimmung wurde zunehmend angespannter und die Person in den Schatten hatte gar das Gefühl, sie müsste die Luft anhalten, um die unheilvolle Stille nicht zu stören. Dann war es soweit. Die Hände des Meisters glitten ein weiteres Mal über die Glaskugel und für einen schier endlosen Moment wurde das Kellergewölbe wieder vollkommen in Dunkelheit gehüllt. Der Diener, der wenig von den Fähigkeiten seines Meisters verstand, war kurz davor, erneut die Stimme zu erheben, als es plötzlich geschah.
Ein besonders heller Lichtblitz tauchte den Raum in sein diffuses Licht, was paradox erschien, da der Lichtblitz von einem tiefen Schwarz war. Der Diener atmete erleichtert auf, als sein Meister ein erfreutes Lachen verlauten ließ. „Bei den Menschen! Wer hätte das gedacht?“, rief der Meister verwundert, doch gleichzeitig triumphierend aus. „Heißt das, was ich denke?“, fragte die Person in den Schatten aufgeregt, wobei sie die Antwort schon zu kennen glaubte. Diese Vermutung sollte sich gleich darauf bestätigen. „Ja, ich habe sie gefunden!“
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Verflucht - Der Todespakt
FantasyIn einer Welt, in der Menschen und Monster gleichermaßen leben, scheint es keinen Zweifel an der Zuordnung von "gut" und "böse" zu geben. Durch eine feste Grenze getrennt, führen Menschen und Dämonen eine weitestgehend friedliche Koexistenz, doch de...