Verflucht - Der Todespakt

Kapitel 19 - Teil 2

 „So! Damit ist es vollbracht!“, verkündete der Sammler und trat einen Schritt von mir zurück. Gespannt wartete ich, was passieren würde, doch ich fühlte mich wie immer. Müsste ich nicht eine Veränderung spüren, jetzt wo meine Kräfte nicht mehr versiegelt waren? Hatte es etwa nicht funktioniert? Allerdings zeigte sich gleich darauf zumindest eine Veränderung. Seltsame Gerüche drangen an meine Nase, die fremdartiger kaum sein konnten. Hatte es zuvor schon so intensiv gerochen oder war das neu? Verwirrt zog ich die Nase hoch und sah mich im muffigen Keller um.

„Man gewöhnt sich an den übernatürlichen Geruchssinn. Na ja, dir bleibt wohl nicht die Zeit dafür“, erklärte der Sammler gleichgültig und ich verstand sogleich, was los war. Wir hatten schon erfahren, dass Dämonen einen übermenschlichen, geradezu tierischen Geruchssinn hatten. Also hatte es funktioniert! Ich war nun eine vollwertige Dämonin mit Kräften und allem! Allerdings würde ich diesen Umstand wohl nicht lange genießen…

Der Sammler wollte wieder auf mich zutreten, doch Ryan hielt ihn zurück. „Ist es nicht gefährlich, ihre Kräfte zu aktivieren? So mächtig wie diese Kräfte sind…“, wandte Ryan besorgt ein, doch sein Meister hatte nur ein spöttisches Lachen für ihn übrig. „Mach dich nicht lächerlich, Ryan! Sie ist nicht Delia oder ihr Vater! Nach achtzehn Jahren bei den Menschen wird sie zunächst gar nicht in der Lage sein, ihre Kräfte zu verwenden! Und jetzt halte mich nicht weiter auf und bereite sie stattdessen auf das Ritual vor!“, befahl der Sammler seinem Diener.

Ryan wirkte alles andere als glücklich mit der vorliegenden Situation. Er warf seinem Meister und mir abwechselnd unsichere Blicke zu, bevor er schließlich zu mir trat. Der Sammler schien währenddessen etwas zu holen. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie das Ritual zur Übernahme meiner Kräfte aussah, aber hoffentlich dauert es noch ein wenig. Allerdings…würde das überhaupt etwas bringen? Solange ich nicht wie durch ein Wunder meine bisher unbekannten Kräfte benutzen könnte und dann zwei stärkere Dämonen besiegte, sahen meine Chancen denkbar schlecht aus.

Ryan erdreistete sich derweil tatsächlich, sich an meinem Top zu schaffen zu machen und die weiße Haut über meinem BH freizulegen. Dabei war sein Gesicht dem meinen so nahe, dass ich darüber nachdachte ihn anzuspucken. Doch selbst jetzt wollte ich mich nicht auf das Niveau dieses Verräters herablassen. Stattdessen bestrafte ich ihn mit eisigem Schweigen. Dann bemerkte ich, dass Ryan viel länger an meinem Top herumnestelte, als es eigentlich nötig war, und sein reuevoller, eindringlicher Blick traf den meinen.

„Hör zu, Bella. Es tut mir wahnsinnig leid. Ich wollte von Anfang an nur meine Befehle ausführen, aber du bist wirklich sympathisch und hast das nicht verdient. Aber Meister Kogami ist…Ich kann mich ihm nicht widersetzen…Ich wünschte, ich könnte dir helfen…“, flüsterte mir Ryan zu und blickte immer wieder nervös zum Sammler, der gerade ein Messer mit einer dunkelroten Flüssigkeit – war es Blut – bestrich.

„Spar dir das! Das bringt jetzt auch nichts mehr! Ich werde dir nicht helfen, dein Gewissen zu erleichtern!“, zischte ich wütend zurück. Was brachte Ryans Reue, wenn er mich trotzdem ans Messer geliefert hatte? Wortwörtlich, wie ich gleich darauf feststellte. Der Sammler trat wieder zu uns, das hübsch verzierte Messer mit der blutigen Klinge in der Hand halten. Er warf Ryan und mir skeptische Blicke zu, wobei ich nicht wusste, ob er Ryans Worte vernommen hatte. Letztendlich blieb sein forschender Blick an Ryan hängen.

„Hier, führe du die rituellen Schnitte aus. Du hast mir schließlich oft genug assistiert“, forderte er ihn auf und überreichte das offenbar besondere Messer. Auf dieser Seite der Mauer wusste man längst nicht mehr, was ein magisches Artefakt war und was nur eine Mordwaffe. Zögerlich nahm Ryan das Messer entgegen und wandte sich wieder mir zu. In seinen Augen stand die Verzweiflung, wobei mir das leichte Zittern nicht entging, das seine Hand erfasst hatte.