Gegen Ende wurde Bellas Stimme immer weinerlicher und es klang so, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Ich hatte jedoch keine Zeit, um mich mit Bellas emotionalen Zusammenbruch zu beschäftigen. Eine ganz andere Aussage hatte meine Aufmerksamkeit geweckt. „Eine Dämonin? Du? Du willst mich doch verarschen!“, hakte ich ungläubig nach, doch Bella wirkte keineswegs so, als wäre sie in der Verfassung, um Witze zu machen.
„Glaub mir, ich war genauso überrascht wie du, aber es stimmt. Mein Vater war ein Dämon und damit bin ich auch einer. Sieh nur!“, antwortete Bella düster und zog ihre dünne Jacke aus, für die es Ende Juli ohnehin viel zu warm war. Nur weitere Verwirrung regte sich in mir, als ich das abstrakte, aber symmetrische Muster auf ihrem Oberarm besah. „Wow, du hast dir ein Tattoo stechen lassen. Und was soll das beweisen?“, fragte ich vielleicht eine Spur zu sarkastisch.
Bellas Miene verfinsterte sich augenblicklich, aber sie bewahrte die Ruhe, als sie antwortete. „Das ist kein Tattoo sondern ein Siegel! Es soll meine Dämonenkräfte unterdrücken, doch der Zauber wurde so gesprochen, dass es an meinem achtzehnten Geburtstag sichtbar wird. Ich würde all das am liebsten auch nicht glauben, aber man wacht nun einmal nicht einfach mit einem mysteriösen Tattoo auf, wenn man ein normaler Mensch ist!“, erklärte Bella energisch.
Ein Siegel? Unterdrückte Dämonenkräfte? Nun war der Punkt gekommen, an dem ich mir vollkommen sicher war: Bella war verrückt! Sie hatte vollkommen den Verstand verloren! Allerdings lösten ihre letzten Worte etwas bei mir aus. Von normalen Menschen war die Rede gewesen. So sehr ich mir das auch manchmal wünschte, ich selbst zählte ebenfalls nicht in diese Kategorie. Ich war zwar ein Mensch, aber gewiss kein normaler. Vielleicht war es dieser Umstand, meine übernatürlichen Kräfte, von denen ich weder wusste, warum und woher ich sie hatte, der mich Bella glauben ließ.
So sehr wir uns auf dieser Seite der Mauer auch in unsere menschliche Realität flüchteten, das Übernatürliche war ein unleugbarer Bestandteil unserer Welt. Wir konnten es nicht gänzlich aussperren und so fanden sich bestimmt auch Spuren davon auf unserer Seite der Mauer. Ein geheim gehaltenes Dämonenkind mit einem magischen Siegel, ein dämonischer Fluch, der ein einst gewöhnliches Mädchen dazu verdammte, den Tod zu sehen…Das war längst nicht so unwahrscheinlich, wie es zunächst klang.
Auch wenn ich Bella nach wie vor nicht leiden konnte, fühlte ich mich ihr plötzlich seltsam verbunden. Keine von uns beiden hatte das Los gewollt, das uns vom Schicksal zugeteilt worden war. „Was ist? Habe ich dich damit so schockiert, dass du nun sprachlos bist? Cassie?“, fragte Bella zögerlich nach, nachdem ich längere Zeit nichts mehr gesagt hatte. Schockiert war ich, aber längst nicht so sehr, wie Bella vermutete. Stattdessen erstarkte ein einzelner Gedanke in meinem Kopf und die Worte verließen meinen Mund, bevor ich darüber nachdenken konnte.
„Ich verstehe dich besser, als du denkst…Ich habe es noch keinem erzählt, aber ich…habe besondere Kräfte. Ich kann den Tod sehen. Ich sehe die Geister kürzlich Verstorbener und…außerdem auch, wenn jemand bald stirbt. Das ist auch der Grund, weshalb ich dir gefolgt bin. Ich habe die Aura des nahenden Todes um dich herum gesehen und wollte es verhindern.“ Es war ein seltsames Gefühl, diese Worte erstmals ausgesprochen zu haben, irgendwie erleichternd, aber gleichzeitig unangenehm.
Ich wusste gar nicht genau, warum ich es getan hatte. Es hatte sich seltsam richtig angefühlt. Vor allem überraschte mich aber Bellas Reaktion. „An jedem anderen Tag hätte ich dich für verrückt erklärt, aber nach dem, was ich heute morgen erfahren habe, bin ich bereit, alles zu glauben!“, entgegnete sie mit einem bitteren Auflachen. „Aber warum erzählst du es ausgerechnet mir, wenn du dein Geheimnis bisher so gut bewahrt hast?“
Auf genau diese Frage wusste ich keine zufriedenstellende Antwort. „Ich hatte Angst, dass mich alle für einen Freak halten“, antwortete ich betreten. „Und ich bin sowieso schon ein Freak oder wie war der Gedankengang? Dachtest du, du könntest es dir bei mir von der Seele reden, weil ich ohnehin bald sterben werde?“, hakte Bella skeptisch nach. Als sie ihren baldigen Tod erwähnte, schrillten in mir alle Alarmglocken.
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Verflucht - Der Todespakt
FantastikIn einer Welt, in der Menschen und Monster gleichermaßen leben, scheint es keinen Zweifel an der Zuordnung von "gut" und "böse" zu geben. Durch eine feste Grenze getrennt, führen Menschen und Dämonen eine weitestgehend friedliche Koexistenz, doch de...