12

909 29 5
                                    

TRIGGERWARNUNG: in diesem Kapitel könnten triggernde Themen angesprochen werden. (SVV, Suizid...)

Am späten Nachmittag werden mir die Gedanken einfach zu viel, sodass ich mich dazu entscheide raus zu gehen. Ich ziehe mir Schuhe und eine dicke Jacke an, da wir März haben und es noch relativ kalt ist und schleiche heimlich aus dem Gebäude. Meine Beine tragen mich in einen kleinen Park, wo ich mich auf eine Bank setze und den Blick in die Baumkronen richte. Warum ich? Warum passiert mir so viel schlechtes? Ich will doch einfach nur glücklich sein, ist das zu viel verlangt? „Gott, wenn es dich gibt, dann hilf mir bitte. Ich brauche einen Grund zum kämpfen, sonst sehe ich keine Zukunft mehr.", flüstere ich in den Himmel, der langsam von der untergehenden Sonne verschlungen wird. Mein Handy, welches ich die ganze Zeit auf stumm hatte, hat viele neue Nachrichten erhalten. Viele verpasste Anrufe von dem Heim und Phil. Ist mir egal, niemand soll wissen, wo ich bin. Ich kann und will einfach nicht mehr. Was hat der ganze Mist noch für einen Sinn? Mit Tränen in den Augen löse ich die Handyhülle von meinem Handy und finde einen fünf-Euroschein. Ich sehe um mich und finde einen kleinen Supermarkt in der Nähe des Parks. Deshalb stehe ich auf und gehe zu diesem Supermarkt. Dort verleitet es mich in die Abteilung mit Rasierklingen. Ich nehme eine Packung mit klingen in die Hand und begutachte diese einige Zeit. „Schon gut.", flüstere ich mir selbst zu und umgreife die Packung fest. Dann gehe ich zur Kasse und bezahle die klingen.
Keine zehn Minuten später sitze ich wieder weinend auf der Bank und lasse die Klinge in meinen Fingern liegen. Soll ich es tun? Soll ich ein für alle mal alles beenden? Würde es überhaupt jemanden kümmern, wenn ich weg bin? Wahrscheinlich nicht. Also was soll's?

Noch bevor ich was machen kann, höre ich Sirenen und sehe, dass auf der Straße, die man zwischen den Bäumen erkennen kann, ein Unfall passiert ist. Dort ist ein Krankenwagen und die Polizei. Ich zucke mit den Schultern und widme mich wieder meinen Gedanken. Entschlossen, es hier zu beenden rolle ich meine Jacke und meinen Pullover hoch und sehe auf meinen linken Unterarm. Eine Träne plätschert auf meine Pulsader. Ich nicke und setze die Klinge an. Mit einem leichten Druck ziehe ich über mein Handgelenk und sehe sofort dunkelrotes Blut rauslaufen. Dies sorgt dafür, dass mir schwummrig vor Augen wird. Das letzte, was ich höre ist eine Frauenstimme, die laut nach Hilfe ruft. Dann wird es schwarz.

POV Alexander Hetkamp:
„Mensch Alex, sei mal bisschen entspannter.", versucht Franco mich zu beruhigen. Das geht nur leider nicht. Mein Freund und Kollege Phil hat heute seine Freundin verloren und ist total down. Ich würde ihm gerne helfen, doch leider muss ich arbeiten.
Als ich gerade von meinem Brot abbeiße, klingelt der Pieper und wir müssen los. Es wird ein Verkehrsunfall gemeldet, wo eine Person bewusstlos ist. Zusammen mit meinem Team sprinten wir zu den Autos und fahren zum Unfallort. Ab jetzt heißt es funktionieren. Keine negativen Gefühle oder privates. Nur Fokus auf den Patienten.
Am Unfallort angekommen, sehen wir bereits die Person, die als bewusstlos gemeldet wurde. Sie ist mittlerweile wieder bei Bewusstsein und sitzt an der Autoseite. Wir versorgen sie und wollen sie gerade verladen, als wir einen Schrei einer Frau hören. „Hat da gerade jemand Hilfe gerufen?", frage ich verwundert. „Ja ich glaube das kommt aus dem Park.", antwortet Franco. Das Team aus dem RTW bleibt bei dem Unfallpatient, während Franco und ich den Hilfeschreien nachgehen. „Nimm mal einen Notfallrucksack mit.", sage ich zu meinem Kollegen, der diesen dann schultert und mit mir in den Park sprintet. Dort steht eine Frau und atmet hastig. „Ganz ruhig junge Frau. Was ist denn...", beginne ich und sehe dann ein Mädchen mit aufgeschlitzter Pulsader auf der Bank liegen. Sofort nehme ich das blutende Handgelenk in die Hände, während Franco einen Druckverband macht. „Sie hat einen schwachen Puls und eine schwache Atmung.", diagnostiziere ich und sehe dann eine Klinge auf dem Kiesboden liegen. „Franco. Das war ein Suizidversuch.", sage ich und hebe die Klinge hoch. Er nickt und bereitet alles für einen Zugang vor. Mittlerweile hat die Blutung aufgehört und ich kann meine Hand von ihrem Handgelenk lösen. Ich klopfe ihr ein paar mal sanft auf die Wangen, wodurch ihre Lider flackern und sie die Augen schwach öffnet. „Hallo, wie geht's dir?", frage ich, doch sie fährt erschrocken hoch kriecht von uns weg. „Gehen sie!", lallt sie. Sie ist noch nicht ganz bei Sinnen, das steht fest. „Hey ganz ruhig. Ich bin Alex und das ist Franco. Wir sind vom Rettungsdienst, wir wollen dir nur helfen.", versuche ich das Mädchen zu beruhigen, doch sie wird immer panischer.

POV Liv:
Das darf doch nicht wahr sein. Als ich mich gerade an die Dunkelheit gewöhnt habe, wird mir auf die Wange geschlagen und ich erwache wieder zum Leben. Sofort erschrecke ich, als ich zwei Männer sehe und weiche vor ihnen zurück. Dieser eine Mann mit drei Tage Bart und dunklen Haaren, stellt sich als Alex vor und seinen Kollegen Franco. Als er sagt, dass sie vom Rettungsdienst sind, zieht sich alles in mir zusammen. Mein Blick schweift auf deren Jacken, wo ich bei Franco „Rettungssanitäter" lese und bei Alex „Notarzt". Scheisse, ein Arzt. Er hat mich höchstwahrscheinlich angefasst.
Ich merke, wie meine Atmung immer schneller wird. „Kleine, sieh mich mal an. Wie heißt du?", spricht dieser Alex mich an. Ich schüttle nur mit dem Kopf und sehe dann zu meinem Handgelenk. Dieses ist durch ein Verband verdeckt. Mist, dann haben die mich tatsächlich berührt. Sonst sieht mein Körper normal aus, also haben sie anscheinend noch nicht viel gemacht. Bei dem Sanitäter sehe ich allerdings noch eine Schale, in der eine Nadel und eine Infusion liegt. Die hatten doch nicht etwa vor, mich zu pieksen, während ich bewusstlos bin, oder? „Phil.", nuschle ich, während ich kaum Luft bekomme. Er ist der einzige, den ich noch habe und der mich jetzt vor diesen Männern retten kann. „Phil. Holen sie Phil.", sage ich und halte mir dann die Hände auf den Brustkorb, wo die Luft langsam knapp wird. „Wer ist Phil?", fragt der Notarzt. „Phil Funke.", keuche ich und merke, dass mir wieder schwindelig wird. „Du kennst Phil? Dann bist du Liv.", stellt der Arzt fest. Ich nicke und hoffe inständig, dass ich wieder Luft bekomme. „Hör zu, ich bin ein Freund von Phil. Du musst langsamer atmen. Darf ich dir helfen?", fragt Alex. Stimmt, Phil hatte Alex mal erwähnt. Das soll angeblich dieser lustige Typ in der WG sein. Soll er mir helfen? Soll ich ihn an mich lassen?

—————————————————————————

Kurzer reminder: Ihr seid perfekt, so wie ihr seid und habt das Recht zu leben. Also macht was draus! Ihr schafft das!

Man liest sich im nächsten Teil:)

Der Grund zum kämpfen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt