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Nach einer Minute habe ich den Parkplatz erreicht und erkenne Paula und Phil in einem Auto. „Liv, komm. Essen wartet.", ruft Phil und sieht noch nicht, das ich geweint habe. Dies ändert sich aber schnell, als ich am Auto ankomme und mich schweigend auf die Rückbank setze. „Liv, gehts dir gut? Hast du geweint?", fragt Phil und legt seine Hand auf mein Knie. Ich schüttle den Kopf und versuche die stechenden Schmerzen in meinem Handgelenk zu ignorieren. „Maus du hast doch was.", stellt nun auch Paula fest, die sich ebenfalls zu mir umgedreht hat. „Mir geht's gut. War nur ein blöder Tag. Fahr bitte los Paula.", bitte ich sie mit verweinter Stimme. Ich will nicht länger als nötig auf diesem Gelände sein. Paula schaut zu Phil und startet dann das Auto. Mir entgeht natürlich nicht, dass sie mich die ganze Zeit durch den Rückspiegel beobachtet aber das ist mir gerade egal.
Zuhause angekommen steigen wir aus und gehen zur Haustür. „Wollen wir gleich reden Liv?", fragt Phil, woraufhin ich nur mit dem Kopf schüttle. Paula legt mir ihre Hand auf die Schulter, doch ich flitze durch die nun geöffnete Tür direkt in mein Zimmer, um die Hausaufgaben für Luis zu machen. Plötzlich klopft es. Ich drehe mich erst gar nicht zur Tür um weil es nur Paula oder Phil sein kann. „Süße. Du hast doch was.", kommt von Paula, die sich nun auf mein Bett setzt, welches direkt neben meinem Schreibtisch steht. Sie legt ihre Hand auf mein schmerzendes Handgelenk, was mich zischen lässt. „Tut dir das Handgelenk weh?", fragt sie besorgt. „Ja ich bin hingefallen.", Lüge ich, auch wenn das ja eigentlich die Wahrheit ist. Ich bin ja hingefallen aber wodurch ich hingefallen bin, brauch sie nicht zu erfahren. „Lass mal sehen.", sagt sie und möchte, dass ich ihr mein Handgelenk gebe. Zögernd drehe ich mich zu ihr und gebe ihr mein Handgelenk. Sie schaut es sich an und tastet auch vorsichtig. „Aua.", brumme ich. „Hmm kleine das sieht ernst aus. Das muss geröntgt werden. Wollen wir eben in die Klinik fahren?", fragt sie und behält meine Hand weiterhin in ihrer. „Wenn du mich dann endlich in Ruhe Hausaufgaben machen lässt, können wir das machen.", sage ich und stehe auf. Sie lächelt und führt mich raus. „Wo ist Phil?", frage ich, als wir ihn auf dem Weg zum Auto nirgendwo sehen. „Der führt wichtige Telefonate, er kann leider nicht mit. Ich hoffe doch, dass wir beide das alleine schaffen, ohne das du mich zerkratzt oder umbringst.", lacht sie, obwohl ich weiß, dass sie das ernst meint. „Ja wir schaffen das. Ich möchte, dass wir beide dahin fahren.", sage ich und lächle. Sie lächelt auch und setzt sich ins Auto. Dann fahren wir los.

Die Fahrt verlief schweigend, doch nun stehen wir vor der Notaufnahme. Paula merkt, dass ich da absolut keine Lust zu habe, weshalb sie mich halbwegs aus dem Auto ziehen muss. „Komm Liv, das geht auch schnell.", sagt sie und bringt mich rein. Ich verdrehe nur die Augen und sehe, dass das Wartezimmer ziemlich überfüllt ist. „Geht schnell, was?", frage ich genervt. Sie presst die Kiefer nachdenklich zusammen und meldet mich an. „Na komm wir warten einen Augenblick.", sagt sie und steuert auf den einzig leeren Stuhl an. „Paula nur mal so am Rande, wir sind zwei Personen und das ist nur ein Stuhl.", erkläre ich ihr, woraufhin sie nur lacht und sich hinsetzt. „Mhm okay ich kann auch stehen, kein Ding.", winke ich ab und stelle mich neben sie. „Mensch Liv du sollst auf meinen Schoß.", sagt sie lachend und klopft auf ihre Oberschenkel. Noch bevor ich was erwidern kann, zieht sie mich auf ihren Schoß und hält mich am Oberkörper fest, damit ich nicht einfach abhaue. „Bin ich nicht ein bisschen zu schwer?", frage ich unsicher und schaue ihr dabei tief in die Augen. Wieder fällt mir diese gewisse Ähnlichkeit zwischen uns auf und ich glaube, dass sie das gleiche sieht. „Äh...Neee alles gut. Ich bin Ärztin und muss oft Patienten durch die gegen tragen.", winkt sie ab. Ich nicke und lege meinen Kopf auf ihrer Schulter ab, was ihr ein schmunzeln entlockt. So sitzen wir einige Zeit, bis sich die Notaufnahme langsam leert. „Bist du auch oft in der Notaufnahme?", frage ich interessiert und sehe dabei an die Decke. „Ab und zu ja. Ich bin selten-bis nie-auf Station. Ich bin hauptsächlich in der Notaufnahme oder als Notärztin tätig.", erklärt sie und streichelt mir dabei über den Arm, was extrem beruhigend ist. Ich bin kurz davor, einzuschlafen, da wird sie etwas unruhig. „Du Liv, weshalb hast du eigentlich geweint, als wir dich abgeholt haben?", fragt sie besorgt. Meine Augenlider klappen sofort auf und ich erhebe mich von ihr. „Ich...Ähm...ich weiß net. War ein doofer Tag.", Lüge ich. Sie mustert mich und weiß genau, dass ich lüge, doch sagen tut sie nichts mehr. Ist mir auch lieber. Ich setze mich auf den mittlerweile freien Platz neben ihr und lehne meinen Kopf an die Wand. Das warten nervt extrem. „Aber Liv...", beginnt sie wieder das Thema. „Was möchtest du noch hören Paula? Ich will nicht reden.", knurre ich und wende den Blick ab. „Wann ist das mit der Hand passiert?", fragt sie knapp. Mist, was sage ich denn jetzt? Sie ist Ärztin und kann genau sehen, wie lange die Verletzung her ist, weil der blaue Fleck um meinem Handgelenk darauf deuten lässt, dass es nur wenige Stunden her sein muss. „Ähm in der Schule.", sage ich. „Wann und wo genau?", fragt sie nun etwas misstrauischer. Mein Gehirn rattert, was ihr nicht entgeht. Zu meinem Glück werde ich aber just in diesem Moment aufgerufen und kann ins Behandlungszimmer flüchten. „Tabea????", frage ich verwirrt. Ich wusste zwar, dass sie heute arbeiten ist, aber nicht, dass sie Schicht in der Notaufnahme hat. Sie ist ja eigentlich Kinderärztin. „Ja ich. Was bringt euch hierher?", fragt sie interessiert und sieht zu Paula und dann wieder zu mir. „Sie ist aufs Handgelenk gefallen.", erklärt Paula ihr, weil ich irgendwie keinen Ton rausbringen kann. Ich bin die ganze Zeit am überlegen, wie ich das mit dem Sturz erklären kann.

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Man liest sich im nächsten Teil:)

Der Grund zum kämpfen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt