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„So, dann zieh dein Pullover mal wieder aus. Wir können nun beginnen.", sagt sie und holt ein Gerät her, an dem mehrere Kabel mit Elektroden hängen. Mein Blick geht zu Phil, der nickt. Ich hole einmal tief Luft und streife mir den Pullover wieder über den Kopf. Phil nimmt ihn mir ab und legt ihn über seinen Arm. Dann steht er von der Liege auf, sodass ich mich hinlegen kann. Eigentlich will ich das hier ganz und gar nicht, jedoch kann ich das nicht mehr beenden, denn Dr. Herzinger drückt mir schon die erste Elektrode auf die Haut. Ich schaue zu Phil, während sie mir die restlichen Elektroden aufklebt, da er mir Sicherheit gibt. Er lächelt mich die ganze Zeit an und hält beruhigend meine Hand. „Du machst das toll.", flüstert er, sodass nur ich das höre. „So, jetzt dauert das einige Sekunden, dann sind wir fertig.", sagt die Ärztin und betätigt einen Knopf. Ein Gerät beginnt zu piepen und es kommt ein langes Blatt raus, auf dem mein Herzschlag in einer Linie gezeigt wird. „Alles klar, das war's.", sagt sie und entfernt die Elektroden wieder. Dann kann ich mich auch schon anziehen und gehen. Die Ergebnisse bekomme ich morgen.
Zusammen mit Phil gehe ich wieder in mein Zimmer, wo er mich verabschiedet und eine gute Nacht wünscht. „Ist er dein Vater?", fragt Laura mich verwirrt. Ich pruste los und es dauert einige Minuten, bis ich mich wieder beruhigen kann. „Nein.", antworte ich schlussendlich. Sie versteht wahrscheinlich nicht, weshalb ich lache, jedoch die Vorstellung, dass Phil mein leiblicher Vater ist, finde ich zum Tod lachen. Obwohl das mittlerweile gar nicht mehr soweit weg ist, denn schließlich könnte er mein Adoptivvater werden.
Bevor ich schlafen gehe, spiele ich noch ein bisschen mit meinem Handy, bis ich eine Nachricht bekomme. Sie ist von Phil:

Phil: Guten Abend kleine. Ich wollte mal fragen, ob Paula morgen mitkommen kann? Sie hat frei und möchte dich gerne sehen, weil sie dich echt gern hat. Und so könnt ihr euch schonmal besser kennenlernen:)

Einerseits habe ich da keine Lust drauf, da sie Ärztin ist und ich ihr null vertraue aber Phil hat recht. Wenn ich wirklich bei ihn wohnen soll, muss ich mit ihr klarkommen.

Ich: Okay geht klar:)

Nach dieser Nachricht schalte ich mein Handy aus und mache mich im Badezimmer fürs schlafen gehen fertig. Dort fällt mein Blick auf meinen Arm, der noch von einem dicken Verband verziert wird. Noch immer habe ich den Gedanken mein Leben ein Ende zu bereiten, da ich keinen Sinn mehr sehe. Meine Eltern oder fast-Eltern sind tot und ich bin alleine, ohne jegliche Angehörige. Mir bleibt nur ein männlicher Arzt, der in einer Ärzte WG lebt. Mein Schicksal will mich bestrafen-oder vielleicht auch nicht? Momentan verspüre ich einfach nur Lustlosigkeit dem Leben gegenüber. Nichts macht mehr einen Sinn.
Nachdem meine Zähne geputzt sind und ich auf Toilette war, lege ich mich schlafen.

„Guten Morgen ihr zwei. Es gibt Frühstück.", weckt uns eine freundliche Stimme. Ich öffne die Augen und sehe eine Schwester, die ich noch nicht kenne. Auch Laura wacht auf und setzt sich müde hin. „Dieses Mal wird gegessen Laura, sonst muss ich Frau Doktor holen.", sagt die Schwester ernst und stellt das Tablett mit dem Frühstück vor ihr ab. Laura verdreht nur die Augen und starrt auf das Essen. Mir gibt die Schwester ebenfalls ein Tablett und ich beginne zu essen. Dann verlässt die Schwester das Zimmer. „Willst du echt nichts essen? Sie holen sonst die Ärztin.", sage ich zu Laura, doch sie schüttelt nur mit dem Kopf und schiebt das Tablett von sich weg. „Was hast du vor?", frage ich, als sie aufsteht und mit dem Tablett Richtung Badezimmer läuft. „Was wohl? Runterspülen.", antwortet sie schulterzuckend, doch bevor sie die Badezimmertür erreicht, öffnet sich die Zimmertür und die Schwester kommt mit Phil und Paula rein. „Laura.", seufzt die Schwester und nimmt ihr das Tablett ab. Wütend kommt Laura wieder zu ihrem Bett und zieht die Decke über ihr Gesicht. Paula und Phil schauen ganz verwirrt zu Laura und dann zu mir. „Laura, kommst du bitte mit zu der Ärztin? Das muss besprochen werden.", sagt die Schwester, doch Laura brummt nur ein „Nein". Still kommen Paula und Phil zu mir und beobachten das Geschehen ebenfalls. „Okay, dann hol ich die Ärztin her.", sagt sie und läuft aus dem Zimmer. „Was hat sie denn?", höre ich Paula flüstern und Phil antwortet ebenfalls leise „Essstörung?". Dann kommt auch schon die Schwester wieder aber dieses Mal mit Tabea. Dr. Herzinger hat bestimmt kein Dienst mehr. Sie begrüßt uns alle einmal und wendet sich dann an Laura. „So Laura, ich habe gehört, du verweigerst wieder dein Essen? Du weißt, was das heißt. Wir legen dir die Sonde.", kommt von der Ärztin. Sie schüttelt hastig den Kopf. „Alles, aber nicht die Sonde.", fleht sie die Ärztin an. Tabea zeigt auf das Tablett und sagt: „Dann iss das. Es liegt an dir. Wenn du das isst und danach mindestens eine halbe Stunde nicht ins Badezimmer gehst, lassen wir die Sonde weg." Laura betrachtet das Essen skeptisch und nimmt dann das Brötchen in die Hand. „Okay.", seufzt sie und isst es. Danach muss sie zu einigen Untersuchungen, weshalb Phil, Paula und ich nun alleine sind. „Na alles gut?", fragt er und setzt sich zu mir aufs Bett. Paula steht hinter ihm. „Ja alles super.", antworte ich ehrlich. Mir geht's wirklich gut. Ich habe weder schmerzen, noch fühle ich mich unwohl. Das einzige, was noch wehtut ist mein innerer Schmerz, gegen den man nichts tun kann. „Ich habe mit Tabea gesprochen. In einer Stunde hast du deine Untersuchungen. Sollen wir dich begleiten?", fragt er. Ich schaue ihn an und dann zu Paula. „Du ja. Sie nein.", antworte ich und schlage dann die Decke zur Seite, weil ich auf die Toilette muss. „Aber Liv.", seufzt Phil. Ohne ihn zu beachten, schliesse ich die Tür hinter mir und gehe auf die Toilette. Ich höre die beiden leise reden. „Ich wünschte, sie würde mich mehr zulassen Phil. Ich habe ihr doch nichts getan.", seufzt Paula traurig. „Ich weiß. Ich versuche nochmal mit ihr zu reden okay?", antwortet er. Dann höre ich nichts mehr und drücke die Spülung. Nachdem ich die Hände gewaschen habe, gehe ich wieder zu meinem Bett. „Na schön. Ihr könnt beide mit. Aber nur, wenn sie Abstand hält.", antworte ich und mustere sie skeptisch.

Nach einer halben Stunde in der ich am Handy war und Paula und Phil sich über die Arbeit unterhalten haben, wendet sich Paula plötzlich an mich. „Liv, wenn du mal reden möchtest, egal über was, bin ich da okay. Ich weiß, dass du mir nicht vertraust aber vielleicht lernst du so, dass ich nichts Böses möchte.", sagt sie sanft, woraufhin ich mein Blick hebe und leicht nicke. „Apropos. Wir wollten ja noch reden.", mischt Phil sich ein und sieht mich eindringlich an. Ich schüttle sofort mit dem Kopf. „Nicht, wenn sie hier ist.", seufze ich und zeige auf Paula. Das was mir passiert ist, geht sie gar nichts an.

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Ich hoffe, euch geht es gut.

Man liest sich im nächsten Teil:)

Der Grund zum kämpfen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt