Kapitel 9 - Teil 2

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„Ich mache keine Geschäfte mit Menschen! Ihr könnt direkt wieder umdrehen und verschwinden!“, erklärte der Dämon etwas gereizt, bevor Cassie auch nur den Mund aufmachen konnte. Beunruhigt beobachtete ich, wie Cassies Gesichtszüge entgleisten. Sie durchliefen einen Wandel von Überraschung zu einer instinktiven Empörung und ich konnte nur hoffen, dass Cassie jetzt nichts Falsches sagen würde. Obwohl hier alles bisher sehr zivilisiert wirkte, sollten wir doch nie vergessen, dass wir es mit tödlichen Bestien zu tun hatten.

Allerdings konnte Cassie ihre verärgerten Widerworte zurückhalten und warf mir stattdessen einen auffordernden Blick zu. Ich wusste, was sie von mir wollte, wenngleich mich meine Angst vor sozialen Kontakten noch einen Moment zurückhielt. Dann sprang ich jedoch über meinen Schatten und trat zum Tresen.

„Entschuldigung, das wussten wir natürlich nicht, aber ich bin kein Mensch, wie Sie unschwer erkennen werden. Kann ich denn für zwei Zimmer bezahlen? Wir haben auch einiges an Geld, wenn das etwas ändert…“, setzte ich etwas unsicher an. Ich war mir außerdem nicht sicher, ob mein Bestechungsversuch am Ende als solcher angekommen war oder überhaupt notwendig gewesen wäre. Der große, durchaus muskulöse Mann, mit dem wir uns gewiss nicht anlegen wollten, verengte derweil die Augen und sah von Cassie zu mir.

„Selbst wenn du es bezahlst, ich vermiete keine Zimmer an Menschen! Das ist mein Grundsatz und da hilft auch keine Überzeugung in finanzieller Hinsicht! Entweder du kaufst ein Zimmer für dich selbst oder du lässt es!“, entgegnete er finster und ich wagte kaum, noch einmal zu widersprechen. Vielleicht sollten wir es doch besser bei einen anderen Motel versuchen, doch es war schon spät und die Zimmer womöglich ausgebucht. Als Cassie mir sanft, aber bestimmt den Ellenbogen in die Seite stieß, wagte ich es doch, eine finale Frage zu stellen.

„Und wenn ich ein Zimmer für mich kaufe und meine Freundin dann zufällig…“, setzte ich an, brachte den Vorschlag aber gar nicht zu Ende. Einerseits schüchterte mich der bohrende Blick des Dämonen ein, während ich es andererseits seltsam fand, Cassie als Freundin bezeichnet zu haben. Der Dämon, dem das etwas schäbige Motel wohl gehörte, hatte aber verstanden, worauf ich hinauswollte.

„Ich bin zwar nicht glücklich darüber, aber in diesem Fall kann ich wohl kaum etwas machen. Haustiere sind hier schließlich erlaubt!“, antwortete er mit einem verächtlichen Blick Richtung Cassie. Diese zuckte unter seinem Blick zusammen, schien sich aber unter Kontrolle zu halten. Ich konnte mir vorstellen, dass es der selbstbewussten Cassie gar nicht passte, als Haustier bezeichnet zu werden, aber sie durfte nicht vergessen, in welcher Lage wir hier waren.

Wir waren immerhin die Eindringlinge, die gar nicht erst im Reich der Dämonen sein sollten. Von dem musste sie wohl ihren Stolz hintenan stellen, wenn es uns eine billige Übernachtungsmöglichkeit ermöglichte. Ich bezahlte also für ein Zimmer und erhielt endlich den Schlüssel, der uns aus der unangenehmen Unterhaltung befreite. Cassie wartete noch, bis wir die richtige Zimmernummer gefunden hatten und das recht kleine Motelzimmer betraten, bevor sie ihren Unmut herausließ.

„So ein Arschloch! Ein Haustier?! Für wen hält der sich eigentlich?!“, rief Cassie aufgebracht und ich sah keinen Sinn darin, sie zu beruhigen. Sie hatte schließlich vollkommen recht. Der Motelbesitzer war ein Arschloch, wenn er Menschen wirklich mit Haustieren gleichsetzte, doch ich hatte das ungute Gefühl, dass er nicht der einzige Dämon mit dieser Ansicht war. Offenbar gingen hier die Meinungen zu Menschen stark auseinander. Marry im Dorf war überaus freundlich zu uns gewesen, ebenso wie der Angestellte, der unser Geld gewechselt hatte, doch es gab offensichtlich auch Dämonen, die Menschen hassten und sogar für minderwertige Wesen hielten.

Diese Erkenntnis würde es uns fortan bestimmt nicht leichter machen. Doch immerhin hatten wir jetzt einen Schlafplatz für die Nacht. Na ja, zumindest einigermaßen… „Sieh es von der guten Seite! Wir haben einen günstigen Schlafplatz direkt im Stadtzentrum und mit dem gesparten Geld können wir gleich morgen losziehen und jemanden suchen, der deinen Fluch aufheben kann“, suchte ich dann doch einige beschwichtigende Worte. Cassie unterbrach ihre Schimpftirade und warf mir einen skeptischen Blick zu.

Verflucht - Der TodespaktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt