Tyler
Seit wann sind Geburtstage von Klassenkameraden zu einem muss geworden? Ich wurde gar nicht gefragt, ob ich kommen möchte, sondern direkt aufgefordert einen Kasten Bier zu besorgen. Wir sind alle Minderjährig, trotzdem scheine ich der perfekte Kandidat für solche Angelegenheiten zu sein. Was ich niemals verneinen würde, ich habe nämlich tatsächlich meine Quellen. Trotzdem ändert es nichts an der Tatsache, dass mir der Geburtstag von Chiara total egal ist. Ich habe nichts mit ihr zu tun, ich kann sie nicht mal leiden. Aber sie hat meine Nummer, woher zum Teufel auch immer. Und vor zwei Tagen wurde ich durch das Klingeln meines Handys wach, da sie mich um sieben Uhr morgens angerufen hat. Ich wiederhole: um sieben Uhr morgens (!!!) in den Sommerferien. Das ist schon eins der vielen, vielen Gründen, weshalb ich niemals mit jemanden wie ihr befreundet, sein könnte. Oder wollen würde.
Chiara hat anscheinend eine Grillhütte im Waller County Park gemietet, dank der warmen Temperaturen scheint dieser Ort perfekt für eine unbeschreibliche Nacht zu sein. Das waren exakt ihre Worte, als sie mir ins Ohr summte. Ob sich dahinter irgendwelche Andeutungen verbergen? Ich denke nicht. Dafür müsste sie schlau sein und das ist Chiara nicht. Keiner scheint in meiner Klasse durchdacht denken zu können, ein Wunder, dass sie noch nicht zurückgestuft wurden.
Jedenfalls konnte ich mich nicht mehr aus der Sache raus reden, sie gab mir nicht einmal die Chance etwas zu sagen. Sie hielt ihre Rede, forderte mich auf mich um das Bier zu kümmern und legte auf. Ich starrte Minuten nach dem Telefonat noch immer auf das Display, meine Hand schloss sich fest darum. Fast dachte ich, das Gestell könnte zerspringen, doch dann ließ ich los. Von dem Sturz hat mein Handy eine Delle bekommen. Ich nenne sie die Chiara-fuckt- mich- ab- Delle.
Ich könnte natürlich einfach nicht hingehen, aber wenn ich mir nicht unnötig viele Feinde am Anfang des neuen Schuljahres machen möchte, sollte ich meinen Arsch zumindest für eine Stunde dahinschleppen. Außerdem schadet es nicht, sich mögliche Optionen offenzuhalten. Klar, Chiara ist nicht mein Typ. Okay, wenn ich darüber nachdenke, habe ich gar keinen Typ, trotzdem wäre sie durchaus im Stande mich im Notfall zu befriedigen. Oder sie hat eine scharfe Freundin, die ich am heutigen Abend kennenlernen kann.
»Hast du ein Bewerbungsgespräch, oder wieso siehst du so rausgeputzt aus?« Ich komme mit einem weißen Hemd aus dem Badezimmer und knöpfe es zu, als ich Maxwell auf der Couch lungern sehe.
»Ein Bewerbungsgespräch an einem Samstagabend?« Ich ziehe grimmig die Augenbraue nach oben, Lächeln tue ich nicht. Ich habe den ganzen Tag nicht gelächelt, oder gelacht. Meine Mundwinkel sind so weit nach unten gesenkt, dass es weh tun würde, wenn ich sie anhebe. Viele Menschen denken, dass ich gar nicht in der Lage bin ein freundliches Gesicht zu ziehen und da haben sie in den meisten Fällen recht. Aber als ich letzten Sonntag mit Lionel auf dem Spielplatz war und auf seiner Nasenspitze ein Marienkäfer saß, habe ich durchaus gelacht. Es hat mich so sehr überrascht, dass ich sofort wieder verstummt bin. Genug ist immerhin genug.
»Du gehst also aus?« Ich kann die Überraschung durch den ganzen Raum wahrnehmen. Maxwell kennt mich ziemlich gut, auch wenn ich nicht jeden Tag mit ihm spreche. Er weiß, dass ich selten unter Leute gehe. Am liebsten steige ich abends auf mein Bike und fahre so lange, bis der Sprit alle ist. Durch die schwarzen Straßen und Gassen zu prassen ist viel besser, als mit irgendwelchen Fremden über Fußball oder das Wetter zu sprechen.
»Ich gehe auf einen Geburtstag«, antworte ich kurz angebunden und steige in meine Sneakers. Ich beantworte seine Fragen lieber schnell, bevor er mir weiterhin auf den Sack geht. Maxwell stellt den Fernseher aus, steht auf und kommt mit in seiner Jogginghose auf mich zu.
»Man hat dich zu einem Geburtstag eingeladen? Wozu? Um den Spaßkiller zu spielen?«
»Fick dich, Max.« Ich schnappe mir einen leeren Rucksack, meine Schlüssel und mein Handy. Unten habe ich das ganze Bier stehen, welches schon ziemlich warm sein müsste. Tja, ich habe keine Kühltasche. Chantal, oder wie sie heißen mag, muss sich mit dem zufriedengeben, was sie eben bekommt.
»Ne, mal im Ernst. Wer hat dich eingeladen? Etwa die heiße blonde, die beim Volleyball spitzenmäßig war? Genau wie ihre Brüste.« Schnaubend wende ich mich von Maxwell ab und trotte zur Tür. Er hat sich gegen den Kühlschrank gelehnt, sein Blick ruht auf mir.
Ich weiß genau von wem er spricht. Allerdings habe ihren Namen längst vergessen, ich merke mir keine unwichtigen Dinge. Zuckerpuppe, die meint er. Und ja, auch wenn ich es leugnen wollen würde. Ihre Brüste sahen perfekt aus in dem weißen Bikini. Während dem Volleyballspiel konzentrierte ich mich oftmals auf die zwei falschen Bälle.
»Die rothaarige.«
»Ah, die. Sie ist auch heiß. Vielleicht solltest du mich mitnehmen.« Das Gespräch langweilt mich, trotzdem muss ich mich am Riemen reißen, immerhin wohnte ich bei Maxwell. Und er ist der einzige Mensch, den ich auf irgendeiner Weise als mein Freund bezeichnen würde.
»Die sind alle zu jung für dich. Halt dich lieber weiter an Sarah.« Ich habe mir Pluspunkte verdient, da ich mir ihren Namen merken konnte. Max stemmt sich vom Kühlschrank ab und verschränkt seine Arme vor der Brust. »Stimmt, die könnte ich heute Nacht einladen, wenn du eh weg bist.«
»Tu dir keinen Zwang an. Aber vögelt nicht in meinem Bett.« Ich schaue ihn warnend an, doch er sieht nur lachend darüber hinweg und pflanzt seinen Arsch wieder auf die Couch.
»Viel Spaß mit den Kids. Und wenn Blondchen mit den Brüsten auftaucht, dann gib ihr unsere Adresse. Ich hätte nichts gegen einen spontanen Besuch.«
Ohne etwas darauf zu erwidern, stapfe ich nach draußen und ziehe die Tür mit voller Wucht ins Schloss.
Unten lade ich die ganzen Dosen in meinen Rucksack. Ich fülle so lange nach, bis der Reißverschluss gerade noch so zu geht. Bei meinem Bike angekommen platziere ich den Rucksack auf meinem Rücken, steige auf und befestige den Helm. Ich habe mir meine Haare nicht gemacht, erstens wären sie wegen des Helmes wieder durcheinander gekommen und zweitens interessiert es mich einen scheißdreck, was sie anderen von mir halten. Sie finden mich furchteinflößend, das genügt mir.
Ich trage eine verwaschene, schwarze Jeans und das einzige Hemd, welches sich in meinem Kleiderschrank befindet. Ich trage ungern so enge Stoffe, ich habe das Gefühl in dem Hemd nicht atmen zu können. Nicht, dass ich es verdient hätte. Deswegen knöpfe ich die ersten drei Knöpfe wieder auf, ein großer Teil meiner Brust wird präsentiert. Super, so haben die Mädels eine gute Aussicht und müssen mir nicht in die Augen schauen. Ich kann keinem lange in die Augen schauen, ich bin der erste, der schnell wegschaut. Wenn mir jemand zu lange ins Gesicht sieht, bekomme ich Panik. Dann möchte ich so weit wie möglich weg, weil ich Angst habe, sie könnten so erkennen, wer ich wirklich bin.
Ein gebrochener Junge, der nicht zu retten ist.
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A sweet taste of love
Storie d'amoreEr versucht alle menschlichen Gefühle zu unterdrücken- Sie wird zu seiner Schwachstelle Liebe kann Wunden heilen, oder sie auch verursachen. Um sich selbst zu schützen, hält Savannah sich bei den Jungs zurück. Nicht ohne Grund haben ihre Eltern eine...